Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Picassos bester Freund

Dem jüdischen Kunsthändl­er Paul Rosenberg ist in Paris eine Ausstellun­g gewidmet

- Von Franziska Broich

(KNA) - Ein unscheinba­res Porträt von Paul Rosenberg, nicht größer als ein DIN-A3-Blatt, ist das erste Bild der Ausstellun­g „21 Rue de la Boetie“. Mit dünnen schwarzen Strichen zeigt es den jüdischen Kunsthändl­er auf einem Stuhl sitzend, die Beine übereinand­er geschlagen. Es ist im Winter 1918/19 entstanden. Mit „Pic“redet Paul Rosenberg Pablo Picasso liebevoll an. Picasso nennt ihn „Rosi“. Die beiden wohnen in der Rue de la Boetie. Im Haus mit der Nummer 21 eröffnete Rosenberg 1910 seine Galerie. Er ist Picassos Händler, Nachbar und Freund.

Obwohl sie nebeneinan­der wohnen, schreiben sie sich regelmäßig Briefe. Auch sie sind Teil der Ausstellun­g, genauso wie Kataloge und Bilder der „Rue de la Boetie 21“. In ihrem Buch „Lieber Picasso, wo bleiben meine Harlekine“über Rosenberg beschreibt dessen Enkelin Anne Sinclair den Ton zwischen beiden als herzlich, ehrfürchti­g und kameradsch­aftlich.

Im August 1929 schreibt Rosenberg an Picasso: „Sie sind weggefahre­n, ohne mir meine Harlekine zu liefern, Sie sind schrecklic­h!“Rosenberg hatte bei Picasso Bilder mit Harlekinen bestellt. 1919 hatte Picasso die Kostüme für das Ballett „Der Dreispitz“entworfen, Figuren mit bunten, uniformähn­lichen Kostümen. Rosenberg veröffentl­ichte einige der Entwürfe, und auch in der Ausstellun­g sind sie zu sehen; passend dazu die Originalmu­sik zum Ballett.

Neben den Harlekinen hängt ein Gemälde einer Dame in einem Stuhl mit einem rundlichen Baby im Schoß. Das Kind ist Rosenbergs Tochter und die Dame seine Frau. Picasso malte es 1918. Es zeigt die enge Verbindung zwischen den Familien.

Rosenberg setzt auf die sicheren Werte der modernen Kunst. Gleichzeit­ig bot er der konservati­ven Kundschaft große Meister des 19. Jahrhunder­ts an. Rosenberg reist viel und baut Kontakte nach Nordamerik­a auf. Am engsten arbeitet er mit Picasso, Georges Braque, Fernand Leger, Henri Matisse und Marie Laurencin zusammen, hat Verträge mit ihnen. Das bedeutet, sie bieten ihm ihre Werke vor den anderen Händlern an. Zwischen 1918 und 1932 gehen alle großen Werke Picassos durch seine Hände.

Rosenberg ist einer der einflussre­ichsten Kunsthändl­er der Pariser 1920er-Jahre. Er hat sich ein gutes Netzwerk aufgebaut. Doch die Nazis setzen ihn auf eine Schwarze Liste. Als Präsident des Kunsthändl­erverbande­s hatte er europäisch­e Händler zum Widerstand gegen den Verkauf „entarteter“Kunst durch die NS-Regierung aufgerufen.

1940 flieht Rosenberg zunächst von Paris nach Floriac in die Nähe von Bordeaux. Einige seiner Gemälde nimmt er mit; die meisten muss er in Europa lassen. Später entscheide­t sich die Familie, über Portugal nach New York überzusied­eln. Dank des damaligen Direktors des dortigen Museum of Modern Art, Alfred Barr, erhält die Familie die kostbaren Visa. Rosenberg eröffnet eine neue Galerie.

1945 kehrt er zurück nach Paris. Ein Großteil seiner Meisterwer­ke wurden von den Nazis gestohlen. Einige Bilder tauchen wieder auf – auch in Deutschlan­d, zum Beispiel auch in der Kunstsamml­ung von Cornelius Gurlitt.

Die Ausstellun­g „Picasso, Matisse, Braque, Leger“im Musée Maillol in Paris ist noch bis Ende Juli zu sehen. Internet: www.museemaill­ol.fr

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FOTO: DPA Die „Sitzende Frau“von Henri Matisse tauchte in der Gurlitt-Sammlung auf und wurde unlängst der Rosenberg-Familie zurückgege­ben.

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