Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Patrice Epale Otto wechselt in die U21
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OSTRACH - Auch im 47. Jahr des Internationalen U19-Juniorenfußballturniers um den Yokohama-Cup hat es noch echte Neuerungen gegeben. Zum einen fand das Turnier erstmals nicht an Pfingsten statt - und wird es wohl auch nicht so schnell wieder und zum anderen siegte erstmals
Hannover 96, oder wie der Verein eigentlich richtig heißt: Hannoverscher Sportverein von 1896. „Sie können gerne das Turnier gewinnen, wenn der VfB Stuttgart drei Punkte holt“, hatte Ostrachs Bürgermeister
Christoph Schulz am Freitagabend beim Empfang für die Vereine im Reinhold-Frank-Schulzentrum orakelt, und sollte wenigstens mit dem Triumph des „kleinen HSV“im Buchbühl Recht behalten.
„Über alle Tage gesehen war unser ● Sieg schon verdient“, meinte Michael Bauer, Mitarbeiter der sportlichen Leitung und Koordinator des Scoutingbereichs der „Sechsundneunziger“. „Natürlich haben die Spieler die dreitägige Belastung gemerkt, die waren in der zweiten Halbzeit physisch ziemlich fertig. Aber wir hatten auch ein bisschen Glück und einen super Torwart, der einige Dinger rausgeholt hat.“Bauer sprach vor allem einen Schuss aus der Drehung von kurz vor Schluss von Thomas
Stowasser an, den Marlon Sindermann aus dem Winkel gekratzt hatte. „Natürlich müssen wir einen unserer zwei, drei Konter sauberer ausspielen.“Michael Bauer lobte das Turnier. „Insgesamt ist das ein tolles Turnier, mit tollen, super engagierten Menschen. Die Mannschaften haben hier drei Tage sehr guten Fußball gespielt. Wir kommen im nächsten Jahr als Titelverteidiger wieder sehr gerne hierher, auch wenn die Reise für uns natürlich schon sehr weit ist“, meinte Bauer. „Ich habe gerade erfahren, dass es den bis dato letzten deutschen Sieger 2009 gab und wir letztmals 2008 im Finale standen.“ Auch Hannovers Trainer und ExProfi Christoph Dabrowski (Bremen, Bielefeld, Hannover, Bochum; vier Einsätze im Team 2006), der seit kurzem seine Fußballlehrerlizenz besitzt, meinte: „Ich denke, wir waren hier schwer zu schlagen. Augsburg hat in der zweiten Halbzeit sehr viel Druck gemacht, gekämpft, hatte einige gute Chancen, aber wir sind in der Defensive eigentlich sehr gut gestanden. Anders sieht es bei den Kontern aus. Da arbeiten wir daran.“Für die U19 von Hannover 96 war der Yokohama-Cup eine Zwischenstation, quasi ein Trainingslager unter Wettkampfbedingungen. „Wir haben in der kommenden Woche noch ein wichtiges Spiel mit dem Pokalfinale am 25. Mai gegen Wolfsburg. Danach haben die Spieler Urlaub und am 4. Juli steigen wir in die Vorbereitung zur neuen Saison ein.“Dann trifft Dabrowski auf einen veränderten Kader. „Neun Spieler rücken in den Kader der U21 auf, sieben bleiben bei uns, dazu rücken einige sehr gute Spieler aus der U17 nach.“
Patrice Epale Otto, 1,73 Meter großer, 19 Jahre alter offensiver Mittelfeldspieler, gehört zu den neun Spielern, die in der kommenden Saison ihr Glück in der U21 versuchen. „Die U21 genießt bei uns sehr hohe Priorität“, entgegnete Dabrowski den Einwand, dass einige Bundesligisten ihre U21 abschafften. „Patrice ist ein Spieler, der von seiner individuellen Qualität lebt, der seinen Weg in der U21 gehen wird. Seine Art und Weise ist auffällig, aber eben auch manchmal etwas unkonventionell. Deshalb darf man ihn in kein allzu strenges taktisches Konzept pressen“, lobte Dabrowski Otto, der seit der U17 für Hannover 96 spielt. Der Spieler selbst zeigte sich glücklich darüber, dass die Wahl des besten Spielers auf ihn gefallen war. „Im Finale haben wir alles gegeben, auch wenn wir schon ganz schön platt waren“, sagte er, als er auf der Auswechselbank im Buchbühl Platz genommen hatte. „Das Finale war schon ganz schön eng. Jetzt freue ich mich erst mal auf Urlaub, bevor es in der U21 weitergeht.“ Darauf freut sich auch Andreas ●
Haidl, Trainer des Finalisten FC Augsburg. „Die Spieler haben jetzt erst mal sechs Wochen fußballfrei. Zwei Wochen lang machen sie gar nichts, vier Wochen trainieren sie danach individuell.“Auf Haidl selbst und seinen Trainerstab wartet in den kommenden Wochen noch Arbeit. „Wir bereiten die Saison nach und die neue vor. Dazu konferieren wir mit unserer Scoutingabteilung und überlegen, wen wir extern noch haben wollen.“Im Großen und Ganzen bleibt der Kader aber beisammen. „Die Jahrgänge 1998 und 1999 übernehmen wir komplett, die 1998’er gehen in die U23, 1999 bleibt bei uns. Wir versuchen immer die kompletten Kader zu übernehmen, auch um ein Zusammengehörigkeitsgefühl zu entwickeln. Das ist unsere Chance. Da ist nicht so wichtig, dass dem einen oder anderen vielleicht etwas Qualität fehlt. Wir wollen mit eigenen Jungen spielen, die diese Mentalität auch auf den Platz bringen“, sagte Haidl. Fußballpause ist bis 26. Juni. Dann geht es auch in Augsburg wieder los. „Ostrach war ein tolles Turnier. Wir kommen gerne wieder, wenn wir eingeladen werden“, sagte Haidl und wurde danach darüber aufgeklärt, dass die beiden Finalisten im Jahr danach ohnehin wieder „qualifiziert“sind. „Das ist umso besser“, so Haidl.
Eine Umbesetzung gab es in Sachen ● Stargast. Kurz vor Beginn des Yohohama-Cups hatte - wegen einer beruflichen Verpflichtung - Ex-FifaSchiedsrichter Knut Kircher abgesagt. Doch Ersatz war mit Helgi Kolvidsson, in Ostrach lebender CoTrainer der isländischen Nationalmannschaft, schnell gefunden. Gewohnt locker-sympathisch plauderte der „Wikinger“und unterhielt das Publikum im Festzelt. Kolvidsson zählte seine Gründe für das Hoch des isländischen Fußballhochs auf (Fördersystem, Fußballhallen), gab einen Einblick in seine eigene Arbeit und erzählte, dass der Verband gerade dabei sei, ein Quartier für die WM zu finden. „Der Verband hat 90 Angebote erhalten, fünf haben wir uns angeschaut“, erzählte Kolvidsson, gerade von der Russland-Reise zurückgekehrt, „darunter ein Quartier am Schwarzen Meer. Sehr schön.“Kolvidsson berichtete von der isländischen Fußballeuphorie. „Aber während der EM haben wir das gar nicht so mitbekommen. Erst danach, als wir die Bilder und Filme gesehen haben“; erzählte aber auch von der gewachsenen Erwartungshaltung bei den 300 000 Isländern. „Nein, Vereinstrainer, das kann ich mir derzeit nicht vorstellen“, meinte Kolvidsson. „Denn ein neues Engagement bei einem Verein würde wahrscheinlich einen Umzug mit sich bringen“, gestand Kolvidsson ein, die neuen Annehmlichkeiten zu schätzen. „Und zur Spielbeobachtung musst du am Wochenende fast nicht vor die Tür. Das machst du eigentlich zum großen Teil von zu Hause aus.“