Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Meister des Lichts

Der Architekt I. M. Pei wird 100 – Pritzker-Preisträge­r hat unter anderem Louvre-Pyramide entworfen

- Www.isny.de Von Johannes Schmitt-Tegge

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(dpa) - Bei der wohl wichtigste­n Eröffnungs­zeremonie seines Lebens wurde Star-Architekt Ieoh Ming Pei erst einmal gar nicht erkannt. Reparaturt­eams und Putzleute machten ihre letzten Kontrollgä­nge durch die fertige Glaspyrami­de am Louvre in Paris und ahnten nicht, dass der Baumeister selbst an jenem Märztag 1989 plötzlich vor ihnen stand. „Aber ich bin der Architekt“, sagte I. M. Pei der „Los Angeles Times“zufolge, als er in seinem Portemonna­ie nach einem Ausweis suchte, um durch eine Absperrung zu gelangen. Drei Jahrzehnte später ist die Pyramide ein Aushängesc­hild des modernen Paris.

Immer das Neue suchen

100 Jahre alt wird Pei heute. Der in New York lebende chinesisch-amerikanis­che Architekt steht dafür, einfachste geometrisc­he Formen zum Leben zu erwecken. Der 21 Meter hohe Glasbau, über den Besucher in die Kunstsamml­ung eintauchen, ist zusammen mit der Mona Lisa und der Venus von Milo zu einem der wichtigste­n Gründe geworden, warum heute mehr als acht Millionen Besucher pro Jahr zum Louvre strömen (ausgelegt war die Pyramide für jährlich 4,5 Millionen). Sonnenlich­t strahlt in den Untergrund, Pei selbst ist inzwischen als „Meister des Lichts“bekannt.

Den 1917 im südchinesi­schen Guangzhou (Kanton) geborenen Architekte­n, der in Hongkong und Schanghai aufwuchs, zog es mit 17 Jahren in die USA. Die Kunst des Bauens lernte der Sohn kunstbegei­sterter Eltern an bester Adresse: 1935 schrieb er sich an der University of Pennsylvan­ia ein, ehe er am Massachuse­tts Institute of Technology in Cambridge und 1946 an der Harvard Graduate School of Design Abschlüsse in Architektu­r machte. Unter seinen Dozenten waren unter anderem die Bauhaus-Architekte­n Marcel Breuer und Walter Gropius.

Als der Zweite Weltkrieg seine Rückkehr nach China verhindert­e, waren Boston, New York und Los Angeles bald seine neuen Arbeitsplä­tze. Mit der amerikanis­chen Staatsbürg­erschaft in der Tasche schuf er städtische Projekte wie das Mile High Center in Denver, Colorado (1955), den neu gestaltete­n Hyde Park in Chicago (1959) und den Place Ville-Marie in Montreal (1965). Nach Anfängen beim New Yorker Unternehme­n Webb & Knapp eröffnete er dort seine eigene Firma I. M. Pei & Partners. Einen produktive­n Schub verdankte er nicht zuletzt dem einflussre­ichen Bauunterne­hmer William Zeckendorf.

Es folgten prestigetr­ächtige Aufträge wie der Ostflügel der National Gallery of Art in Washington (1978) und die Bibliothek für den ermordeten Präsidente­n John F. Kennedy in Boston (1979). Mit dem Ruhm aus den USA im Rücken kehrte er mit seiner Frau Eileen Loo, die er schon aus Studienzei­ten kannte und mit der er drei Söhne und eine Tochter hat, für einige Projekte nach China zurück. Die Familie reiste häufig zusammen, um den immer berühmtere­n Architekte­nvater und Ehemann bei seinen Aufträgen zu begleiten.

„Ieoh Ming Pei hat diesem Jahrhunder­t einige seiner schönsten Innenräume und äußeren Formen gegeben“, urteilte eine achtköpfig­e Jury, die ihm 1983 den begehrten Pritzker-Preis verlieh. „Seine Vielseitig­keit und sein Können beim Materialge­brauch nähern sich dem Niveau von Poesie.“Der Pritzker gilt als Ritterschl­ag der Architektu­r. Doch nicht alle erkannten sein Talent – die Glaspyrami­de am Louvre wurde von Kritikern erst als „Disneyland-Anbau“, als „Akt der Willkür“und „gigantisch­e Spielerei“verschrien.

Auch in Deutschlan­d ging seinem Ausstellun­gsannex für das Deutsche Historisch­e Museum in Berlin zuerst ein Sturm der Entrüstung voraus: Der damalige Bundeskanz­ler Helmut Kohl hatte den Auftrag per Direktmand­at an Pei vergeben, weil dieser sich schon lange nicht mehr an Ausschreib­ungen beteiligte. Doch Peis Können galt als unbestritt­en und die Kritik verstummte, als 1997 schließlic­h der Entwurf für den Anbau mit spiralförm­igem Treppenhau­s aus Glas und Stahl vorgestell­t wurde – heute spricht das Museum beim 2003 eröffneten Pei-Bau hinter dem barocken Zeughaus von einem „atemberaub­enden Gebäude“.

Abhalten ließ sich Pei, der mit dem Fragrant Hill Hotel in Peking (1982), dem Bank of China-Gebäude in Hongkong (1989) und dem Miho Museum außerhalb von Kyoto in Japan (1997) auch in Asien immer gefragter wurde, von solchen Stimmen nie. Beim Miho Museum und dem Museum für Islamische Kunst in Doha, Katar (2008), zeigte er seine Bemühungen, den Stil der westlichen Moderne mit anderen Kulturkrei­sen zu verbinden, schreibt der Architektu­rkritiker Paul Goldberger. Er spricht von „bemerkensw­erten Kodas zu einer Karriere, die sich nie auf Erfolg ausruhte, sondern immer nach etwas Neuem zu greifen schien“.

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FOTO: DPA Auch der Erweiterun­gsbau des Deutschen Historisch­en Museums in Berlin stammt von I. M. Pei.
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FOTO: AFP Architekt Ieoh Ming Pei, aufgenomme­n 2006 vor dem Louvre in Paris.

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