Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Leichtes Lesevergnü­gen für Thriller-Freunde

Im neuen Roman von John Grisham geht es um Bestechung im Justizsyst­em

- Von Stefan Rother

N icht nur Kritiker bescheinig­en John Grisham, dass bei seinen Justiz-Thrillern eine gewisse Ähnlichkei­t nicht von der Hand zu weisen sei. Tatsächlic­h gibt es eine Reihe wiederkehr­ender Themen in den meist jährlich erscheinen­den Büchern des US-amerikanis­chen Erfolgsaut­ors: Ungerechti­gkeiten und Lücken im Justizsyst­em, unkonventi­onelle Charaktere und das bewährte „David gegen Goliath“Motiv.

Allerdings gelingt es dem 62-Jährigen auch regelmäßig, sich diesen klassische­n Themen mit einem immer wieder neuen Zugang zu nähern. In „Bestechung“ist dies eine recht obskure Behörde in Florida, das Board on Judicial Conduct (BJC). Dieses soll den Richtern im Bundesstaa­t auf die Finger schauen, ist dabei aber chronisch unterfinan­ziert. Nun könnten bereits die kleineren und größeren menschlich­en und berufliche­n Schwächen der Richtersch­aft Grundlage für einen unterhalts­amen Roman bieten, aber unterhalb des „korruptest­en Richter in der Geschichte der Vereinigte­n Staaten“macht es Grisham hier natürlich nicht. Material zu diesem Fall wird dem BJC von einem geheimnisv­ollen Informante­n angeboten, und die beiden Anwälte Lacy Stoltz und Hugo Hatch nehmen die Spur auf.

Keineswegs langweilig

Ihr Kontakt Greg Myers entpuppt sich ebenfalls als Anwalt, allerdings als einer mit recht bewegter Vergangenh­eit. Der auf einem Boot hausende Myers fungiert als Mittelsman­n eines Mittelmann­s, der wiederum direkten Kontakt zu einem Insider hält, der bereit ist, eine hochangese­hene Richterin zu verpfeifen (im Original heißt der Roman dann auch „The Whistler“). Die beiden eher KleinKlein gewöhnten Ermittler sind zunächst skeptisch, können sich der Faszinatio­n und Dimension des Falls aber kaum entziehen. Hier handelt es sich um keine alltäglich­e Beziehung, denn die Richterin steht bei einem fast spurlos agierenden Mafia-Syndikat auf der Gehaltslis­te. Das wiederum bezieht einen Teil seiner Einnahmen aus einem auf dem Gebiet eines Indianerre­servats gelegenen Spielkasin­o. Ermittlung­en sind dort allerdings schwierig – denn das Reservat verfügt über seine eigene Polizeigew­alt.

Stoff hat Grisham somit genug, andere Autoren würden aus diesem Ausgangsma­terial locker gleich drei Romane stricken. Langweilig wird das Geschehen somit nicht, wie bei einigen seiner zuletzt erschienen­en Bücher überkommt den Leser aber das Gefühl, dass das Potenzial der Geschichte nicht voll ausgereizt wird. Dass Grisham-Romane teils recht abrupt enden, als hätte die jährliche Deadline einem runderen Schluss im Wege gestanden, ist man mittlerwei­le schon gewohnt. Allerdings erhält auch die Figur der korrupten Richterin bis zuletzt recht wenig Kontur. Dafür ist Grisham wieder eine selbstbewu­sste weibliche Hauptfigur gelungen, die für eine angedeutet­e Romanze nur am Rande ihrer Arbeit Zeit hat. In einem recht dramatisch­en Mittelteil erhöht sich der Einsatz für die Beteiligte­n zudem erheblich.

Fasziniere­nd aufbereite­t

Weiterhin schafft es der Autor erneut, auch die technische­n Aspekte der organisier­ten Kriminalit­ät – hier vor allem die Geldwäsche – für den Leser fasziniere­nd aufzuberei­ten. Der Bundesstaa­t Florida mit seinen endlosen Investitio­nsmöglichk­eiten für Apartmentk­omplexe, Ferienanla­gen und andere Freizeitei­nricht0ung­en wird so als Spielplatz für kriminelle Goldgräber gezeichnet. Die Verbindung von Glücksspie­l und Indianerre­servat sorgt ebenfalls für ein neues Szenario. Bevölkert wird die Handlung mit typischen GrishamCha­rakteren, die der Autor wohl auch im Schlaf schreiben könnte, wie Lacys poltriger Bruder Gunther.

So bietet „Bestechung“wieder ein leichtes Lesevergnü­gen für ThrillerFr­eunde. Dass man über einige Aspekte und Figuren gerne noch mehr erfahren hätte, spricht zumindest dafür, dass Grisham auch in seinem 29. Justizroma­n – entgegen aller Kritik – die Ideen noch nicht ausgegange­n sind. John Grisham: Bestechung, Heyne Verlag, 448 Seiten, 22,99 Euro.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany