Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Repräsentative Stimme im ländlichen Raum
Seit 100 Jahren gestaltet die Landfrauenvereinigung mit – Elisabeth Jeggle hält Festvortrag
- Die Landfrauenvereinigung des Katholischen Deutschen Frauenbunds der Diözese Rottenburg-Stuttgart hat am Freitag im Kulturhaus Schloss Großlaupheim ihr 100-jähriges Bestehen gefeiert.
Die Bundes- und Diözesanvorsitzende der Landfrauenvereinigung, Barbara Kräutle, begrüßte viele Ehrengäste, unter anderem Weihbischof Johannes Kreidler, Dekan Sigmund Schänzle und Stadtpfarrer Alexander Hermann. „Das Leben auf dem Land ist kein Auslaufmodell“, befand Barbara Kräutle. „Wir möchten Veränderungen wahrnehmen, um für eine nachhaltige Lebens- und Zukunftsgestaltung auf dem Land zu sorgen“, erklärte sie.
Die ehemalige Europaabgeordnete Elisabeth Jeggle aus Stafflangen sprach unter anderem über „Die Zukunft des ländlichen Raumes aus europäischer Sicht“. „Sie haben mir ein spannendes Thema gegeben“, bekannte Jeggle, das man aus verschiedenen Perspektiven betrachten könne. „Ihr Festtag hat etwas mit Heimat zu tun“, stellte Jeggle fest. „Heimat“sei ein Gefühl und eine Emotion, „und Heimat ist eine sichere Lebensgrundlage“. Verantwortung sei neben der Gemeinschaft eine weitere starke Wertewurzel, für sich selbst, für andere in einer Gemeinschaft, aber auch für Fremde. Und: „Verantwortung ist Solidarität“, betonte die Festrednerin.
Falsches Einkaufsverhalten
In Umfragen fänden die meisten Menschen unsere Landwirtschaft toll und stünden zu ihr. Im Einkaufsverhalten seien aber Billigprodukte der Renner. Nach mehr als sieben Jahrzehnten nach dem zweiten Weltkrieg werde Frieden als selbstverständlich empfunden. „Aber ist er das?“, fragte Elisabeth Jeggle und verwies auf Brennpunkte und Kriegsschauplätze in der Welt. Europa sei mehr als Bürokratie, Macht, Waren und Geld. Die Europäische Union stehe für Werte, „die ich nicht missen möchte“. Unter Demokratie werde eine gemeinschaftliche Gestaltung der Politikbereiche verstanden, Diktatur habe da keinen Platz. Zur Freiheit des Einzelnen in der Gemeinschaft gehöre auch die Redefreiheit, sagte Elisabeth Jeggle und verwies auf die Andersdenkenden in der Türkei und in anderen Ländern, die in jüngster Zeit inhaftiert worden sind. Zu den Errungenschaften der gesamten EU gehörten aber auch die Glaubensfreiheit und die Trennung von Kirche und Staat.
„Zweifle nie daran, dass eine kleine Gruppe engagierter Menschen die Welt verändern kann“, zitierte Laupheims Oberbürgermeister Rainer Kapellen in seinem Grußwort die US-amerikanische Anthropologin Margaret Mead. Auch die Landfrauen hätten etwas verändert, das zeige die Bilanz von 100 Jahren Landfrauenvereinigung. Und: „Das bedeutet 100 Jahre Engagement für Frauen im ländlichen Raum und Mitgestaltung des öffentlichen Lebens“. Die Mitglieder der Landfrauenvereinigung bildeten heute das gesamte Berufsspektrum ab, sagte Kapellen. „Sie sind heute eine repräsentative Stimme in den ländlichen Regionen.“
„Sie allein können die Welt nicht verändern, aber zusammen mit den anderen, die ebenfalls etwas ändern wollen, können Sie viel bewirken“, sagte Joachim Drumm, Ordinariatsrat der Diözese Rottenburg-Stuttgart, an die Landfrauen gewandt. Zum Abschluss zelebrierte Weihbischof Johannes Krediler einen Gottesdienst.