Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Je größer die Aufgabe ...
Zum Viertelfinaleinzug braucht die Eishockey-Auswahl einen Sieg – und Philipp Grubauer
- Lettland. Wieder Lettland. Philipp Grubauer ist keiner, der im Gestern lebt. Ein gutes Omen vielleicht, dieses 3:2 bei der Weltmeisterschaft 2014 in Minsk: 19 gehaltene Schüsse! 26 gar waren es beim 3:2 (noch eines!) vergangenen September in Riga, dem letzten, entscheidenden Schritt der Eishockey-Nationalmannschaft zu Olympia in Pyeongchang. Wenn Philipp Grubauer heute (20.15 Uhr/Sport1) sein 14. Länderspiel absolviert, sind es erneut die Stürmer aus dem Baltikum, denen er sich gegenübersieht. Und wieder geht es um viel. Sehr viel: Es braucht einen Sieg, will Deutschland bei der HeimWM in Köln im Rennen bleiben. Viertelfinale oder Zuschauerrolle. Das, sagt der Torwart aus Rosenheim, ist keine Sache Lettland-Historie. „Das ist ein Spiel sieben.“
Mit „best of seven“-Serien kennt sich aus, wer seit neun Jahren in Kanada und den USA hält. Mit 16 schon hatte Philipp Grubauer den Sprung nach Übersee gewagt. Erste Station: die Belleville Blues. „Es war kein so großer Schritt, wie ich es mir vorgestellt hatte“, wird er bald sagen. „Das einzig Schlimme war die Umstellung vom bayerischen auf das kanadische Essen, der Schweinsbraten fehlt mir immer noch.“Das Bodenständige ist ihm geblieben, im positivsten Sinn; Philipp Grubauer hat keine Allüren. Philipp Grubauer hat 68 Spiele in der National Hockey League. Alle für die Washington Capitals, die sich im NHL-Entry-Draft 2010 die Transferrechte an ihm gesichert hatten – in der vierten Runde, Position 112.
Sturm: „Er soll der sein, der er ist“
„Ruhig, unaufgeregt, starkes Positionsspiel, flinke Beine, schnelle Fanghand“– so schildern einschlägige Scouting-Reports Philipp Grubauers Torwartspiel. So soll der 25-Jährige möglichst auch gegen Lettland seinen Job tun. Dafür hat Bundestrainer Marco Sturm ihn nachgemeldet, als Thomas Greiss’ Unpässlichkeit andauerte: „Ich erwarte, dass er genau der ,Grubi‘ ist, den wir kennen – nichts anderes. Er ist ein guter Torhüter. Das wissen wir, das weiß er selber. Er soll einfach der Spieler sein, der er ist.“
Der Spieler, der Philipp Grubauer ist, hat in dieser Saison vieles richtig gemacht. Wenn er denn eingesetzt wurde: Philipp Grubauers Problem in Washington heißt Braden Holtby. Der Nummer-1-Schlussmann der Capitals gehört zu den Besten seines Fachs, bei Trainer Barry Trotz ist er deshalb gesetzt. 24-mal bekam Philipp Grubauer (s)eine Chance, war immer bereit und oft genug hervorragend. Eine Sache der Einstellung: „Die Leistung ist das Einzige, was ich kontrollieren kann. Es liegt nicht in meiner Macht, wie oft ich spiele.“Wohl aber – so der Gedanke –, „wie ich spiele“. Konsequenz, die auch eine Back-up-Depression verhindert: „Einfach jeden Tag hart trainieren, dann wird man besser.“
Am Sonntag in Köln hatte das Training noch andere Effekte: Der Flug musste aus den Knochen, das Gefühl wiedergewonnen werden. Für NichtNHL-Dimensionen. „Die Winkel sind anders, das Eis ist größer.“Patrick Dallaire, kanadischer Torwarttrainer in Marco Sturms Stab, hat da so seine Methoden für ein zielführendes Soloprogramm ... Und Philipp Grubauer hat seine Vorfreude: aufs Training anderntags mit dem kompletten Team, auf die Herausforderung Lettland. „Ich bin bereit, dafür bin ich ja da.“
Da ist auch die geringe Spielpraxis zuletzt in den Play-offs kein Hemmnis. 18:34 Minuten nur waren es – im zweiten Duell mit den Pittsburgh Penguins. Einem von sieben. „Oft spielt er wochenlang nicht, dann wird er ins kalte Wasser geworfen“, sagt Marco Sturm. Und weiß: Philipp Grubauer schwimmt prima.
Es ist diese Qualität, die Olaf Kölzig, dem ehemaligen deutschen Torhüter der Capitals (später ihr „Goaltending Coach“), früh aufgefallen war: „Je größer die Aufgabe, desto besser spielt Philipp.“Es ist diese Qualität, die Philipp Grubauer auf ein neues Engagement hoffen lässt. Als Stammkraft. Das Zeug dazu hat er, sein Vertrag läuft aus. In Las Vegas wird es ein neues NHL-Team geben, die Golden Knights. Spekuliert wird. Heftig. Zukunftsmusik. Doch Philipp Grubauer will nicht im Morgen leben. Jetzt nicht. Das Heute heißt Lettland. Eishockey-Bundestrainer Marco Sturm hat die
von Nationaltorwart Thomas Greiss nach dem Wirbel um dessen Instagram-Like zu einem Hitler-Vergleich begrüßt. „Es ist gut so. Er weiß im Nachhinein, dass er es nicht hätte machen sollen“, sagte Sturm am Montag. Greiss’ NHL-Club New York Islanders hatte zuvor eine Erklärung des 31-Jährigen veröffentlicht. „Ich entschuldige mich dafür, dass ich mit einigen Posts aus meiner Timeline interagiert habe, mit denen dies falsch war“, wurde Greiss dort zitiert. „Diese Posts zu liken, war ein Fehler, und ich entschuldige mich noch einmal in aller Form.“