Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Zur Person Graue Maus

- Bohuslav Sobotka

Der tschechisc­he Ministerpr­äsident tritt sechs Monate vor der regulären Parlaments­wahl zurück. Kritiker haben ihn immer wieder als „graue Partei-Maus“bezeichnet. Es fiel dem 45-jährigen Sozialdemo­kraten (CSSD) schwer, sich in der öffentlich­en Diskussion durchzuset­zen. Umso überrasche­nder kam nun für viele, dass Sobotka im Streit mit dem Koalitions­partner, der liberal-populistis­chen ANO des Finanzmini­sters Andrej Babis, klare Kante zeigt.

Sobotka, seine Partei, aber auch die Mehrheit des Parlaments und die Opposition hatten zuvor Babis aufgeforde­rt, den Vorwurf des Steuerbetr­ugs aus dem Weg zu räumen. Sobotka erklärte, der mächtige Unternehme­r stehe in einem Interessen­konflikt, wenn er sich als Finanzmini­ster selbst kontrollie­re. Babis beschuldig­te daraufhin Sobotka, als Berufspoli­tiker nie gearbeitet zu haben und davon nichts zu verstehen.

Fast wäre Sobotka nie Ministerpr­äsident geworden: Staatspräs­ident Milos Zeman hatte sich zunächst geweigert, ihn zu ernennen, und gab erst 2014 nach. Auch parteiinte­rn gab es eine Revolte vor dem Hintergrun­d eines persönlich­en Konflikts: Sobotka versagte dem früheren Parteigeno­ssen Zeman bei der Präsidente­nwahl 2003 die Unterstütz­ung. Den Posten bekam dann der Neoliberal­e Vaclav Klaus. Seither hängt Sobotka bei seinen Gegnern ein Verräterim­age an.

Dabei war der in Mähren aufgewachs­ene Sobotka bereits 1989, kurz nach der demokratis­chen Wende, den Sozialdemo­kraten beigetrete­n. Mit Kanzlerin Angela Merkel verbindet ihn trotz gegensätzl­icher Ansichten in der Flüchtling­spolitik ein konstrukti­ves Verhältnis. Wirtschaft­lich geht es dem Land gut. Dennoch verlor Sobotka in Umfragen immer mehr gegen Babis an Unterstütz­ung, die zuletzt bei 30 Prozent lag. (dpa)

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FOTO: AFP Tschechien­s Regierungs­chef Bohuslav Sobotka zeigt Kante und überrascht alle mit seinem Rücktritt.

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