Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
„Es geht ums Verstehen“
Tag der offenen Tür - Begegnungen bei einem Rundgang durch das Konrad Manopp-Stift
– Trotz des regnerischen Wetters am Sonntag wirken die Räume des Konrad Manopp-Stiftes hell und freundlich: Weit geöffnet hat die Einrichtung ihre Türen, um Einblick zu schenken; nicht nur, aber besonders in den dritten Wohnbereich, in dem man sich der Demenzkranken mit dem mäeutischen Pflegekonzept besonders annimmt.
25 Frauen und Männer sind in den zwei Wohngruppen untergebracht. Außer den jeweils zwei Pflegekräften geht morgens noch eine Betreuungskraft den Bewohnern zur Hand, die nach Möglichkeit einbezogen werden in den Alltag, beim Einsortieren von Wäsche zum Beispiel, sagt Sozialdienstleiterin Thekla Böhm. Sie schwärmt von den positiven Auswirkungen des mäeutischen Pflegemodells, nicht nur auf die dementen Personen bezogen, sondern auch auf die Mitarbeiterinnen: Es sei nun viel mehr Empathie im Spiel.
Iris Müllerschön, die sich in Fortbildungen mit dem Thema befasst hat, erläutert die Besonderheiten: den Beobachtungsbogen, in dem zum Beispiel festgehalten wird, was dem Bewohner Freude bereitet, welchen Duft er liebt und womit er ihn in Verbindung bringt, welche Musik er schätzt, welche Erinnerungen in ihm Fotos wecken, welche Hobbys er betrieb. Charakteristiken werden erstellt, um festzustellen, wie man mit den Bewohnern arbeiten kann.
Beim Ergründen der Lebensgeschichte erspüre man so manches Mal, dass es Dinge im Leben der Menschen gibt, die „tief drin sind“, sagt Thekla Böhm, manchmal wüssten nicht einmal Angehörige darüber Bescheid oder signalisierten, dass darüber nicht gesprochen werden will. Den Pflegekräften geht es dabei nicht um Neugierde, sondern um das Verstehen. „Positive Kontaktmomente“werden als Ergebnis des mäeutischen Pflegemodells vermerkt.
Die Gäste, die im Haus unterwegs sind, erfahren, dass der Wohnbereich im dritten Stock offen ist. Die Menschen können sich bewegen, die Abteilung aber nicht verlassen. Bei schönem Wetter locken die Balkone, verrät Emilia Weber, die Leiterin des Wohnbereichs.
Im ersten Stock sind es die großen Fenster, die einen neugierigen Ausguck gewähren. Der Sitzplatz zum Parkplatz hin ist der begehrteste, weiß Thekla Böhm, weil man dort sieht, wer ankommt, der Arzt zum Beispiel oder ersehnte Verwandte. Sie kommentiert vor den interessierten Besuchern noch die Anforderungen des Experten Standards. „Das muss nebenher laufen“, beklagt sie die aufwendige Bürokratie, gefordert vom medizinischen Dienst der Krankenkassen. Sie unterstreicht gleichzeitig aber die hohe Sensibilität, die notwendig ist, um den Bewohnern, die einem anvertraut sind, und ihren Bedürfnissen gerecht zu werden.
„Schöner als im Hotel“, beurteilt eine Bewohnerin ihren Aufenthalt im Konrad Manopp-Stift gegenüber den Besuchern, die ihr Zimmer sehen dürfen, „heimeliger“sei es. Dennoch weiß Thekla Böhm, dass das Heim für viele Menschen die letzte Option ist. Das werde in den Gesprächen mit Betroffenen und Angehörigen auch immer betont, erklärt sie und ihnen aufgezeigt, welche andere Möglichkeiten es in und um Riedlingen noch gibt mit Sozialstation oder Seniorengenossenschaft als unterstützende Hilfe für Betagte und ihre Angehörige. Freilich kennt sie auch die andere Seite, wenn sich Menschen gegen den Aufenthalt im Heim wehren und immer wieder im Krankenhaus oder gar der Psychiatrie landen, weil sie zu Hause gestürzt sind und sich verletzt haben.
Der letzte Blick gilt der kleinen Insel im Wohnbereich I, in dem Bücher und Spiele aufgestellt sind, Steckspiele für die Feinmotorik, Puzzles, Bildbände zur Erinnerungspflege. In jedem der drei Wohnbereiche gibt es Platz für 25 Personen, überwiegend in Einzelzimmern. Mobiliar ist vorhanden, doch „heimelig“wird’s erst, wenn man sich mit eigenen Möbeln und lieb gewordenen Gegenständen umgibt.