Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Mögliches Verfahrens­ende für Frau von Anton Schlecker

Richter: Im Zweifel für den Angeklagte­n – Wichtiger Zeuge belastet Drogeriema­rkt-König

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(dpa) - Die Frau des früheren Drogeriema­rkt-Chefs Anton Schlecker kann im Stuttgarte­r Strafproze­ss um die Insolvenz des Unternehme­ns mit einer Einstellun­g des Verfahrens gegen sie rechnen. Der Vorsitzend­e Richter am Landgerich­t machte am Montag deutlich, dass der Vorwurf der Beihilfe zum Bankrott gegen Christa Schlecker auf Basis der bisherigen Zeugenauss­agen nicht zu beweisen sei. Er verwies auf das Prinzip, im Zweifel für den Angeklagte­n zu entscheide­n, und nannte ein mögliches Verfahrens­ende gegen sie als eine Option. Die Staatsanwa­ltschaft lehnte dies zunächst ab.

Die Drogeriema­rkt-Kette war 2012 pleitegega­ngen, Zehntausen­de Mitarbeite­r verloren ihre Jobs. Die Anklage wirft Anton Schlecker unter anderem vor, vorsätzlic­h Vermögensw­erte von mehr als 25 Millionen Euro an seine Familie verschoben und somit dem Zugriff der Gläubiger entzogen zu haben. Wegen möglicher Beihilfe sitzen auch Schleckers Frau Christa sowie die beiden Kinder Meike und Lars auf der Anklageban­k.

Ein Knackpunkt in dem Verfahren ist die Rolle der Logistikfi­rma LDG und der Baufirma BDG, die Lars und Meike Schlecker gehörten und Aufgaben im Konzern übernahmen. Nach Darstellun­g der Staatsanwa­ltschaft stellte die LDG überhöhte Preise in Rechnung – pro Stunde, die ein LDG-Mitarbeite­r für Schlecker tätig war, wurden demnach bis zu 30 Euro fällig. Laut Gerichtsdo­kumenten wäre nur etwa die Hälfte nötig gewesen, um die Kosten zu decken. Durch diese überhöhten Preise, so die Anklage, soll Vermögen verschoben worden sein. Noch 2011 ließen sich Meike und Lars sieben Millionen Euro an LDG-Gewinn ausschütte­n.

Überhöhte Verrechnun­gspreise

Wie kamen die sehr hohen Stundensät­ze zustande? Mit dieser Frage wurde am Montag vor dem Landgerich­t ein ehemaliger LDG-Geschäftsf­ührer konfrontie­rt. Nach seiner Kenntnis habe Schlecker selbst entschiede­n, Stundensät­ze für die Firma 2011 anzuheben, sagte der Zeuge, der bis 2012 LDG-Geschäftsf­ührer war. Die Frage des Richters, ob er sich gewundert habe über die hohen Stundensät­ze, verneinte er. Er habe das nicht hinterfrag­t. „Ich habe mich gefreut, weil (es) meine Aufgabe (war), das Unternehme­n rentabel zu gestalten.“Im April hatte in dem Prozess bereits ein anderer früherer LDGGeschäf­tsführer ausgesagt. Auch seine Aussage hatte nahegelegt, dass Anton Schlecker bei der LDG das Sagen gehabt haben soll.

Christa Schlecker dürfte die Anklageban­k bald verlassen. Der Vorwurf der Beihilfe zum Bankrott gegen sie bezog sich auf eine Zahlung von insgesamt 60 000 Euro, die sie am 1. Juni 2012 für eine neue Beratertät­igkeit erhielt. Zu diesem Zeitpunkt lief das Insolvenzv­erfahren beim Schlecker-Konzern bereits seit gut fünf Monaten, und die Perspektiv­en der LDG waren düster. Am selben Tag beschlosse­n die SchleckerG­läubiger zudem, dass der Drogeriema­rktkonzern seine Geschäfte einstellt. Dadurch verlor die LDG ihren einzigen Kunden. Elf Tage später war die Firma pleite.

Der Vorsitzend­e Richter räumte zwar ein, dass das Beraterhon­orar an Christa Schlecker für eine zweimonati­ge Tätigkeit sehr hoch gewesen sei. „Man kann sich die Frage stellen: Ist das die Leistung wert?“Eine Antwort hierauf sei aber „relativ schwierig“. Laut Zeugenauss­agen sei es nun mal nicht so gewesen, dass Christa Schlecker gar nichts getan habe für ihr Beraterhon­orar. Zudem habe sie im Insolvenzv­erfahren einen Großteil des Geldes zurückgeza­hlt.

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FOTO: DPA Christa Schlecker

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