Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Wie das Wasser auf die Alb kam
Winfried Müller refertierte über die Anfänge der Wasserversorgung
- Wasser ist lebenswichtig für Menschen, Tiere und Pflanzen. Das galt auch im letzten Jahrhundert auf der Alb. Bäche gab es nicht, Quellen und Brunnen nur vereinzelt. Erst die Albwasserversorgung mit deren Umsetzung 1870 begonnen wurde, stellte die Versorgung mit sauberem Trinkwasser sicher. Winfried Müller referierte in einem spannenden Vortrag, auf Einladung des Geschichtsvereins, über die Geschichte der Wasserversorgung auf der Schwäbischen Alb.
Die Schwäbische Alb ist das größte zusammenhängende Karstgebiet Deutschlands. Das Kalkgestein ist zwar massig und fest, aber klüftig und porös, so dass Wasser überall versickert. Auf der Albhochfläche gibt es fast keine ständig Wasser führenden Bäche. Das versickernde Wasser fließt vorwiegend der Donau zu, obwohl diese deutlich höher liegt als der Neckar. An der Südseite der Alb finden sich die großen Quelltöpfe wie der Blautopf und die Karsthöhlen wie die Wimsener Höhle.
In vielen Orten wurde Regenwasser und alles Oberflächenwasser (samt Reste aus Misthäufen, Dunglegen und Schlamm) in Hülen oder Hülben gesammelt. Dort wurde das Vieh getränkt, zum Teil auch Wasser zum Trinken und Kochen geholt und anderen Bedürfnissen ausgeschöpft. Im Brandfall reichte das Wasser nur zu den ersten Angriffen.
Die Wasserqualität war sehr unbefriedigend und führte oft zu Erkrankungen. ANZEIGE Bekannt ist der Ausspruch eines Bauern an den König: „Für uns ging’s schon noch, aber das Vieh säuft’s nicht mehr.“
1866 legte Karl Ehmann einen Plan zur Versorgung der besonders betroffenen Alborte mit technischen Voruntersuchungen über die „Thunlichkeit einer künstlichen Wasserversorgung“vor. Ehmann hatte Maschinenbaukunde und Ingenieurwissenschaften in Stuttgart studiert und war nach seinem Studium in England und den USA tätig. 1857 kehrte er in die Heimat zurück und wurde Baurat und Berater für Baumaßnahmen der Wasserversorgung.
Er schlug vor, in den Tälern der Eyb, der Fils, der Echaz, der Blau, der Ach, der Schmiech und der beiden Lautern acht Pumpwerke zu bauen. Hier stand ausreichend Wasser zur Verfügung. Über Druckleitungen sollte es zu Hochbehältern auf der Alb gedrückt und dann den Gemeinden zugeleitet werden.
Keine Begeisterung geweckt
Der Plan erntete keineswegs Beifall, vielmehr gab es fast überall Ablehnung. Die Pumpmöglichkeiten wurden angezweifelt, die Kosten als zu teuer angenommen. So konnte Anfangs nur die Versorgungsgruppe VIII – reduziert auf die Gemeinden Ingstetten, Justingen und Hausen gebildet werden. Als 1871 das erste Wasser auf der Alb floss und der Erfolg klar war, folgte eine Gruppe nach der anderen.
Wichtige Helfer Ehemanns waren sein Vetter Hermann Ehmann und Anton Fischer, Schultheiß von Justingen. Dieser war von Beruf Rossarzt und erkannte die Zusammenhänge zwischen dem Hülenwasser und den Krankheiten. Noch heute zeugen viele Bauwerke und technische Entwicklungen von den damaligen Leistungen. Innerhalb von zehn Jahren wurden fast 100 Gemeinden und Ortsteile der rauen Alb mit Wasser versorgt. Mit großer Aufmerksamkeit und Spannung hatten die Besucher den Ausführungen von Winfried Müller gelauscht. Anhaltender Beifall dankte dem Referenten für den informativen Vortrag. Als Dank überreichte der Vorsitzende des Zwiefalter Geschichtsvereins, Hubertus-Jörg Riedlinger, einen Korb mit regionalen Köstlichkeiten.