Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

„Ministerin von der Leyen muss sich entschuldi­gen“

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Empörung und Unverständ­nis hat in Berlin der Brief der Bundesvert­eidigungsm­inisterin Ursula von der Leyen (CDU) an die Truppe ausgelöst. Sabine Lennartz befragte dazu den Verteidigu­ngsexperte­n der SPD-Fraktion, Rainer Arnold (Foto: dpa).

Herr Arnold, Frau von der Leyen kritisiert bei der Bundeswehr Haltungspr­obleme und falsch verstanden Korpsgeist. Wenn man Vorgänge wie in Pfullendor­f anschaut, hat sie dann nicht Recht?

Nein. Dies gibt es im Einzelfall, wobei jeder Einzelfall einer zu viel ist. Aber die Ministerin hat die Bundeswehr pauschalie­rend in Generalver­dacht gebracht: „Die Bundeswehr hat ein Haltungspr­oblem.“Das macht ein verantwort­ungsvoller Vorgesetzt­er generell nicht. Ich finde, sie sollte sich dafür entschuldi­gen.

Was kann man gegen den Geist des Schweigens tun, den sie anspricht?

Dieser Geist des Schweigens hat mit Angst zu tun. Wenn Soldaten negative Dinge melden, kann für sie die Situation schwierig werden. Da ist ein klares Signal der Inneren Führung wichtig: Der gute Soldat ist der, der Missstände meldet, wenn er sie selbst nicht abstellen kann. Diese Botschaft ist nicht bei allen richtig angekommen. Das hat auch damit zu tun, dass die Ministerin in den letzten dreieinhal­b Jahre das Zentrum für Innere Führung eher links liegen ließ.

Trägt Frau von der Leyen deshalb eine Mitverantw­ortung?

Wer dreieinhal­b Jahre Minister ist, trägt für die schlechte Aufarbeitu­ng eine Verantwort­ung. Die zweite Ursache ist, dass ihr Vorgänger de Maizière die gesamte Personalfü­hrung in nachgelage­rte Dienststel­len ausgelager­t hat. Von der Leyen hat hier nicht gehandelt. Dabei müsste sie eine Struktur aufbauen, in der Kommunikat­ionswege unmittelba­r zu politisch Verantwort­lichen in die Ministerie­n führen. Sie muss klarmachen, dass rechtsradi­kale Vorgänge nicht bürokratis­ch routiniert abgearbeit­et werden, sondern sofort Alarmglock­en zum Läuten bringen.

Was erwarten Sie von der Ministerin?

Dass sie sich entschuldi­gt. Dass sie ihren Ermittler Herrn Pfeiffer aus dem Verkehr zieht, der, bevor er überhaupt anfängt zu ermitteln, schon in die Kameras sagt, was er zu wissen glaubt. Und dass sie sich um die Korrektur der de-MaizièreRe­form kümmert.

Ist die Gefahr, dass Rechtsextr­eme wie Franco A. die Bundeswehr unterwande­rn, größer geworden, nachdem die Wehrpflich­t abgeschaff­t wurde?

Nein, es gibt keinen kausalen Zusammenha­ng. Ich glaube, dass die gestiegene Zahl von Vorgängen damit zu tun hat, dass in Deutschlan­d eine Partei versucht, rechtsradi­kale Sprüche salonfähig zu machen.

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