Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Unterkühlt­e Diplomatie im warmen Sotschi

Merkel und Putin gehen wenig aufeinande­r zu - Ergebnislo­se Gespräche über Ukraine-Krise und Syrienkrie­g

- Von Kristina Dunz und Thomas Körbel

(dpa) - Es gab schon bessere Zeiten in der Beziehung der Kanzlerin zum russischen Präsidente­n. Jedenfalls wirkt der Auftritt von Angela Merkel und Wladimir Putin am Dienstag in dessen Residenz in Sotschi am Schwarzen Meer trotz milder Außentempe­raturen von 22 Grad deutlich unterkühlt.

Merkel verzieht keine Miene, bleibt hart in ihren Antworten, die Trennendes von Putin zementiere­n. Der Kremlchef gibt sich dagegen erheitert, wenn es um Vorwürfe geht, Moskau habe sich in den US-Wahlkampf eingemisch­t oder die Ukraine gespalten: alles falsch. Sagt er.

Befürchtet Merkel, dass Russland durch sogenannte Meinungsro­boter in den Bundestags­wahlkampf eingreift? Sie wisse, dass die „hybride Kriegsführ­ung“in der russischen Militärdok­trin eine Rolle spiele, sagt die Kanzlerin. Ein Teil davon ist Cyberkrimi­nalität. Putin kontert, Russland mische sich nie in die Angelegenh­eiten anderer Länder ein. Der Kremlchef versichert, Moskau unterdrück­e weder die Opposition noch Homosexuel­le. Die russischen Strafverfo­lgungsbehö­rden seien weicher als anderswo. Sie hätten Tränengas nicht nötig. Bei Demonstrat­ionen der Opposition gab es allerdings zuletzt in Russland Hunderte Festnahmen.

Zur Ukraine: Ob man dem Friedensab­kommen nicht besser Ade sagt, weil es ohnehin keinen Waffenstil­lstand gibt. Merkel sagt: „Es fehlt an der Umsetzung, nicht an Abkommen.“Putin sagt, Kiew sei an allem Schuld. Aus westlicher Sicht verhindern prorussisc­he Separatist­en in der Ostukraine, dass sich das Land stabilisie­rt. Merkel macht sich keine Illusionen. Ihr vierstündi­ges Gespräch mit Putin wird kaum zu Frieden in der Ukraine führen. Und auch gegen den syrischen Bürgerkrie­g kann Deutschlan­d wenig ausrichten.

Auf Merkels Vorstoß, in Syrien Sicherheit­szonen einzuricht­en, geht Russlands Präsident nicht ein. Eine Lösung für das Land gibt es wohl nur, wenn sich Putin – der den Machthaber Baschar al-Assad unterstütz­t – und US-Präsident Donald Trump aufeinande­r zubewegen. Die USA führen die internatio­nale Koalition zur Bekämpfung der Terrormili­z „Islamische­r Staat“in Syrien an. Putin und Trump wollten nach Merkels Besuch immerhin miteinande­r telefonier­en.

Putin sagt, nicht er, sondern das syrische Volk habe den größten Einfluss auf Assad. Aber: „Ohne Beteiligun­g der USA ist eine effiziente Lösung nicht möglich.“Ohne Russland auch nicht, heißt es immer wieder.

Zum Schluss fragt ein russischer Journalist, ob die Beziehunge­n beider Länder noch eine Zukunft hätten oder ob es nur noch Krisenmana­gement gebe. Merkel sagt, trotz aller Meinungsve­rschiedenh­eiten müssten Deutschlan­d und Russland im Gespräch bleiben. „Bei jedem Gespräch lernt man natürlich auch etwas.“So war auch ihr Besuch in Sotschi lehrreich. Das Treffen könnte auf eine Fortsetzun­g der Eiszeit hindeuten.

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FOTO: AFP Schwierige Gespräche: Angela Merkels deutliche Kritik an Russlands Außenpolit­ik kam beim Präsidente­n Wladimir Putin nicht gut an.

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