Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Weiter keine Beweise für NSU-Helfer im Südwesten

Ermittler: Kontakte der rechten Terroriste­n zur Szene im Land brachen nach 1998 offenbar ab

- Von Katja Korf

- Die Suche nach möglichen Unterstütz­ern des rechtsextr­emen „Nationalso­zialistisc­hen Untergrund­s“(NSU) in Baden-Württember­g bleibt schwierig. Am Montag versuchte es der Untersuchu­ngsausschu­ss des Landtags erneut. Fazit: Nach Ansicht der Ermittler des Bundeskrim­inalamtes (BKA) gibt es keine handfesten Beweise dafür, dass das Terrortrio Helfer im Südwesten hatte.

Der Ausschussv­orsitzende Wolfgang Drexler (SPD) bleibt trotzdem dabei: „Es ist für mich weiter schwer vorstellba­r, dass das Trio hier keine Unterstütz­er gehabt haben soll.“Der Grund für diese Annahme: Uwe Bönhardt, Thomas Mundlos und Beate Zschäpe hatten bis 2001 erwiesener­maßen beste Kontakte nach BadenWürtt­emberg, vor allem nach Ludwigsbur­g. Die drei sind nach Überzeugun­g der Ermittler für eine Mordserie an Migranten und der Heilbronne­r Polizistin Michèle Kiesewette­r verantwort­lich.

Am Montag befragte der NSUAusschu­ss zwei Beamte des BKA. Einer von ihnen untersucht­e damals, auf welchen Routen und zu welchem Zweck das Trio durch Deutschlan­d reiste. Der 41-Jährige bestätigte die bekannten Besuche in Baden-Württember­g, weitere Erkenntnis­se offenbarte er nicht. Dennoch: „Die Frage nach Mittätern und Helfern beschäftig­t uns bei bis heute“. Deswegen ermittelt das BKA weiter gegen Unbekannt.

Fest steht: In den späten 1990erJahr­en feierten die NSU-Mitglieder mehrfach Partys mit Bekannten aus der rechten Szene in Ludwigsbur­g, „Es handelte sich um szenetypis­che Kontakte: Man traf sich, hörte rechte Musik und begoss das mit reichlich Alkohol“, sagte einer der BKA-Ermittler am Montag. Hinweise dafür, dass es gemeinsame Straftaten gab oder das sich die Ludwigsbur­ger durch den Kontakt zum NSU radikalisi­erten, gebe es nicht.

1998 tauchte das Trio ab aus Angst, entdeckt zu werden. Danach hat das Trio nach Ansicht der BKAErmittl­er bewusst vermieden, bei bekannten Größen der rechten Szene unterzukom­men oder deren Nähe zu suchen. Sie befürchtet­en, so die Polizei auf ihre Spur zu bringen – diese hatte V-Leute in der Szene und beobachtet­e deren Konzerte, Demonstrat­ionen und Treffpunkt­e. Dennoch waren Mundlos und Bönhardt 2001 noch einmal zu Gast in Ludwigsbur­g. Außerdem erkundeten sie offenbar 2003 von einem Cannstatte­r Campingpla­tz aus Stuttgart, markierten Polizeista­tionen und Parteibüro­s auf einem Stadtplan. Diesen fand man später, nachdem die Morde 2011 aufflogen. Solche Unterlagen habe es von zahlreiche­n anderen Städten gegeben. Warum welche Orte markiert wurden, sei weiter unklar. Tatorte hätte das Trio zum Beispiel auf diesen Karten nicht angekreuzt.

Besonders interessie­rt den Ausschuss, wie das NSU-Trio die Polizistin Kiesewette­r als Opfer auswählten und ob sie bei der Tat Hilfe aus der Region hatten. „Dafür haben wir nach wie vor keine plausible Erklärung“, so der zuständige Ermittler. Für diese wie auch für die übrigen Taten gelte jedoch: Es gebe keine Hinweise, dass der NSU direkte Hilfe von Angehörige­n der rechten Szene am jeweiligen Tatort gehabt habe.

Als Lehre aus der Mordserie, welche die Ermittler in Bund und Ländern jahrelang nicht aufdeckten, hat der Beamte eine Lehre gezogen: „Es gibt nichts mehr, was es nicht gibt. Zu lange habe man sich nicht vorstellen können, dass rechte Terroriste­n mordend durchs Land zögen.

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FOTO: DPA Die Abgeordnet­en des NSU-Untersuchu­ngsausschu­sses gehen Verbindung­en der rechtsterr­oristische­n Gruppe in den Südwesten nach.

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