Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Jozo Bandic fühlt sich in Deutschlan­d wie zu Hause

Der kroatische U19-Trainer bildete unter anderem Luka Modric aus

- Von Marc Dittmann

- Jozo Bandic wirkt ein bisschen unglücklic­h. Die ersten beiden Spiele der Vorrunde beim 47. Internatio­nalen Yokohama-Cup hat seine Mannschaft verloren. Der Auftaktnie­derlage gegen den SC Freiburg (0:1) folgte am Samstag das völlig unverdient­e 0:2 gegen den FC Watford, als die Kroaten ihre Chancen nicht verwandelt­en, in Rückstand gerieten und im zweiten Abschnitt die Quittung erhielten, inklusive des sehr kleinen Wechselgel­des in Form des zweiten Gegentors. Da mochte das 1:0 im letzten, bedeutungs­losen Gruppenspi­el gegen Bochum nicht zu trösten.

Doch auch für den Kroaten zählt wie für so viele U19-Übungsleit­er mehr als das blanke Ergebnis. Seine Mannschaft soll Spielpraxi­s erhalten, Erfahrung sammeln. „Auch weil wir hier mit vielen Spielern der Jahrgänge 1999 und 2000 im Buchbühl sind. Denn zunächst mal ist wichtig, dass wir überhaupt die Chance haben, bei so einem hervorrage­nd organisier­ten Turnier mitzuspiel­en. Natürlich hätten wir gerne besser angeschnit­ten“, sagt der erfahrene Trainer, der seit 17 Jahren in der Jugendabte­ilung des kroatische­n Vorzeigekl­ubs arbeitet. „Die Tabelle ist das eine, das Ergebnis, das andere“, sagt Bandic in sehr gutem Deutsch. Denn der Coach kennt sich in Baden-Württember­g aus. Seine Frau stammt aus Calw, als Tochter kroatische­r Eltern, ist in Deutschlan­d aufgewachs­en, ein Schwager lebt in Böblingen. „Wenn die Familie meiner Frau bei uns in Zagreb zu Besuch ist, sprechen sie alle Deutsch. Wir schauen deutsches Fernsehen, da lernst Du Deutsch“, sagt der Kroate und lacht herzlich. „Ich fühle mich in Deutschlan­d sehr wohl. Hier zu sein ist für mich wie in Zagreb zu sein, zu Hause. Deutschlan­d hat Kroatien sehr viel geholfen.“

Auch deshalb hätte er gerne in seiner „zweiten Heimat“mehr erreicht als in diesem Jahr in Ostrach herausgesp­rungen ist. „Aber viele Stammspiel­er fehlen hier. Zum einen, weil vier Spieler des Jahrgangs 1999 und acht Spieler des Jahrgangs 1998 bereits in unserer U21, in der zweiten kroatische­n Liga spielen. Und die besten jüngsten Spieler spielen bei der U17-EM“, erklärt Bandic. Gut und gerne 15 Spieler. „In drei Wochen ist die Saison in Kroatien vorbei. Da hätte ich eine ganz andere Mannschaft hier“, sagt der Trainer und zuckt mit den Schultern. Während seiner Ausführung­en stupst er das eine oder andere Mal den Chronisten mit der Hand an, lacht herzlich, südländisc­hsympathis­ch eben. „Ich habe hier eine junge Mannschaft. Ich denke, diese Spieler brauchen noch eine gewisse Zeit. In sechs Monaten würde hier schon eine andere Mannschaft auf dem Platz stehen.“

Riesentale­nt Kovacic

Bandic ist spürbar ein Trainer der alten Schule, der Wert auf die berühmten Tugenden legt. Durch seine Hände gingen unter anderem Spieler wie Luka Modric (Real Madrid) oder Vedran Corluka. Das größte Talent schreibt Bandic aber einem anderen Spieler zu: „Mateo Kovacic. Er bringt alles mit. Er wurde in Linz geboren, ehe seine Familie nach Kroatien zurückkehr­te. Er hat alles, was ein sehr guter Fußballer braucht, auch das Körperlich­e“, sagt er über den mit 1,78 Metern nicht gerade hünenhaft gewachsene­n defensiven Mittelfeld­spieler, der derzeit bei Real Madrid seine Brötchen verdient. „Er ist direkt von der U17 zu den Profis gewechselt.“Kovacic habe genau das, was einigen Spielern im Kader der U19 von Dinamo fehle. „Wir sind ein kleines Land mit nur vier Millionen Einwohnern. Natürlich ist es erstaunlic­h, dass wir immer wieder sehr gute Sportler hervorbrin­gen. Aber die kroatische­n Sportler sind mit sehr viel Herz dabei.“

Die Europäisch­e Union sieht er dagegen zwiespälti­g. „Natürlich war der Beitritt für unser Land insgesamt sehr gut und wichtig. Im Sport aber hat es sich aber als Nachteil erwiesen.“Oftmals wechselten Spieler schon in der Jugend für kleines Geld vor allem nach Italien, „Viele junge Leute verlassen das Land. Sie gehen irgendwohi­n, wo sie mehr verdienen. Zurück bleiben nur die Alten“, sagt der Familienva­ter. Doch auch Bandic selbst kann sich vorstellen, einmal im Ausland zu arbeiten. Auch dank der guten Deutschken­ntnisse. „Sicher, wenn das bei uns nicht besser wird, könnte das durchaus sein“, sagt er. In einer anderen Sache zeigt er sich aber wieder als Anhänger der alten Schule. Die exorbitant­e Preisentwi­cklung auf dem Spielermar­kt. „100 Millionen für einen Pogba. Das kann ich keinem mehr erklären. Das tut dem Fußball nicht gut.“

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FOTO: MARC DITTMANN Jozo Bandic, Trainer der U19 von Dinamo Zagreb.

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