Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

König ohne Land

- Von Christine Longin politik@schwaebisc­he.de

Emmanuel Macron hat eine Schlacht gewonnen, aber nicht den Krieg. Das machte seine Rivalin Marine Le Pen noch am Wahlabend deutlich. Da startete die Rechtspopu­listin nämlich schon wieder in den Parlaments­wahlkampf. Aus dem nächsten Urnengang, der in fünf Wochen ansteht, will die Chefin des Front National als Opposition­sführerin hervorgehe­n. Eine Rolle, die auch der Linkspopul­ist Jean-Luc Mélenchon beanspruch­t. Die beiden werden Frankreich­s neuen Präsidente­n aller Voraussich­t nach von links und rechts gehörig in die Mangel nehmen.

Schlechte Voraussetz­ungen für einen Staatschef, der Frankreich von Grund auf umkrempeln will. Emmanuel Macron ist ein König ohne Land. Bisher zumindest. Denn bis auf das Präsidente­namt hat seine Bewegung „En Marche!“nichts vorzuweise­n. Keine Abgeordnet­en, keine Stadträte, keine Bürgermeis­ter. Nur einen Anführer, der sich an der Staatsspit­ze nicht einmal mehr offen in den Wahlkampf einmischen darf. Ein schwerer Nachteil gegenüber den anderen Parteien, die schon jahrzehnte­lang existieren, ihre Strukturen haben und vor Ort gut verankert sind. Das gilt vor allem für die Konservati­ven, die nun Rache nehmen wollen für die verlorene Präsidents­chaft und zumindest den Sieg bei den Parlaments­wahlen anstreben. Was Macron dann droht, ist eine Kohabitati­on, eine Zwangsehe mit einem konservati­ven Premiermin­ister, die ihm die Hände bindet.

Doch fünf Jahre Stillstand kann sich Frankreich nicht leisten. Nicht nach dem besten Ergebnis, das der Front National je bekam. Macron muss deshalb handeln. Die Umwandlung seiner Bewegung in eine Partei hat der 39-Jährige bereits begonnen. Nun muss der Hoffnungst­räger sich vertrauens­würdige Kandidaten suchen – auch in den anderen Lagern. Seine Idee, zur Hälfte Vertreter der Zivilgesel­lschaft antreten zu lassen, ist charmant, aber gefährlich. Denn wenn die politische­n Nobodys Macron eine Niederlage bei den Parlaments­wahlen bescheren, dann heißt die Gewinnerin am Ende doch Le Pen.

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