Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Gewalt in Deutschland hat zugenommen
De Maizière sieht in der Kriminalstatistik von 2016 viel Licht, aber auch viel Schatten
- „Viel Licht und viel Schatten“zeige die Polizeiliche Kriminalstatistik 2016, erklärte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Montag bei der Vorstellung der Zahlen. Demnach gibt es einen Rückgang bei Wohnungseinbrüchen, Ladendiebstählen und Betrugsdelikten, dafür aber eine deutliche Zunahme von Gewalt. Die wichtigsten Fragen zur neuen Statistik beantwortet Rasmus Buchsteiner.
Wie hat sich die Kriminalität in Deutschland entwickelt?
Im vergangenen Jahr sind 6,37 Millionen Straftaten registriert worden – 0,7 Prozent mehr als 2015. Rechnet man Verstöße gegen das Ausländerrecht wie die unerlaubte Einreise heraus, waren es 5,92 Millionen Delikte – ein Rückgang von 0,7 Prozent. Die Aufklärungsquote lag bei 54 Prozent.
Wie unterscheidet sich die Kriminalität nach Bundesländern?
Berlin ist Deutschlands Kriminalitätshauptstadt – mit 15 700 Straftaten pro 100 000 Einwohner, in Bayern sind es 4785, in Mecklenburg-Vorpommern 7165, in Niedersachsen 6961, in Nordrhein-Westfalen 8 097. In Baden-Württemberg wurden 5390 Straftaten registriert, weniger als im Vorjahr (5538). Es ist somit das zweitsicherste Bundesland nach Bayern.
Wie kriminell sind Flüchtlinge?
Die Zahl der tatverdächtigen Zuwanderer, worunter in der Statistik Flüchtlinge und Asylbewerber gezählt werden, ist im vergangenen Jahr auf 174 438 gestiegen – um 52,7 Prozent im Vergleich mit 2015. „Da gibt es nichts zu beschönigen“, erklärte de Maizière. Bei Taschendiebstahl ist jeder Dritte der rund zwei Millionen Tatverdächtigen ein Zuwanderer. Bei Wohnungseinbrüchen beträgt der Anteil 11,3 Prozent, bei gefährlicher Körperverletzung sowie Vergewaltigung und sexueller Nötigung sind es jeweils 14,9 Prozent. Zum Vergleich: Der Anteil der Flüchtlinge und Asylbewerber an der Bevölkerung beträgt zwei Prozent. Laut dem Bundesinnenminister sind wirklich schutzbedürftige Flüchtlinge wie Syrer nicht das Problem. Sorgen bereiten vor allem jugendliche Intensivtäter mit nordafrikanischen Wurzeln.
Welche Trends gibt es bei Gewaltdelikten?
„Besorgniserregend ist die Verrohung unserer Gesellschaft und deren Folgen“, stellte Thomas de Maizière fest. Die Gewaltkriminalität sei – abgesehen von Raub – gestiegen. So hat es im vergangenen Jahr 2418 Fälle von Mord und Totschlag gegeben – ein Plus von 14,3 Prozent. Die Statistik weist zudem 7919 Fälle von Vergewaltigung und sexueller Nötigung aus – 12,8 Prozent mehr als im Vorjahr. Auch die Körperverletzung nahm zu, und zwar um 8,1 Prozent auf 406 038 Delikte. Zudem wurden Polizeibeamte in knapp einer Million Fällen Opfer von Straftaten.
Wird seltener eingebrochen?
Ja. Im vergangenen Jahr ist 151 265 Mal in Wohnungen eingebrochen worden, darunter 63 176 Fälle von Einbrüchen am Tag. Das entspricht einem Rückgang um 9,5 Prozent. Allerdings: 2015 hatte es so so viele Einbrüche gegeben wie seit den Neunzigerjahren nicht mehr. Im vergangenen Jahr lag die Zahl dann wieder auf dem Niveau von 2014. Nur knapp 17 Prozent aller Einbrüche werden aufgeklärt. Innenminister de Maizière führt die Entwicklungen auf intensive Anstrengungen in den Bundesländern zurück, um Einbrechern das Handwerk zu legen. Nach den Plänen der Großen Koalition soll auch einfacher Wohnungseinbruchdiebstahl künftig mit mindestens einem Jahr Haft bestraft werden. Ein Förderprogramm für besseren Schutz von Wohnungen und Häusern wird fortgesetzt.
Was ist mit der politisch motivierten Kriminalität?
Sie nahm im vergangenen Jahr um 6,6 Prozent auf 41 549 Fälle zu. Der Anstieg geht vor allem zurück auf die sogenannte politische Ausländerkriminalität, die um 66,5 Prozent zunahm. Darunter fallen unter anderem Straftaten durch Mitglieder der Terrormiliz IS oder der kurdischen PKK in Deutschland. Die Hasskriminalität, worunter zum Beispiel Hetze im Internet gehört, erreichte mit 10 751 Fällen im Jahr 2016 einen neuen Höchststand. Die Zahl der Angriffe auf Asylbewerberheime sank im vergangenen Jahr um 4,5 Prozent. 169 Fälle wurden registriert. Doch halte der Rückgang mit der Verringerung der Flüchtlingsunterkünfte in Deutschland nicht Schritt, erklärte de Maizière. Für das laufende Jahr erwartet der CDU-Politiker eine weitere Zunahme der politisch motivierten Kriminalität – etwa in Zusammenhang mit dem bevorstehenden G20-Gipfel im Juli in Hamburg.