Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Ein Freudentanz zum Gotteslob
Chorwerke von Bernstein und Mendelssohn begeistern beim Bodenseefestival
- Die Texte der Psalmen sind eine Fundgrube für Komponisten aller Zeiten, rufen sie doch in starken Wortbildern zum Lobpreis Gottes auf. Sowohl Leonard Bernstein als auch Felix Mendelssohn-Bartholdy haben sich zu höchst prächtigen Vertonungen anregen lassen. Im Rahmen des Bodenseefestivals waren Chor und Orchester des Vorarlberger Landeskonservatoriums in St. Stephan zu Gast und bescherten den Freunden der Chormusik besonders mit den Klängen von Bernstein ein außergewöhnliches Klangerlebnis.
Kraftvolle Chichester Psalms
Für seine Chichester Psalms hat der stets leidenschaftlich agierende amerikanische Dirigent, Pianist und Komponist Leonard Bernstein verschiedene Psalmtexte in hebräischer Sprache ausgewählt und in einer farbenreichen Partitur vereint, mit der Vertonung des 100. Psalms „Jauchzet dem Herrn“greift er eine jahrhundertelange Tradition des Lobpreises auf. Es wundert nicht, dass das Werk nicht nur mit einem Paukenschlag, sondern mit einer ganzen Batterie von Schlagwerken und zwei Harfen anhebt. Dass die Schlagwerkexplosionen und Bläserfanfaren im Kirchenraum den Chorklang zu überfluten drohen, lässt sich wahrscheinlich nicht vermeiden, denn der erste Teil der Psalmen präsentiert einen wahren Freudentanz voll rhythmischer Energie. In ruhigere Gefilde mit Solosopran (Kathrin Signer mit schlanker Stimme aus dem Chor heraus), sphärischen Streicherklängen und Frauenchor führt der zweite Teil mit der Vertonung des 23. Psalms „Der Herr ist mein Hirte“, bevor die Männerstimmen von der Gewalt der tobenden Heiden künden. Auch im intensiven dritten Satz zeigen sich die spirituelle Kraft als auch die Leidenschaft des Musikdramatikers Bernstein.
Die jungen Stimmen des Vorarlberger Landeskonservatoriums wurden von den Sängerinnen und Sängern des Kammerchors Feldkirch unterstützt: Beide Chöre werden von Benjamin Lack geleitet und stimmbildnerisch geschult und verschmelzen zu einem warmen, vollen Klang. Auch das Orchester mit seinen satten Streichern, dem klangschönen Cello-Solo, den präsenten Bläsern und eben allerlei Schlagwerkern zeigt einmal mehr den hohen Grad der Musikausbildung an diesem Institut.
Sanfter, getragen vom romantisch blühenden Klang der Streicher und Holzbläser, begannen die Gäste aus Feldkirch den zweiten, Felix Mendelssohn-Bartholdy gewidmeten Teil mit der schlichten, allzeit gültigen Bitte „Verleih uns Frieden gnädiglich“. In der Vertonung des 42. Psalms „Wie der Hirsch schreit nach frischem Wasser“erlebte man den Wechselgesang der verschiedenen Chorgruppen mit der beweglich leuchtenden Sopranstimme von Julia Großsteiner: Sie verkörpert die Gott suchende Seele, jubelnde Arien, zweifelnde Rezitative, Frauen- und Männerchor verdeutlichen den bilderreichen Text. Und dass Mendelssohn zeitlebens mit der Musik von Bach und Händel und deren Formensprache vertraut war, zeigt nicht zuletzt der in einer Fuge verdichtende Schlusschor. Großer Beifall für die jungen Künstler und ihren inspirierenden Dirigenten.