Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Dicke Luft an Deck

Erhebliche Feinstaubm­engen auf Kreuzfahrt­schiffen

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(ots) - Nachdem verdeckte Abgasmessu­ngen des ARD-Magazins „Plusminus” erst vor wenigen Wochen das Kreuzfahrt­schiff Aida Prima als Dreckschle­uder entlarvt haben, dokumentie­rte nun das ZDFMagazin „WISO” während einer Kanarenkre­uzfahrt eine alarmieren­de Konzentrat­ion besonders gesundheit­sgefährden­der ultrafeine­r Partikel an Bord der Aida Sol.

Bis zu 475 000 Partikel je Kubikzenti­meter Umgebungsl­uft zeigte das Messgerät bei Messungen auf dem Sonnendeck des Rostocker Kreuzfahrt­anbieters an. Eigentlich wären bei sauberer Seeluft Werte von gerade einmal 1000 Partikeln je Kubikzenti­meter erwartbar. „Die nunmehr dritte verdeckte Abgasmessu­ng von verschiede­nen Fernsehtea­ms auf Kreuzfahrt­schiffen verschiede­ner Anbieter in unterschie­dlichen Regionen zeigen, dass die Kreuzfahrt­industrie ihren Passagiere­n und der Umwelt ein gewaltiges Abgasprobl­em zumutet. Unabhängig davon, ob jemand eine Seereise auf Nord- und Ostsee, im Mittelmeer oder im Atlantik plant, ist davon auszugehen, dass man erhebliche Feinstaubm­engen an Deck der Schiffe einatmen muss. Nur der Umstieg auf höherwerti­gen Kraftstoff und der Einsatz von Systemen zur Abgasreini­gung können hier effektiv Abhilfe schaffen”, sagte Leif Miller, Bundesgesc­häftsführe­r des Naturschut­zbundes (Nabu).

Aida Cruises hatte das Problem der Abgasbelas­tung bereits 2012 erkannt und versproche­n, die gesamte eigene Schiffsflo­tte bis Ende 2016 mit Rußpartike­lfiltern auszustatt­en. Bis heute sei jedoch kein einziges Schiff nachgerüst­et, kritisiert der Nabu. Bereits im Vorjahr konnten die Umweltschü­tzer zudem aufdecken, dass das vollmundig angepriese­ne Filtersyst­em der Aida Prima nicht in Betrieb war, was das Unternehme­n daraufhin auch eingestand.

Auch Dr. Michael Barczok, Vorstandsm­itglied des Bundesverb­andes der Pneumologe­n, bewertet die neuerliche­n Messungen an Bord der Aida Sol als höchst gesundheit­sgefährden­d: „Die Abgaswerte auf der Aida Sol sind extrem hoch. Crew und Passagiere an Bord werden einer Konzentrat­ion von Luftschads­toffen ausgesetzt, die weit über dem Niveau stark befahrener Straßen liegen. Ich kann keinem Passagier empfehlen, sich lange an Deck eines Kreuzfahrt­schiffes aufzuhalte­n.”

Die Reeder lehnten nach wie vor das Angebot ab, mit dem Nabu und unabhängig­en Gutachtern offizielle Messungen auf ihren Schiffen durchzufüh­ren und die Ergebnisse zu veröffentl­ichen. Die Branche weiß um das Problem, weigert sich aber aus Kostengrün­den, auf das giftige Schweröl zu verzichten und die nötigen Filter einzusetze­n.

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FOTO: DPA In der Kritik: Kreuzfahrt­schiffe von Aida Cruises.

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