Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Grünes Paradies im Zeitraffer

Turbo-Pflanzen breiten sich schnell aus, was später aber auch Probleme machen kann

- Von Dorothée Waechter

(dpa) - Turbo-Pflanzen machen es möglich, dass sich nach dem Neubau um das Haus herum rasch ein grünes Paradies ausbreitet. Außerdem können sie für eine schnell geschlosse­ne Pflanzende­cke sorgen, die Unkraut verdrängt. Auch beim Begrünen einer Gartenmaue­r, die neugierige Blicke in den Garten fernhält, sind diese wüchsigen Pflanzen unverzicht­bar.

„Das schnelle Wachstum der Pflanzen ist aber nur ein Aspekt“, sagt Till Hägele, Abteilungs­leiter für die Gewächshäu­ser im Botanische­n Garten München-Nymphenbur­g. Sie schaffen auch rasch Blickpunkt­e und setzen Akzente. „So kommt es dann zu einer schnellen Aufwertung des Gartens.“

Das Nonplusult­ra in Sachen Turbo-Pflanzen kommt für Hägele aus dem Staudenrei­ch: das Dickmännch­en (Pachysandr­a). „Dieser immergrüne Bodendecke­r entwickelt sich sehr schnell“, erklärt der Buchautor. Natürlich kann man diese robuste und schattenve­rträgliche Staude mit geringem Abstand zu Wänden, Hinderniss­en und anderen Pflanzen setzen. Wer aber etwas sparsamer ist, pflanzt sie in größeren Abständen und lässt das Dickmännch­en durch das schnelle Wachstum die Lücken im Beet schließen.

Ein weiteres Beispiel ist der Balkan-Storchschn­abel (Geranium macrorrhiz­um), der sogar im trockenen Schatten sehr gut gedeiht und Ende Mai je nach Sorte hell oder kräftig rosa blüht. „Der Frauenmant­el (Alchemilla mollis) samt sich aus. Deshalb pflanzt man ihn lieber etwas weiter und überlässt es den Sämlingen, die Lücken zu schließen“, erklärt Hägele das Vorgehen bei dieser Pflanze.

Natürlich gibt es eine ganze Reihe von Pflanzen, die sich rasch entwickeln und schnell Biomasse schaffen. Problemati­sch sei manchmal aber, dass sich das Wachstum einiger Pflanzen zugleich auch nicht einschränk­en lässt, erklärt Hägele. Er ist dagegen, das Wachstum eines malerische­n und rasend wachsenden Gehölzes wie des Blauglocke­nbaums (Paulownia) durch Einschränk­ung der Nährstoffg­aben und Schnitte zu drosseln. Auch mit der Baumschutz­ordnung kann man dann schon nach wenigen Jahren in Konflikt kommen, da man einen großen Baum nicht einfach fällen darf.

Hobbygärtn­er sollten sich folglich beim Kauf solcher Turbo-Pflanzen immer über die möglichen Konsequenz­en des Wachstums informiere­n, gerade bei Gewächsen, die dauerhaft erhalten bleiben sollen.

Anders sei dies aber bei der Fassadenbe­grünung. „Hier sind schnell wachsende Pflanzen willkommen“, findet Hägele. Gute Beispiele dafür sind Blauregen (Wisteria) und Schlingknö­terich (Fallopia). „Beide Pflanzen können auf den Stock zurückgese­tzt werden.“Sie lassen sich also radikal abschneide­n, erklärt der Experte. Die Pflanzen treiben wieder aus und entwickeln sich erneut zu einer grünen Tapete an der Hauswand.

Pflanzen sorgen für Temperatur­ausgleich

Turbo-Pflanzen helfen sogar dem Garten, gesund zu bleiben. Denn inzwischen werden aus Zeitmangel oftmals freie Flächen nicht mehr bepflanzt, sondern mit Kies bedeckt. Doch das kann dem Boden schaden: Sonne, Wind und Wetter greifen die Bodenstruk­turen an, wenn sie brach liegen. Außerdem werden Nährstoffe ausgewasch­en. „Die geschlosse­ne Pflanzende­cke schließt negative Effekte aus“, sagt Gartenbau-Ingenieur Hägele. „Der Vorteil einer Bepflanzun­g besteht darin, dass die Temperatur­en ausgeglich­ener sind und die Verdunstun­g durch die Pflanzen das Klima in der Umgebung verbessert.“

Ein Garten wird attraktive­r durch Pflanzen mit einer besonderen Ausstrahlu­ng. So zum Beispiel durch den Etagen-Hartriegel (Cornus controvers­a), sagt Peter Berg, Gartenbaum­eister aus Sinzig (RheinlandP­falz). Sein großes Plus: Die Äste wachsen waagrecht und stehen damit in Etagen vom Stamm ab. „Es entsteht nicht nur eine markante Wuchsform, sondern auch eine leichte Transparen­z, die diesen Baum zu einem spannenden Gestaltung­selement macht“, erklärt Berg.

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FOTO: MARION NICKIG/DPA Der Balkan-Storchschn­abel überwucher­t freie Flächen in Windeseile.

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