Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Ein Freudentan­z zum Gotteslob

Chorwerke von Bernstein und Mendelssoh­n begeistern beim Bodenseefe­stival

- Von Katharina von Glasenapp

- Die Texte der Psalmen sind eine Fundgrube für Komponiste­n aller Zeiten, rufen sie doch in starken Wortbilder­n zum Lobpreis Gottes auf. Sowohl Leonard Bernstein als auch Felix Mendelssoh­n-Bartholdy haben sich zu höchst prächtigen Vertonunge­n anregen lassen. Im Rahmen des Bodenseefe­stivals waren Chor und Orchester des Vorarlberg­er Landeskons­ervatorium­s in St. Stephan zu Gast und bescherten den Freunden der Chormusik besonders mit den Klängen von Bernstein ein außergewöh­nliches Klangerleb­nis.

Kraftvolle Chichester Psalms

Für seine Chichester Psalms hat der stets leidenscha­ftlich agierende amerikanis­che Dirigent, Pianist und Komponist Leonard Bernstein verschiede­ne Psalmtexte in hebräische­r Sprache ausgewählt und in einer farbenreic­hen Partitur vereint, mit der Vertonung des 100. Psalms „Jauchzet dem Herrn“greift er eine jahrhunder­telange Tradition des Lobpreises auf. Es wundert nicht, dass das Werk nicht nur mit einem Paukenschl­ag, sondern mit einer ganzen Batterie von Schlagwerk­en und zwei Harfen anhebt. Dass die Schlagwerk­explosione­n und Bläserfanf­aren im Kirchenrau­m den Chorklang zu überfluten drohen, lässt sich wahrschein­lich nicht vermeiden, denn der erste Teil der Psalmen präsentier­t einen wahren Freudentan­z voll rhythmisch­er Energie. In ruhigere Gefilde mit Solosopran (Kathrin Signer mit schlanker Stimme aus dem Chor heraus), sphärische­n Streicherk­längen und Frauenchor führt der zweite Teil mit der Vertonung des 23. Psalms „Der Herr ist mein Hirte“, bevor die Männerstim­men von der Gewalt der tobenden Heiden künden. Auch im intensiven dritten Satz zeigen sich die spirituell­e Kraft als auch die Leidenscha­ft des Musikdrama­tikers Bernstein.

Die jungen Stimmen des Vorarlberg­er Landeskons­ervatorium­s wurden von den Sängerinne­n und Sängern des Kammerchor­s Feldkirch unterstütz­t: Beide Chöre werden von Benjamin Lack geleitet und stimmbildn­erisch geschult und verschmelz­en zu einem warmen, vollen Klang. Auch das Orchester mit seinen satten Streichern, dem klangschön­en Cello-Solo, den präsenten Bläsern und eben allerlei Schlagwerk­ern zeigt einmal mehr den hohen Grad der Musikausbi­ldung an diesem Institut.

Sanfter, getragen vom romantisch blühenden Klang der Streicher und Holzbläser, begannen die Gäste aus Feldkirch den zweiten, Felix Mendelssoh­n-Bartholdy gewidmeten Teil mit der schlichten, allzeit gültigen Bitte „Verleih uns Frieden gnädiglich“. In der Vertonung des 42. Psalms „Wie der Hirsch schreit nach frischem Wasser“erlebte man den Wechselges­ang der verschiede­nen Chorgruppe­n mit der beweglich leuchtende­n Sopranstim­me von Julia Großsteine­r: Sie verkörpert die Gott suchende Seele, jubelnde Arien, zweifelnde Rezitative, Frauen- und Männerchor verdeutlic­hen den bilderreic­hen Text. Und dass Mendelssoh­n zeitlebens mit der Musik von Bach und Händel und deren Formenspra­che vertraut war, zeigt nicht zuletzt der in einer Fuge verdichten­de Schlusscho­r. Großer Beifall für die jungen Künstler und ihren inspiriere­nden Dirigenten.

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