Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
„Die Gedanken sind frei“
Lieder zur Revolution von 1848 – Einnahmen für den Riedlinger Theatersommer gespendet
- Viele Interessierte sind ins Riedlinger Lichtspielhaus gekommen, um Ulrich Hirsch („Käfer“) zu hören, der „revolutionäre Lieder“sang und nebenher ein wenig „Nachhilfe“gab zur deutschen Geschichte. Einen schönen Rahmen für den Abend bildete das Lied „Die Gedanken sind frei“, das er als Einstieg gemeinsam mit dem Publikum gesungen hat und als Schlusszugabe ebenfalls noch einmal im Chor mit den Gästen.
Sehr akribisch hat sich Ulrich Hirsch auf diesen Abend vorbereitet. Er hat über 20 Lieder ausgewählt, deren Melodien nicht immer einfach zu singen und deren Texte ebenfalls nicht immer eingängig waren. Und zu jedem Lied hat er eine Überleitung oder einen erläuternden Kommentar eingefügt, der den Zuhörern die Entstehungszeit und die näheren Umstände des Liedes nahe brachte. Gleichzeit hat er Wert darauf gelegt, ein wenig Geschichtsunterricht zu erteilen und den großen Wirrwarr um Vormärz, März, Paulskirche, großdeutsch, kleindeutsch zu sortieren. Und wichtig war Hirsch ebenfalls, die Auswirkungen auf die heutige Zeit zu zeigen oder Parallelen zur Gegenwart zu finden.
Dies erzählte er alles in lockerem Plauderton und auch ganz gewollt subjektiv. Chronologisch ging er mit seiner Liedauswahl vor: Im frühen 19. Jahrhundert wurde (und das im Gegensatz zu heute) der Wunsch nach Einheit laut, man hatte genug von der Kleinstaaterei, die der Fürstenwillkür ausgeliefert war: „Fürsten zum Land hinaus“, wird in einem Lied gefordert; die „Freie Republik“(von der Melodie auch bekannt als das „Heckerlied“), erträumt man sich und die Deutschlandfahne in den Farben Schwarz-Rot-Gold wird als Symbol für Freiheit und Demokratie gesehen. Auf der anderen Seite die „Biedermaier“, diejenigen, die ihre Ruhe wollen und die im Lied „Deutsche Zufriedenheit“verspottet wurden. Auch heute gebe es noch viele, so Hirsch, die schon zufrieden sind, wenn sie einen Termin im Nagelstudio oder einen Aufsitzrasenmäher haben.
Die Freiheit wird auferstehen
Der Dichter Heinrich Heine, der nach Frankreich emigrierte und erst 1843 wieder Deutschland betrat,war mit dem „Wintermärchen“im Programm: berührend, wie Hirsch einen Teil des Versepos vortrug und einen zweiten vertonten Teil auf seiner Gitarre gezupft und gesungen hat. Bürgermeister Tschech, der empört war über eine Gemeindereform, verübte 1844 ein Attentat auf den König von Preußent, was ihm ein Spottlied einbrachte: „Hatte je ein Mensch so’n Pech wie der Bürgermeister Tschech? Dass er diesen dicken Mann auf zwei Schritt nicht treffen kann.“
1848 sah es so aus, als ob die Revolution gesiegt hätte und in Frankfurt in der Paulskirche wurde ein Parlament einberufen, das zur Aufgabe hatte, eine Verfassung auszuarbeiten und diese Verfassung bildete auch die Grundlage für das 100 Jahre später entstandene Grundgesetz der BRD. Doch in Frankfurt setzten sich die Konservativen durch, die den König von Preußen als Staatsoberhaupt wollten, der dies ablehnte. Nach letzten Kämpfen in Baden im März 1849 war die Revolution zu Ende, gesiegt hatten die Konservativen und die Badener besangen dies mit: „Schlaf, mein Kind, schlaf leis, da draußen geht der Preuß“– doch voll Hoffnung ist das Ende mit „Gott aber weiß, wie lang er geht, bis dass die Freiheit aufersteht“.
Viel Beifall erhielt Ulrich Hirsch für seinen poetisch-revolutionären Liederabend und viel Beifall auch dafür, weil er die gesamten Einnahmen dem „Riedlinger Theatersommer“spendete. Dazu beigetragen hat auch Kinobesitzer Jürgen Matzner, der auf eine Saalmiete verzichtete.