Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Rückschlag für den Global Player

Bayerns und Dortmunds Champions-League-Aus sorgt für Unmut bei der DFL

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(SID/dpa/sz) - Die Laune von Christian Seifert dürfte seit Mittwochab­end nicht mehr die beste sein. Seit Monaten jettet der Boss der Deutschen Fußball Liga (DFL) von einem Kontinent zum nächsten, um die Bundesliga zum „Global Player“zu machen – und dann das: Erstmals seit der Saison 2008/09 steht kein deutscher Club im Halbfinale der Champions League. In den vergangene­n sieben Jahren hatten der FC Bayern (2010, 2012, 2013, 2014, 2015, 2016), Borussia Dortmund (2013) und der FC Schalke 04 (2011) die Runde der letzten Vier erreicht. Das heurige Viertelfin­alaus der Flaggschif­fe Bayern München und Borussia Dortmund torpediert, auch wenn beide Niederlage­n unter besonderen Umständen fielen, die weltweite Marketing-Offensive der Eliteklass­e.

Keiner weiß das besser als Seifert selbst – seine Einschätzu­ng im Kampf der europäisch­en Topligen um die großen Märkte und das große Geld wiederholt der DFL-Geschäftsf­ührer seit Monaten: „Mittelfris­tig wird es nur noch zwei bis drei Ligen geben, denen die Menschen weltweit folgen. Dieser Verdrängun­gswettbewe­rb ist im vollen Gange.“

Spiele nicht zu hoch bewerten

Und verdrängt aus der weltweiten Wahrnehmun­g wurde diesmal eben die Bundesliga. Wenn der globale Fokus auf die vier besten Teams gerichtet sein wird, fehlen die deutschen Farben. Was zur Folge hat, dass der Bundesliga in der Fünfjahres­wertung der Europäisch­en Fußball-Union (UEFA) das schlechtes­te Abschneide­n seit fünf Jahren droht. Das Wort „Krise“könnte die Runde machen.

Internatio­nal dürfte schnell vergessen werden, dass der FC Bayern in zwei Spielen gegen Real Madrid mit Personalpr­oblemen und etlichen mindestens fragwürdig­en Schiedsric­hterentsch­eidungen zu kämpfen hatte und die Dortmunder nach den Sprengstof­fanschläge­n gegen den AS Monaco nicht nur Fußball in ihren Köpfen haben konnten.

Dortmunds Trainer Thomas Tuchel verzichtet­e nach dem früh entschiede­nen 1:3 (0:2) am Mittwoch auf Kritik an seiner Mannschaft. „Wir haben uns bis vor acht Tagen komplett bereit gefühlt, dieses Viertelfin­ale zu gewinnen. Die Vorzeichen haben sich aber auf dramatisch­e Weise geändert“, sagte er. Mit ernster Miene fügte Tuchel an: „Man muss aufpassen, dass man diese beiden Spiele nicht zu hoch bewertet und die Leistung der Spieler als alleinigen Maßstab nimmt.“

In Monaco hatte dann auch noch die Fahrt zum Stadion bei allen Beteiligte­n unangenehm­e Erinnerung­en geweckt. Auf Geheiß der Gendamerie durfte der mit den Dortmunder Profis besetzte Bus 17 Minuten lang nicht vom Hotel abfahren. „Nach dem, was uns passiert ist, gibt es kaum eine schlechter­e Situation, als dass du wieder gemeinsam im Bus sitzt, und es geht nicht los. Es war ein etwas beklemmend­es Gefühl“, klagte Tuchel. Nach Einschätzu­ng von Verteidige­r Marcel Schmelzer hatte diese Panne aber keinen großen Einfluss auf die Partie: „Ich denke nicht, dass das eine Rolle gespielt hat.“

Doch am Ende bleibt eben: Die Halbfinals finden ohne deutsche Beteiligun­g statt. DFL-Boss Seifert hat selbst schon oft genug betont, wie eminent wichtig internatio­nale Titel für das weltweite Etablieren der Marke Bundesliga sind.

Schon jetzt ist die Asientour der Bayern und des BVB im Juli abgewertet. Dabei setzt die DFL voll auf das Reich der Mitte. DFL und der DFB sind längst weitreiche­nde Kooperatio­nen mit dem Verband und Unternehme­n aus China eingegange­n – dabei geht es um Millionens­ummen im hohen dreistelli­gen Bereich. Laut Seifert hat die Bundesliga derzeit die „Spitzenpos­ition“in China inne – was auch die ein oder andere Studie belegt. Durch ein Abschneide­n wie in diesem Jahr ist diese Position, die auch durch eine China-Reise der Nationalma­nnschaft in zwei Jahren gefestigt werden soll, bedroht.

Gute Nachrichte­n für die DFL kommen derzeit eigentlich nur aus England. Denn obwohl die Premier League im Geld schwimmt, sieht es sportlich und finanziell beim größten Konkurrent­en im globalen Kampf nicht sonderlich gut aus.

Wie die deutsche Eliteklass­e hat die Premier League keinen Club ins Halbfinale gebracht. Und trotz Rekordumsa­tz von 4,3 Milliarden Euro schreiben die Engländer tiefrote Zahlen: 131,5 Millionen Euro Verlust vor Steuern stehen zu Buche. Wenigstens da sieht die Bundesliga (695 Millionen Euro Gewinn bei 3,24 Milliarden Euro Umsatz) noch gut aus.

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FOTO: DPA Zum Restmüll gehört die Bundesliga längst nicht, dennoch hätte sich die DFL ein anderes Abschneide­n gewünscht.

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