Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Zur Person Europäerin
Spektakulär ist 51, aus dem Schatten ihres 18 Monate älteren Bruders, dem Brexit-Wahlkämpfer Boris, getreten. Sie verließ die Konservativen und schloss sich den Liberaldemokraten an. Sie will den harten Brexit bekämpfen, den die Regierung von Premierministerin Theresa May Großbritannien verordnet hat. Zu dieser Regierung gehört nicht nur Boris als Außenminister, sondern auch der jüngste Bruder Joseph, 45, Staatssekretär mit Zuständigkeit für Universitäten.
Bis auf Boris und dessen stramm EU-feindliche Frau Marina Wheeler unterstützten die vier Johnson-Geschwister den Verbleib des Landes in der EU. Sie habe sich „hingesetzt und geweint“, berichtete Rachel am Morgen nach dem verloren gegangenen Referendum.
Im Lauf der vergangenen Monate hat sich die Meinung der bisher stets treu Konservative wählenden Journalistin nicht geändert, im Gegenteil. Nach einer der vielen chaotischen Parlamentsanhörungen, in denen die Regierung wieder einmal zugeben musste, dass sie die Post-Brexit-Zukunft nicht durchdacht hatte, schrieb Johnson in der „Mail on Sunday“: „Das war eine schmerzhafte Erinnerung daran, dass Politiker niemals der Öffentlichkeit eine Frage stellen sollten, auf die sie keine Antwort wissen.“Kaum jemand bezweifelte, dass dies dem älteren Bruder galt.
Das Mini-Psychodrama zwischen dem Außenminister und der talentierten Schwester kommt den Liberaldemokraten zupass: Die vor zwei Jahren brutal dezimierte Partei sucht in aussichtsreichen Wahlkreisen im Westen Englands, wo Johnson mit ihrem adeligen Mann und den drei Kindern nahe Exeter lebt, nach geeigneten Kandidatinnen. Im Weg steht Johnson nun noch die innerparteiliche Regel, die Parlamentskandidaturen erst nach sechsmonatiger Zugehörigkeit zu den Lib-Dems erlaubt. Sebastian Borger