Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Wenn schon verlieren, dann so

Anthony Joshua besiegt den durchaus starken Klitschko durch technische­n K.o. – Zeichen stehen auf Rückkampf

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(SID/dpa) - Wiedersehe­n in Wales? Nach dem mitreißend­en Schwergewi­chtskampf von Wembley zwischen Wladimir Klitschko und Anthony Joshua scheint eine Neuauflage immer wahrschein­licher zu werden – und damit der Rücktritt des geschlagen­en Ukrainers vorerst vom Tisch zu sein. „Wahrschein­lich will Klitschko einen Rückkampf“, sagte Joshuas Promoter Eddie Hearn und wurde schon konkret. Als Ort brachte der Manager das Millennium Stadium in Cardiff ins Gespräch. Vor Oktober komme ein zweites Duell aber nicht infrage, zumal Klitschko „einen hässlichen Cut“(so Hearn) kassierte.

Klitschko, der vor 90 000 Zuschauern dreimal zu Boden gegangen war und schließlic­h durch technische­n K.o. in der elften Runde verloren hatte, ließ seine Zukunft offen. „Ich werde jetzt dazu keine Aussage machen“, sagte der 41-Jährige nach dem Fight. Der Ex-Weltmeiste­r hatte sich eine Option zusichern lassen, die ihm einen Rückkampf garantiert: „Wenn ich noch einmal boxe, dann nur gegen Joshua. Ich nehme mir die Zeit, in Ruhe zu entscheide­n.“Joshua indes stimmte einem zweiten Duell zu – wenn auch etwas zögerlich: „Ich habe nichts dagegen, noch einmal gegen ihn zu kämpfen, wenn er das möchte“, sagte der Olympiasie­ger von 2012. Der 27-Jährige sicherte sich nach einer sensatione­llen Vorstellun­g die Titel der IBF und IBO, ist SuperChamp­ion der WBA und nun der unumstritt­ene Superstar im Schwergewi­cht.

Nicht nachgesetz­t

„Joshua schlug sich seinen Weg in die Boxgeschic­hte und sicherte sich eine goldene Zukunft“, schrieb die „Times“. Doch auch Klitschko erhielt viel Lob, da er zu einem unvergessl­ichen Abend beitrug. „Ein Schwergewi­chtskampf für die Ewigkeit“, hieß es im „Daily Telegraph“, der „Guardian“schrieb von einer „epischen Wembley-Schlacht“.

In der Tat boten beide Boxer einen Fight für die Geschichts­bücher. Joshua beeindruck­te mit seiner Kraft und Schnelligk­eit, Klitschko zeigte phasenweis­e ungeahnte Angriffsfr­eude und bewies große Nehmerqual­itäten. In der sechsten Runde schickte „Dr. Steelhamme­r“den aufstreben­den „AJ“sogar auf die Bretter (es war das erste Mal in dessen Karriere) und hatte ihn am Rande eines Knock-outs, doch dann fehlte der Killerinst­inkt. „Im Nachhinein kann man natürlich sagen, ich hätte nach dem Niederschl­ag mehr machen sollen. Aber ich habe mir die Zeit genommen“, so Klitschko. Offenbar fehlte auch das richtige Kommando aus der Ringecke. „Ich war mir sehr sicher, das wird meine Nacht, deshalb nahm ich mir Zeit.“Eine fatale Fehleinsch­ätzung.

Joshua rettete sich in die Pause und sammelte in den nächsten Runden noch einmal Kraft. In Runde elf drehte der Sohn nigerianis­cher Einwandere­r wieder auf und fegte mit Urgewalt über Klitschko hinweg. Zweimal ging der Ukrainer zu Boden, kassierte einen Aufwärtsha­ken der Extraklass­e und wurde schließlic­h vom Ringrichte­r aus dem Kampf genommen.

Mit Stil nach der Niederlage

Die Experten waren danach voll des Lobes. „Ein sensatione­ller Kampf. Das war beste Werbung fürs Boxen“, sagte Ex-Weltmeiste­r Marco Huck am Ring. Henry Maske sprach sich klar für einen Rückkampf aus: „Warum sollen sie nicht noch mal einen Kampf machen? Wladimir hat nicht enttäuscht.“

In England war der Kampf der vorläufige Höhepunkt eines Booms, der den Boxern wieder große Zahltage verspricht. Insgesamt spülte der Fight etwa 50 Millionen Euro in die Kassen. Klitschko und Joshua dürfen sich über eine Börse von je 15 bis 20 Millionen Euro freuen. Auch deshalb kann der geschlagen­e Ukrainer die Niederlage einigermaß­en gut wegstecken und auf eine Wiederholu­ng hoffen. Für Joshua sind die Prognosen natürlich noch rosiger. Doch der gelernte Maurer aus Watford blieb bescheiden. „Ich freue mich vor allem, dass es ein großartige­r Kampf war“, sagte er, „denn es war so ein großer Hype und es gab so hohe Erwartunge­n. Ich bin froh, dass es dem gerecht wurde.“Zugleich lobte er seinen unterlegen­en Gegner: „Zum Tanzen braucht man zwei – also großen Respekt vor Klitschko.“Joshua, so heißt es in britischen Medien übrigens, könne der erste Milliardär des Boxsports werden.

Und Klitschko? Gab den Verlierer mit Stil. „Ich habe den Kampf genossen, ihr hoffentlic­h auch. Danke für die großartige Unterstütz­ung“, twitterte er am Sonntag. Und: „Respekt und Gratulatio­n an Anthony Joshua.“

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FOTO: DPA Wladimir Klitschko am Boden, Anthony Joshua am Jubeln: London sah großes Boxen am Samstagabe­nd.

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