Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Ehinger erhaschen Blick auf die Schleckers
Beim Prozesstag in Ehingen zeigt sich die Familie das erste Mal seit Jahren in der Stadt
- Journalisten, Kamerateams und Fotografen haben sich am Dienstagmorgen vor dem Ehinger Amtsgericht getummelt, um einen Blick auf Anton Schlecker, dessen Familie und die Zeugen des Tages, den ehemaligen Prokuristen Reinhold Freudenreich, zu erhaschen. Der Verhandlungstag war aufgrund des Alters des Zeugen von Stuttgart nach Ehingen verlegt worden.
Schon zwei Stunden vor Prozessbeginn sind am Dienstagmorgen die ersten Fotografen, Kamerateams und ein paar Schaulustige in Ehingen unterwegs, um Anton Schlecker und Reinhold Freudenreich nicht zu verpassen. Zum ersten Mal seit vielen Jahren – so besteht die Chance – könnte es sein, dass die Ehinger ihren aktuell wohl bekanntesten Mitbewohner zu Gesicht bekommen. Seit vielen Jahren hat sich die Familie Schlecker in ihrer Heimatstadt nicht öffentlich sehen lassen.
Hektisch bewegen sich die Medienschaffenden an diesem Morgen immer zwischen Vorder- und Hintereingang. Bis zuletzt ist nicht klar, durch welchen Eingang Angeklagte und Zeuge das Gebäude betreten werden. „Weitergehen, weitergehen“, weisen die Fotografen Passanten an, die im Weg stehen und den möglichen Blick auf Schleckers verdecken könnten.
Um 9.30 Uhr fährt das erste Auto auf den Parkplatz im hinteren Bereich des Gebäudes. Reinhold Freudenreich beeilt sich, ins Gebäude zu kommen. Nur ein paar Fotografen haben das Glück, ihn vor die Linse zu bekommen.
Schleckers nehmen Vordereingang
Zwei ältere Ehinger schauen sich den Trubel vom Marktplatz aus an. Fast eine Stunde stehen sie gegenüber dem Gerichtsgebäude und beobachten das Geschehen. Sie haben sich zufällig getroffen. „Wir kennen uns auch eigentlich nicht und sind hier ins Gespräch gekommen“, sagt einer der beiden Männer. Beide wussten von dem Prozesstag in Ehingen, denn den Verhandlungsverlauf haben sie in der Zeitung verfolgt. „Sonst sieht man die Familie nie, was irgendwie auch verständlich ist“, sagt Albert Maucher.
Die Männer haben Glück, denn um kurz vor 10 Uhr geht die Familie Schlecker von der Schwanengasse aus auf das Gerichtsgebäude zu. Statt den Hintereingang zu nutzen, gehen alle vier ums Gebäude herum, begrüßen am Eingang einen Anwalt und betreten erst danach das Gericht: Zeit genug für alle Fotografen, Passanten und Kamerateams zu knipsen, zu schauen und zu drehen. „Das ist sehr mutig von ihm “, sind sich die beiden Männer auf dem Markt einig.
Von seinem kleinen Verkaufsbus aus hat Thommy Lechner einen guten Blick auf das Gebäude. Den ganzen Morgen beobachtet er immer wieder, wenn Zeit ist, was genau da vor dem Gericht passiert. „Ich hab nicht gewusst, dass heute der Prozess hier stattfindet.“Doch er findet es gut, dass die Familie sich nicht einfach durch den Hintereingang in den Saal schleicht.
Bis mittags passiert vor dem Gebäude nicht viel. Einige Kunden des Wochenmarkts sind zunehmend verwundert, warum sich die Kamerateams vor dem Gebäude postiert haben, nicht jeder hat mitbekommen, wer da vor Gericht steht. Gerüchte machen die Runde. Mancher, der weiß, was los ist, geht auf die Fotografen zu. Es fallen auch harsche Worte wie: „Lasst den armen Mann doch einfach in Ruhe.“Keiner der Passanten verliert an diesem Tag ein böses Wort über Anton Schlecker und seine Familie.
Nach zwei Stunden ist alles vorbei
Um 12 Uhr verlässt der Hauptzeuge das Gericht wieder und muss kurz warten, bis er abgeholt wird. Ganz entspannt steht er am hinteren Parkplatz und antwortet auf die Frage, wie es war: „Ganz gut. Ich denke, ich bin fertig.“Rund zwei Stunden war er im Saal und sagte aus.
Als die Familie Schlecker ein paar Minuten später aus dem Gericht herauskommt, wird es bei Fotografen und Filmteams wieder hektisch. Sie wollen ein letztes Foto erhaschen und auch die Marktbesucher recken die Hälse, um Anton Schlecker zu sehen. Gegenseitig informieren sie sich über das, was an diesem Morgen rund um den Marktplatz passiert ist und fragen auch die Journalisten, die langsam nach und nach das Gebäude verlassen, was sich ereignet hat.