Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Hälfte der Touristenunterkünfte illegal
So manche „Suite“in Rom entpuppt sich als zweckentfremdet und ungeeignet
ROM - Wer im historischen Zentrum lebt, in der malerischen Altstadt mit antiken Ruinen und Barockkirchen, wundert sich seit Jahren darüber, dass aus immer mehr Geschäften und Kellerräumen Unterbringungsmöglichkeiten für Touristen werden. Wie etwa in der Via Palermo zwischen Staatsoper, Innenministerium und dem Quirinalspalast, wo der Staatspräsident residiert.
Ein kleiner Feinkostladen schloss – und nach einigen Monaten Renovierungsarbeiten wurden die Räumlichkeiten, rund 40 Quadratmeter, neu genutzt – als „Hotelsuite“. So jedenfalls wird die Räumlichkeit auf der Webseite eines Hotels beworben. Der Zugang erfolgt durch eine Glastür direkt auf den Bürgersteig. Diese Glastür und das ehemalige Schaufenster, jetzt das Fenster des „Hotelzimmers“, sind mit Gardinen verhängt. Andere Lichtquellen ins Innere gibt es nicht. Damit an warmen und heißen Tagen und Nächten, wenn die Touristen das Fenster oder die Glastür nur zur Straße hin öffnen können, keine Unberechtigten ins Zimmer kommen, wurden Gitter installiert. Nicht schön, aber nützlich.
Wer in so einer „Suite“nächtigt, ist entweder auf die Klimaanlage angewiesen oder aber muss mit dem Lärm der Straße leben. Und mit neugierigen Blicken, wenn die Gardine nicht komplett zugezogen ist. Viele Römer, die im „centro storico“leben, fragen sich seit Langem, ob diese vielen neuen Unterkünfte, die der Tageszeitung „la Repubblica“zufolge „wie Pilze aus dem Boden schießen“, überhaupt legal sind. Jetzt gibt es eine offizielle Antwort auf diese Frage. Die „Guardia di Finanza“, Italiens Finanzpolizei, hat in den vergangenen Monaten Roms Touristenunterkünfte unter die Lupe genommen. Das Resultat ist schockierend: Dem Schwarzbuch der Finanzpolizei zufolge sind mindestens 50 Prozent aller Touristenunterkünfte im historischen Rom illegal.
Allein von den 661 Bed-andBreakfast-Unterkünften, die von den Beamten zwischen März und April dieses Jahres kontrolliert wurden und die in den vergangenen zwei Jahren eröffnet wurden, sind fast 60 Prozent illegal. Sie wurden ohne städtische Genehmigung in Betrieb genommen und ohne dass städtische Behörden überprüfen konnten, ob die entsprechenden Räumlichkeiten für die Unterbringung von Gästen geeignet sind.
In Hunderten von Fällen entdeckten die Finanzbeamten B&B-, Airbnb- und Extraräume für Hotels in Kellern. Mit Fenstern, fast immer extrem klein, die zum Bürgersteig hin geöffnet sind. In einem drastischen Fall im Stadtteil Trastevere wirbt ein Römer für sein „Loft“– einen riesigen Kellerraum ohne Lüftung und mit nur einem kleinen Fenster.
Auch zahlreiche Hotels sind illegal eröffnet worden, vor allem von süditalienischen Unternehmen. In diesen Fällen ermittelt die Finanzpolizei wegen des Verdachts von Geldwäsche. Mafiaclans investieren ihre schmutzigen Gelder mit Vorliebe in die römische Hotelindustrie.
Für Rom-Besucher ist es schwierig herauszufinden, ob ihre Unterkunft legal ist oder nicht, ob sie überhaupt die Bedingungen für die Unterbringung von Gästen erfüllt. Auch illegale Unterkünfte werben für sich auf den bekannten legalen Webseiten. Der beste Tipp: nur Angebote buchen, die auf deutlichen Fotos zeigen, wo sich die Gästezimmer befinden und wie diese ausgestattet sind. Oder einfach nachfragen, um auf Nummer sicher zu gehen, dass man nicht im Keller oder ebenerdig hausen muss.