Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Familie verzichtete auf Schwimmwesten
Am Tag nach dem tödlichen Unfall auf dem Illmensee steht die 2000-Einwohner-Gemeinde noch immer unter Schock
- Nach dem tödlichen Bootsunfall auf dem Illmensee am Sonntagmittag hat die Staatsanwaltschaft Hechingen ein Todesfallermittlungsverfahren eingeleitet. Demnach deutet zurzeit alles darauf hin, dass für das Paar und seine drei Kinder am Bootsverleih Schwimmwesten bereit hingen – von denen die Familie allerdings keinen Gebrauch machte. Unklar ist weiterhin, warum der 25-Jährige aus Tuttlingen bei dem Unglück sein Leben verlor.
Vater und Mutter waren am Sonntag gemeinsam mit den anderthalb, drei und fünf Jahre alten Kindern mit einem Tretboot auf den Illmensee hinausgefahren. Etwa 100 Meter vom Ufer entfernt fiel der dreijährige Junge in den See. Der Vater sprang hinterher und rettete das Kind zusammen mit einem herbeigeschwommenen Helfer. Allerdings ging der 25-Jährige selbst im Wasser unter. Taucher bargen ihn etwa 40 Minuten später. Auf dem Weg ins Krankenhaus starb der Tuttlinger, sein dreijähriger Sohn blieb unverletzt.
„Nach einer ersten Beurteilung liegen keine Anhaltspunkte für ein Fremdverschulden vor“, sagte Markus Engel, Sprecher der Staatsanwaltschaft Hechingen, der „Schwäbischen Zeitung“. So sei es den Nutzern des Bootes selbst überlassen, ob sie Schwimmwesten nutzen oder nicht. Darüber hinaus sei das Boot auch für die entsprechende Personenzahl ausgelegt gewesen. Ob der Leichnam des 25-jährigen Mannes obduziert werde, hänge von den weiteren Ermittlungen ab.
Die Gemeinde Illmensee steht am Tag nach dem Unglück noch immer unter Schock. „Es lässt niemanden zur Ruhe kommen, die Stimmung ist sehr gedrückt“, sagt Bürgermeister Jürgen Hoffmann. „Was passiert ist, schlägt sich auf das Gemüt der Bürgerschaft nieder.“In Hoffmanns eigene Trauer mischt sich aber auch Wut: Etliche Schaulustige hätten die Rettungsmaßnahmen erschwert, berichtet er. Sie hätten den Rettungshubschrauber fotografiert, Fahrzeuge bestaunt und versucht, an Informationen zu gelangen. „Die haben den Einsatzkräften fast über die Schulter schauen wollen“, sagt Hoffmann. „Ich finde es furchtbar, dass die Lebensrettung zugunsten der Informationsgewinnung in den Hintergrund gedrängt wird.“
Bei den Rettungsmaßnahmen mit dabei – wenn auch nicht offiziell im Einsatz – war unter anderem Sven Stolz, Vorsitzender der Ortsgruppe Illmensee der Deutschen LebensRettungs-Gesellschaft (DLRG). Ein Mann aus der Ortsgruppe sei mit dem ertrunkenen Familienvater befreundet gewesen, berichtet er.
Rätseln über die Todesursache
Die Rettungsschwimmer treibt die Frage um, warum der 25-jährige Mann ums Leben kam. „Immer wieder haben wir das diskutiert, auch mit einer befreundeten Ärztin. Wir können uns keinen Reim darauf machen“, sagt Stolz. So sei das Wasser mit etwa 18 Grad nicht besonders kalt gewesen. Zudem sei der 25-Jährige lediglich mit einer Hose und einem T-Shirt bekleidet gewesen und in unmittelbarer Nähe des Tretbootes untergegangen. „Vielleicht war er so voller Adrenalin, dass er einen Blackout bekommen hat.“
Auch in der Grundschule war das Unglück am Montag das beherrschende Thema. „Auch wenn sie keine konkreten Fragen hatten: Wir haben gemerkt, dass die Kinder darüber reden wollen – alle haben das mitbekommen“, sagt Rektorin Sabine Fausel. Die Lehrer hätten die Gelegenheit genutzt und auf mögliche Gefahren hingewiesen. „Außerdem haben wir besprochen, wie man Hilfe holt“, sagt Fausel. Dritt- und Viertklässler hätten zufällig ohnehin Besuch vom Roten Kreuz bekommen. Das will zurzeit eine Jugendgruppe ins Leben rufen. „Viele können sich jetzt vorstellen, da mitzumachen.“