Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Dieseldebatte lässt Autoindustrie bangen
Viele Dieselfahrer würden beim nächsten Mal lieber einen Benziner kaufen
(dpa) Der schlechte Ruf der Dieselmotoren hat Auswirkungen auf das Kaufverhalten. Nur noch zwei von fünf Dieselfahrern planen angesichts der hohen Feinstaubbelastung durch Dieselmotoren und drohender Fahrverbote beim nächsten Autokauf die erneute Anschaffung eines Diesels. Das geht aus einer Forsa-Umfrage im Auftrag der Targobank hervor. Wegen der wachsenden Kritik am Dieselmotor fürchtet die Autoindustrie um Milliardeninvestitionen und Arbeitsplätze.
Die Branche erklärt, die Technologie sei für den Umweltschutz weiter wichtig. VW, Daimler und BMW betonen den geringen Kraftstoffverbrauch und den geringen CO2-Ausstoß von Dieselmotoren. „Der saubere Diesel hat noch eine lange Zukunft vor sich“, sagte der BMW-Vorstandsvorsitzende Harald Krüger der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Der Chef der VW-Tochter Seat, Luca de Meo, sagte dem „Focus“: „Wenn wir die CO2-Emissionen verringern wollen, werden wir kurz und mittelfristig kaum an Dieselmotoren vorbeikommen.“VW-Sprecher Nicolai Laude sagte, mit der neuen Abgastechnik sei auch „die Stickoxidfrage bei Neufahrzeugen gelöst“. Der Chef des Branchenverbands VDA, Matthias Wissmann betonte, Hersteller und Zulieferer arbeiteten „mit Hochdruck an der weiteren Verbesserung der Dieseltechnologie“.
2030 nur noch ein Drittel Diesel
Nach einer Studie der Unternehmensberatung Roland Berger dürfte der Dieselanteil bei Mittel- und Oberklasseautos in Europa bis 2030 auf ein Drittel, bei Kleinwagen gegen Null sinken. Heute ist jeder zweite Neuwagen in Europa ein Diesel. Die großen Autobauer investieren nach wie vor Milliarden in die Technologie. Heutige Dieselautos überschreiten laut Umweltbundesamt den EU-Grenzwert auf der Straße um ein Vielfaches. Die Verkehrsminister der Bundesländer fordern rasch Gegenmaßnahmen.
Politiker und Branchenvertreter kritisierten die Pläne. „Es kann nicht sein, dass Pendler und Handwerker für die Versäumnisse der Autoindustrie bestraft werden“, sagte NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. VDA-Chef Wissmann forderte die Verantwortlichen in Baden-Württemberg auf, sich zu erinnern, „auf welcher industrieller Basis Wohlstand und Beschäftigung fußen“. In dem Bundesland sind unter anderem die Autobauer Daimler und Porsche sowie zahlreiche Zulieferer ansässig.
Zahlreiche Arbeitsplätze hängen am Diesel – bei Bosch sind es 50 000. Fast jeder dritte Dieselfahrer kündigte bei der Forsa-Befragung an, er werde nächstes Mal voraussichtlich einen Benziner kaufen. Reine Elektroautos werden dagegen bislang kaum als Alternative in Betracht gezogen – nicht zuletzt wegen der geringen Reichweite und der hohen Kosten.
Doch die Industrie setzt zunehmend auch auf die E-Autos. „Allein in diesem Jahr wollen wir 100 000 elektrifizierte Autos auf die Straße bringen“, sagte BMW-Chef Krüger. Trotz der staatlichen Kaufprämie für E-Autos bleiben die Fahrzeuge in Deutschland