Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Unterkühlte Diplomatie im warmen Sotschi
Merkel und Putin gehen wenig aufeinander zu - Ergebnislose Gespräche über Ukraine-Krise und Syrienkrieg
(dpa) - Es gab schon bessere Zeiten in der Beziehung der Kanzlerin zum russischen Präsidenten. Jedenfalls wirkt der Auftritt von Angela Merkel und Wladimir Putin am Dienstag in dessen Residenz in Sotschi am Schwarzen Meer trotz milder Außentemperaturen von 22 Grad deutlich unterkühlt.
Merkel verzieht keine Miene, bleibt hart in ihren Antworten, die Trennendes von Putin zementieren. Der Kremlchef gibt sich dagegen erheitert, wenn es um Vorwürfe geht, Moskau habe sich in den US-Wahlkampf eingemischt oder die Ukraine gespalten: alles falsch. Sagt er.
Befürchtet Merkel, dass Russland durch sogenannte Meinungsroboter in den Bundestagswahlkampf eingreift? Sie wisse, dass die „hybride Kriegsführung“in der russischen Militärdoktrin eine Rolle spiele, sagt die Kanzlerin. Ein Teil davon ist Cyberkriminalität. Putin kontert, Russland mische sich nie in die Angelegenheiten anderer Länder ein. Der Kremlchef versichert, Moskau unterdrücke weder die Opposition noch Homosexuelle. Die russischen Strafverfolgungsbehörden seien weicher als anderswo. Sie hätten Tränengas nicht nötig. Bei Demonstrationen der Opposition gab es allerdings zuletzt in Russland Hunderte Festnahmen.
Zur Ukraine: Ob man dem Friedensabkommen nicht besser Ade sagt, weil es ohnehin keinen Waffenstillstand gibt. Merkel sagt: „Es fehlt an der Umsetzung, nicht an Abkommen.“Putin sagt, Kiew sei an allem Schuld. Aus westlicher Sicht verhindern prorussische Separatisten in der Ostukraine, dass sich das Land stabilisiert. Merkel macht sich keine Illusionen. Ihr vierstündiges Gespräch mit Putin wird kaum zu Frieden in der Ukraine führen. Und auch gegen den syrischen Bürgerkrieg kann Deutschland wenig ausrichten.
Auf Merkels Vorstoß, in Syrien Sicherheitszonen einzurichten, geht Russlands Präsident nicht ein. Eine Lösung für das Land gibt es wohl nur, wenn sich Putin – der den Machthaber Baschar al-Assad unterstützt – und US-Präsident Donald Trump aufeinander zubewegen. Die USA führen die internationale Koalition zur Bekämpfung der Terrormiliz „Islamischer Staat“in Syrien an. Putin und Trump wollten nach Merkels Besuch immerhin miteinander telefonieren.
Putin sagt, nicht er, sondern das syrische Volk habe den größten Einfluss auf Assad. Aber: „Ohne Beteiligung der USA ist eine effiziente Lösung nicht möglich.“Ohne Russland auch nicht, heißt es immer wieder.
Zum Schluss fragt ein russischer Journalist, ob die Beziehungen beider Länder noch eine Zukunft hätten oder ob es nur noch Krisenmanagement gebe. Merkel sagt, trotz aller Meinungsverschiedenheiten müssten Deutschland und Russland im Gespräch bleiben. „Bei jedem Gespräch lernt man natürlich auch etwas.“So war auch ihr Besuch in Sotschi lehrreich. Das Treffen könnte auf eine Fortsetzung der Eiszeit hindeuten.