Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Beseelte und gelebte Musizierkunst
Verena Stei (Cello) und Martina Wolf (Klavier) brillierten im Goldenen Saal Bad Buchau
- Zwei große Sonaten in klassisch klarer Formsprache verbanden Verena Stei (Cello) und Martina Wolf am Flügel im Goldenen Saal Bad Buchau mit zwei miniaturähnlichen Kostbarkeiten zu einem Konzertabend auf höchstem Niveau. Den beiden Künstlerinnen beim Musizieren zuzuschauen und ihrer Musizierkunst zu lauschen, war für die vielen Zuhörer viel mehr als nur ein erbaulicher Abend.
Mit melodisch und interpretatorisch weichen Klängen eröffneten Verena Stei und Martina Wolf ihr abendliches Konzert. Zwei Jahre vor seinem Tod schrieb Felix Mendelssohn-Bartholdy das vorgestellte „Lied ohne Worte“für Cello und Klavier. Wohl im Rückblick auf sein Leben wandelten sich romantisch anmutende Klänge in konzentriert angespannte Phasen, die in flottem Tempo die Wandlungsfähigkeit der beiden Interpretinnen zeigten. Doch nach aller Dramatik überstrahlte ein zart ausschwingendes Motiv das anspruchsvolle Geschehen, um in feinsinnigem Piano den Bogen zum Beginn des Werkes zu schließen.
Konzertant und kraftvoll beginnt Johannes Brahms seine 1886 komponierte Sonate Nr. 2. Helle Läufe im Klavier gewinnen an Intensität, dunkle Passagen im Cello steigen in die Höhe, sodass beide Künstlerinnen mit technischem Können und farbenreicher Interpretation dem Allegro vivace klare Konturen verleihen. Exakte mit Leben erfüllte Akkorde und virtuos perlende Läufe der Pianistin verschmolzen mit ebenso vitaler Musizierfreude der Cellistin zu bedeutsamer Einheit. Mit duftigem Pizzikato im Cello zu liebenswerten Motiven im Klavier beginnt das „Adagio affettuoso“als Oase der melodischen Seligkeit, um genussvoll den Tönen und dem Musizieren lauschen zu können. Trotz kurzen Aufbäumens behält Brahms die behutsame Grundstimmung bei als Gegensatz zum nachfolgenden recht umfangreichen „Allegro passionato“. Hier schwelgte das spürbar verinnerlicht aufeinander eingespielte Duo in seiner musikalischen Leidenschaft mit kurzgefassten, kraftvollen, oft aufsteigenden Passagen und exakten Ecktönen. Dennoch gab es auch lyrische Momente, die leicht entspannt zu einer bekannten Melodie als Allegro molto überleiteten, das mit einem Text „ergeben für Volk und Vaterland“in Verbindung gebracht wird. Ein rauschendes Finale beendete dieses grandiose Werk in überwältigender Wiedergabe.
Im zweiten Teil des von Verena Stei detailliert moderierten Konzerts wurden die Zuhörer in die musikalische Sprache des 20. Jahrhunderts geführt. Hochkonzentriert interpretierten die beiden Künstlerinnen „Drei kleine Stücke für Cello und Klavier“von Anton Webern als kostbare Miniaturen, die er 1914 geschrieben hat und die eine Gesamtlänge von insgesamt knapp zwei Minuten beanspruchen. Ob bei „Mäßige Achtel“, bei „Sehr bewegt“oder bei „Äußerst ruhig“mit seiner Kunst der hohen Flageoletttöne auf dem Cello – in jedem Ton sollte nach dem Willen des Komponisten die ganze Welt zum Ausdruck kommen. Das bisher tonale System wird aufgelöst, die knisternd angespannte Aufmerksamkeit bei den Zuhörern war greifbar bei diesem Eintauchen in für viele ganz neuartige Klangwelten.
Hüpfend und melodisch
Ganz anders, wenngleich in derselben Epoche 1948 komponiert, beginnt Francis Poulenc in Paris seine „Sonate pour violoncelle et piano“mit einem heiteren Allegro im „Tempo di Marcia“. Die Sonate in vier Sätzen ist im kompositiorischen Aufbau der Tradition verhaftet, dennoch will Poulenc mit seinen präzisen Satzbezeichnungen die Zuhörer unterhalten, auch provozieren, ohne sich selbst als Komponist allzu wichtig zu nehmen. Auf den froh beschwingten, fast clownhaft angelegten Eingangssatz folgte „trés calme“eine sehr empfindsam vorgestellte Cavatine. Warme ausdrucksvolle Passagen im Cello vereinten sich mit fast schwerelosen Läufen der Pianistin und exakten Akkorden zu verinnerlichter Musizierkunst voll Gespür und transparenter Vielfalt. Auf „Ballabile“, sprühend vor pulsierender Lebensfreude, folgte ein inhaltlich überraschendes Finale: kraftvoll beginnend in breitem Largo, burschikos hüpfend, melodisch und rhythmisch variiert in heiterem Presto dahineilend.
Verena Stei und Martina Wolf zuzusehen und zuzuhören, bedeutete für alle Freunde der gepflegten Kammermusik in passendem Ambiente wie dem Goldenen Saal eine genussreiche Begegnung auf künstlerisch hohem Niveau, vom Publikum mit anhaltenden Ovationen im Stehen gefeiert.