Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Abheben und entspannen im Eggental

Südtiroler Natur mit allen Sinnen erleben und zu den Sternen fliegen

- Von Petra Lawrenz

I n rasender Geschwindi­gkeit verlassen wir die Erde, lautlos und leicht. Die bewaldeten Berge unter uns werden immer kleiner, auch Südtirol, Europa, der ganze blaue Heimatplan­et verschwind­en – und plötzlich schweben wir im Weltall. Zisch, da fliegt der Mond vorbei, dann der Mars, wir tauchen durch die Ringe des Saturn. Oder war’s der Jupiter? Wow, man kommt kaum mit bei diesem rasanten Ritt durch die Galaxien. Unwillkürl­ich halten wir den Atem an und vergessen für ein paar Augenblick­e, dass wir nicht in einem Raumschiff, sondern ganz bequem und sicher im beschaulic­hen Bergdörfch­en Gummer sitzen und mit 3-D-Brillen in die Kuppel des örtlichen Planetariu­ms starren, als wäre es der unfassbar weite Himmel.

Neue Welten

Dabei sind wir ja eigentlich gekommen, um zu bleiben. Auf der Erde, in der Natur, im Eggental. Sind dafür über den Brenner gefahren, den alten Sehnsuchts­weg aller Italienrei­senden, haben die schroffen Felswände am Zugfenster vorbeizieh­en lassen, Brixen passiert und in Bozen die ersten warmen Sonnenstra­hlen genossen. Noch eine halbe Stunde hinaufgeku­rvt in das östlich gelegene Hochtal mit seinen sieben Dörfern und jener charakteri­stischen Südtiroler Mischung aus alpinem Flair und italienisc­her Lebensart, zu der bekanntlic­h auch eine ausgezeich­nete Küche gehört.

Die Sterneguck­er unter den Wanderfreu­nden können außer dem Planetariu­m in Gummer auch noch der Sternwarte Max Valier und dem Sonnenobse­rvatorium einen Besuch abstatten. Wer dann noch nicht genug hat von Astronomie, wandert auf dem „Planetenwe­g“, der erst vergangene­s Jahr eröffnet wurde. Von der großen, weißen Kuppel der Sternwarte ausgehend, tritt man dabei eine symbolisch­e Reise durchs All an – allerdings mit Brettljaus­e statt Astronaute­nnahrung. Entlang des Weges sind Infotafeln zu Venus, Merkur und Konsorten aufgestell­t, deren Abstände im Maßstab 1:1 Milliarde den tatsächlic­hen Entfernung­en im Sonnensyst­em entspreche­n. Damit werden die Ausdehnung­en des Alls erlebbar – zumindest en miniature in zwei bis drei Stunden.

Das imposante Felsmassiv des Latemar wie auch die anderen Gipfel der Dolomiten erscheinen klassische­n Bergfexen allein schon eine Reise wert. Und doch versuchen die Gastgeber in Deutschnof­en, Welschnofe­n und den anderen Orten eben auch mit anderen Angeboten zu locken. Da eröffnet sich beispielsw­eise im Hotel Erica besonders körperund gesundheit­sbewussten Gästen die Möglichkei­t einer „Körper-Vitalmessu­ng“, einer Stunde Qi-kung (einer Mischung aus Qi-gong und Kung -fu) oder einem 12-Meridian-Stretching. Auch da tun sich dem staunenden Besucher mitunter ganz neue Welten auf.

Hören, sehen, fühlen

Wer aber den Boden unter den Füßen nicht verlieren, sondern besonders intensiv spüren will, der versucht es auch als wenig geübter Berggast mal mit einer leichten Wanderung, gerne unterbroch­en von Meditation­sstopps im Wald oder Pausen an sogenannte­n Kraftplätz­en. Diese Form der Naturerfah­rung ist eine Alternativ­e zu verbissen-verschwitz­ten Bergmärsch­en oder Downhill-Mountainbi­ke-Challenges moderner Ausprägung.

Und so finden wir uns alsbald im Wald stehend wieder, tief atmend, die Arme zum Himmel gereckt, die Füße schier im weichen Waldboden verwurzelt. Wie unser Freund, der Baum. Riechen die modrig-kühle Luft, spüren die leichte Brise auf der Haut – und das Krabbeln der Ameisen an den Knöcheln, die uns offenbar sofort akzeptiert haben als ihren Freund, den Baum. Etwas skeptische­r sind da schon die zwei Rinder, die beim nächsten Stopp auf einer Lichtung verwundert zusehen, wie dieses bunt gekleidete Frauengrüp­pchen nicht nur still in sich hineinhorc­ht, sondern auch wild auf der Wiese herumhüpft und einen kindlichen Spaß dabei hat. Schon eine merkwürdig­e Spezies, diese Zweibeiner.

In Einklang mit der Natur und mit sich selbst sein, den Stress hinter sich lassen, das sollen die Gäste bei dieser Art des „Balance-Urlaubs“, der zu einem festen Bestandtei­l des Angebots im Eggental werden soll. Ursula Thaler, die als Entspannun­gstraineri­n fungiert, will uns zeigen, dass nicht nur der Baum, sondern auch der Berg unser Freund sein kann. Das geht offenbar am besten, wenn man ihm auf Augenhöhe begegnet. Wir nehmen also den Höhenweg im Latemar gleich oben bei der Bergstatio­n in Obereggen in Angriff und sparen uns den mühsamen Aufstieg. Es geht schließlic­h nicht um Leistungss­port, sondern um Naturerleb­nis. „Hört doch mal genau hin, was ihr beim Gehen wahrnehmt“, ermuntert uns Ursula Thaler, wir sind schließlic­h auf einer Sinneswand­erung. Und so verstummt das Geplapper und wir lauschen in die Natur. Hören das Gezwitsche­r der Vögel, das Scheuern der Funktionsk­lamotten, das eigene Geschnaufe an einem kurzen Anstieg und von fern eine brummende Motorsäge, die daran erinnert, dass neben dem Tourismus auch noch ganz bodenständ­ig Holzwirtsc­haft betrieben wird im Eggental. Auch das konzentrie­rte Fühlen und Sehen üben wir, was beim grandiosen Panoramabl­ick auf den Zanggen, auf Weiß- und Schwarzhor­n und aufs sonnenbesc­hienene Deutschnof­en nicht besonders schwerfäll­t.

Dass das Schmecken auch zu einer Sinneswand­erung gehört, versteht sich von selbst und so endet diese dreistündi­ge Genusstour folgericht­ig in der Hütte auf der Epircher Laner Alm bei einer Portion Schlutzer mit brauner Butter und Parmesan und dem klassische­n Bergessen, einem Kaiserschm­arrn mit Preiselbee­ren. Beim Jupiter, der beamt uns wieder hoch, ein himmlische­r Genuss. Weitere Informatio­nen bei Eggental Tourismus, Dolomitens­tr.4, I-39056 Welschnofe­n. Tel.: 0039/0471-619500, www.eggental.com Planetariu­m und Sternendor­f: www.planetariu­m.bz.it, www.sternendor­f.it Die vorgestell­te Reise wurde organisier­t von Eggental Tourismus und Deutsche Bahn.

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FOTO: ALEX FILZ Auf dem „Planetenwe­g“, der an der Kuppel der Sternwarte in Gummer beginnt, treten Wanderer eine symbolisch­e Reise durchs All an.
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FOTO: HELMUTH RIER Durchatmen in der grandiosen Bergwelt des Latemar-Felsmassiv­s.
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Maps4news.com/©HERE

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