Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
König ohne Land
Emmanuel Macron hat eine Schlacht gewonnen, aber nicht den Krieg. Das machte seine Rivalin Marine Le Pen noch am Wahlabend deutlich. Da startete die Rechtspopulistin nämlich schon wieder in den Parlamentswahlkampf. Aus dem nächsten Urnengang, der in fünf Wochen ansteht, will die Chefin des Front National als Oppositionsführerin hervorgehen. Eine Rolle, die auch der Linkspopulist Jean-Luc Mélenchon beansprucht. Die beiden werden Frankreichs neuen Präsidenten aller Voraussicht nach von links und rechts gehörig in die Mangel nehmen.
Schlechte Voraussetzungen für einen Staatschef, der Frankreich von Grund auf umkrempeln will. Emmanuel Macron ist ein König ohne Land. Bisher zumindest. Denn bis auf das Präsidentenamt hat seine Bewegung „En Marche!“nichts vorzuweisen. Keine Abgeordneten, keine Stadträte, keine Bürgermeister. Nur einen Anführer, der sich an der Staatsspitze nicht einmal mehr offen in den Wahlkampf einmischen darf. Ein schwerer Nachteil gegenüber den anderen Parteien, die schon jahrzehntelang existieren, ihre Strukturen haben und vor Ort gut verankert sind. Das gilt vor allem für die Konservativen, die nun Rache nehmen wollen für die verlorene Präsidentschaft und zumindest den Sieg bei den Parlamentswahlen anstreben. Was Macron dann droht, ist eine Kohabitation, eine Zwangsehe mit einem konservativen Premierminister, die ihm die Hände bindet.
Doch fünf Jahre Stillstand kann sich Frankreich nicht leisten. Nicht nach dem besten Ergebnis, das der Front National je bekam. Macron muss deshalb handeln. Die Umwandlung seiner Bewegung in eine Partei hat der 39-Jährige bereits begonnen. Nun muss der Hoffnungsträger sich vertrauenswürdige Kandidaten suchen – auch in den anderen Lagern. Seine Idee, zur Hälfte Vertreter der Zivilgesellschaft antreten zu lassen, ist charmant, aber gefährlich. Denn wenn die politischen Nobodys Macron eine Niederlage bei den Parlamentswahlen bescheren, dann heißt die Gewinnerin am Ende doch Le Pen.