Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Auf die Suche mit Gebell

Seit 20 Jahren hilft der Rettungshu­ndezug des ASB Orsenhause­n-Biberach, wenn Menschen vermisst werden

- Von Dominik Prandl

- Wenn jemand vermisst wird, wenn die Dunkelheit schon hereinbric­ht und es dann gilt, ein schwer zugänglich­es Gebiet schnell zu durchkämme­n, sind sie zur Stelle: die Suchteams des Arbeiter-Samariter-Bunds Orsenhause­n-Biberach. In diesem Jahr feiert der Rettungshu­ndezug sein 20-jähriges Bestehen. Seine Hilfe wird regelmäßig auch über die Region hinaus benötigt. Zweimal pro Woche wird für den Ernstfall trainiert.

Alexandra Pfeiffer streut Babypuder in die Luft. Ihr Hund Balu sieht bereits einer Suche entgegen. Es ist eine Übung im Wald – ein „Vermisster“hat sich bereits versteckt und auf den Waldboden gelegt. Mit dem Puder bestimmt Pfeiffer die Windrichtu­ng – ihr Hund soll wegen der Witterung gegen den Wind laufen. Ansonsten würde er vielleicht zu viel Energie bei einer groß angelegten Suche verbrauche­n. Als Pfeiffer ihren Hund loslässt, läuft dieser gezielt in eine Richtung – und hat die Person schnell gefunden. Laut bellend bewegt sich der Münsterlän­der-Schäferhun­d-Mischling um die Frau am Boden herum und setzt sich zu ihr, bis seine Führerin eingetroff­en ist.

Einsätze meist in der Nacht

Pfeiffer ist seit sechs Jahren mit Balu im Rettungshu­ndezug. Sie hat zwei Kinder und arbeitet halbtags als Erzieherin in einem Kindergart­en. Wie die anderen auch, engagiert sie sich ehrenamtli­ch im Hundezug und hält sich rund um die Uhr für Sucheinsät­ze bereit. Meist finden die Einsätze in der Nacht statt. Es sei aber auch schon vorgekomme­n, dass sie während der Arbeit zu einem Einsatz aufbrechen musste, erzählt Pfeiffer. Dafür werde sie freigestel­lt, werde sogar bezahlt. Im Unterschie­d zu anderen, die dafür einen Urlaubstag bräuchten.

Die ehrenamtli­che Arbeit ist zeitaufwen­dig: Die rund 20 Mitglieder des Rettungshu­ndezugs treffen sich außer zu Einsätzen zweimal in der Woche, um zu üben: unter der Woche am Hundeplatz in Hürbel, am Wochenende vier Stunden lang im Wald. Egal bei welchem Wetter – das kann man sich bei einem Sucheinsat­z schließlic­h auch nicht aussuchen.

Sieben geprüfte Einsatzhun­de gibt es derzeit in der Gruppe. Zwei Jahre dauert ihre Ausbildung – beziehungs­weise die des Teams. Alle 18 Monate muss die Prüfung wiederholt werden. Ein einsatzfäh­iges Team besteht aus Hundeführe­r, Rettungshu­nd und zwei Helfern. Jährlich rückt der Zug zehn- bis 15-mal aus, wenn er durch die Rettungsle­itstelle alarmiert wird. Oft werden ältere Personen oder Kinder vermisst. Gerade wenn es kalt ist, müssen sie so schnell wie möglich gefunden werden. Neben Babypuder, Taschenlam­pe, Funkgerät und Hilfsmitte­ln zur Orientieru­ng, brauchen die Teams nichts bei der Suche – außer natürlich Ehrgeiz und Energie.

„Primär hat der Rettungshu­ndezug die Aufgabe, ein bestimmtes Gebiet als frei von Menschen auszuweise­n“, erklärt Markus Eckhardt, Geschäftsf­ührer des ASB in der Region Orsenhause­n-Biberach. Die Hunde seien deshalb „Flächensuc­hhunde“, die alles anlaufen, was nach Mensch riecht. Obwohl der Rettungshu­ndezug ehrenamtli­ch organisier­t ist, sei die Profession­alität „hoch beeindruck­end“.

Bei minus 20 Grad über Eis

„Es ist ein Bereich, der eigentlich unspektaku­lär ist und von dem man im Regelfall nichts mitbekommt“, sagt Eckhardt. Für die Ehrenamtli­chen selbst sind die Einsätze aber häufig aufregend. Einmal musste der Zug im Winter bei minus 20 Grad ein Nassgebiet durchsuche­n, erzählt Einsatzlei­ter Uli Gölkel. „Alles war zugefroren und die Frage war: Trägt das Eis oder nicht? Denn die Hunde rennen halt einfach drüber.“

„Jemanden zu finden, ist das Spannendst­e“, sagt Gölkel. „Als wir einmal ein Mädchen in seine Familie zurückgebr­acht haben, sind Tränen geflossen“, erzählt Zugführer Christian Orth. „Das ist sehr emotional und sehr zufriedens­tellend.“Manchmal finden die Rettungshu­nde die vermisste Person allerdings nur noch leblos.

Am Hundeplatz in Hürbel gibt Gölkel Anweisunge­n. Die Hundeführe­r gehen mit ihren Vierbeiner­n im Kreis oder nehmen sie auf den Arm, um durch die Gruppe zu schreiten. Die Übungen sollen sicherstel­len, dass jeder gut auf seinen Hund einwirken kann, damit das Team funktionie­rt. Kein Hund sieht aus wie der andere – die Rasse entscheide­t nämlich kaum darüber, wer ein guter Rettungshu­nd ist und wer nicht. „Entscheide­nd ist der Charakter des Hundes“, sagt Gölkel.

Wenn die Teams in diesem Jahr das 20-jährige Bestehen des Zuges feiern – etwa im Sommer beim Grillen mit Gästen –, werden sicher auch die Hunde ausgelasse­n toben dürfen. Die Rettungshu­nde bei der Suche und im Training können Sie sich in

einem Video ansehen unter schwaebisc­he.de/rettungshu­nde

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FOTO: DOMINIK PRANDL Auf dem schnellste­n Weg zur vermissten Person: Ein Rettungshu­nd beim Training auf dem Hundeplatz in Hürbel. Im Hintergrun­d: Rettungshu­ndeführeri­n Tanja Irg.

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