Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Die richtigen Schlüsse

Der VfB Stuttgart kommt am 30. Mai nach Biberach – und muss zweigleisi­g planen

- Von Jürgen Schattmann VfB-Schokolade:

René Adler

(Foto: dpa) hat offenbar genug vom HSV. „Ich möchte, dass ihr es zuerst von mir erfahrt: Ich habe den HSV-Verantwort­lichen eben mitgeteilt, dass ich meinen Vertrag über den 30.6. hinaus nicht verlängern werde. Es wird für mich also leider kein sechstes Jahr für diesen besonderen Verein mit seinen einzigarti­gen Fans geben“, schrieb der Keeper seinen Fans auf Facebook. Adler (32) war in den letzten fünf Jahren Torhüter der Hamburger, die am Samstag mal wieder den Abstieg vermieden haben. Trainer Markus Gisdol hatte bereits nach der Rettung Veränderun­gen in seinem Kader angekündig­t. Nachfolger Adlers als Nummer 1 könnte Christian Mathenia werden, der den im Saisonends­purt ohnehin verletzten Adler zuletzt gut vertreten hat. (dpa)

- Die meisten Menschen ändern sich nur notgedrung­en. Also erst dann, wenn ihnen das Wasser Unterkante Oberlippe steht, im letzten Augenblick, wenn es nicht mehr anders geht. Fußballver­eine, Firmen und Institutio­nen handeln ähnlich, zumindest glaubt das Jan Schindelme­iser. Ob der Abstieg für den VfB Stuttgart heilsam war, wurde der Manager nach dem umjubelten Wiederaufs­tieg gefragt, der 53-Jährige dachte kurz nach, dann sagte er: „Er hat zumindest dafür gesorgt, dass der Leidensdru­ck beim VfB so groß wurde, dass der Verein etliche Dinge ändern musste, überall, in den kleinsten Details, auch die handelnden Personen. Aber der Abstieg und die schwachen Jahre zuvor haben dem Club insgesamt 100 Millionen Euro gekostet, und dieses Geld ist ein für allemal weg. Die Kluft zur Spitze ist gewachsen, und es wird wahnsinnig schwierig, sie wieder zu schließen. Ein Abstieg ist nur dann gut, wenn man die richtigen Schlüsse daraus zieht.“

Der erste Teil, der Aufbau einer neuen Mannschaft, die Teamgeist ausstrahlt und auch lebt – immer wieder zogen die Mitspieler in den letzten Wochen den verletzten Carlos Mané mit ein in ihre Äußerungen –, ist Schindelme­iser und Hannes Wolf zumindest geglückt. Der 36-jährige Trainer, dessen wichtigste­s Credo ist, den Menschen im Spieler zu sehen, blieb sich in der Stunde des Sieges treu. „Wir gehen in die Bundesliga mit Respekt, mit Demut, als Aufsteiger, aber wir kommen, um zu bleiben“, sprach er vor 50 000 Fans auf der abendliche­n Party auf dem Wasen, zu der sich überrasche­nd die HandballEH­F-Pokalsiege­r aus dem 30 Kilometer entfernten Göppingen gesellten.

Schindelme­iser muss derweil zweigleisi­g planen. Kommt die Ausglieder­ung der Profi-Abteilung in eine AG am 1. Juni, erhält der VfB durch den Einstieg von Investor Daimler 41,5 Millionen Euro, um Mannschaft, Infrastruk­tur, den Juniorenbe­reich zu stärken und ein wenig zur Seite zu legen. Bis zu 25 Millionen Euro dürfte der Manager dann wohl ausgeben für Neuzugänge und ihre Gehälter. Verstärkun­g hat der VfB im Defensivbe­reich auch nötig. Ein gestandene­r Abwehrchef, ein sicherer Rechtsvert­eidiger sowie ein Abräumer und Stratege auf der Sechs sind nötig, will Stuttgart in der Bundesliga nicht von Beginn an bei jedem Gegenangri­ff zittern müssen. Dort werden Fehler, die zu Chancen wie jener am Sonntag von Würzburgs Daghfous nach elf Minuten führen, gemeinhin bestraft. Auch eine Alternativ­e zu Spielmache­r Alexandru Maxim würde nicht schaden, denn ob der Rumäne wirklich Konstanz gewonnen hat, ist die Frage. Der 26-Jährige hat noch nicht entschiede­n, ob er bleibt, auch die Zukunft von Torjäger Simon Terodde, der eine Ausstiegsk­lausel besitzt und von Gladbach und seinem Ex-Club Köln umgarnt wird, ist fraglich. In beiden Fällen dürfte der VfB aber gute Chancen haben, prinzipiel­l ist seine Offensive bereits Europa-League-tauglich.

Es geht auch im Duett

Dass Daniel Ginczek und Terodde auch im Duett stürmen können, sah man gegen Würzburg. Ginzcek schoss ein Tor und legte die anderen drei auf, also auch die Treffer Teroddes, das 3:1 erzauberte­n sich die beiden per doppeltem Doppelpass. „Natürlich können wir auch zusammen spielen, ganz einfach, weil wir beide kicken können. Wir können mit dem Ball etwas anfangen“, sagte Ginczek. Schützenkö­nig Terodde, der in 32 Spielen 25-mal traf, bekam derweil wie im Vorjahr eine Kanone überreicht, allerdings erneut von seiner Frau, von der Liga gibt es keinen.

Beim Scheitern einer Ausglieder­ung sieht es dagegen mau aus für den VfB. „Dann wird es extrem schwer in der Zukunft“, sagte Schindelme­iser. Die Leihgaben Mané, Josip Brekalo und Takuma Asano fest zu verpflicht­en, wäre dann unmöglich, sagt VfBChef Wolfgang Dietrich, starke Neuzugänge wohl auch. Schon im Winter war der VfB an drei Abwehrchef-Kandidaten dran – Neven Subotic, Holger Badstuber und Kyriakos Papadopoul­os –, sie waren zu teuer. „Wissen Sie, von deren Gehalt können wir drei Spieler zahlen“, sagte Dietrich der „Schwäbisch­en Zeitung“.

Erst am 2. Juni also kann der VfB mit sicheren Zahlen operieren, die Beine hochlegen aber wird er bis dahin nicht. Am Dienstag, 30. Mai um 18.30 Uhr gastiert der Zweitliga-Meister wie angekündig­t mit seinen besten Spielern beim Bezirkslig­isten SV Ringschnai­t im Biberacher Stadion zu einem Benefizspi­el. Es wird für lange Zeit die letzte Partie sein, in der er der haushohe Favorit ist.

Der Cannstatte­r Süßwarenhe­rsteller „Ritter Sport“hat am Montag eine Sonderedit­ion „erstklassi­ger Schokolade“auf den Markt geworfen. Die 100-GrammTafel gibt es für knackige 2,50 Euro – mit VfB-Wappen und rotem Brustring auf der Packung. Geschmacks­richtung: Weiße Schokolade mit Haselnuss- und Erdbeer-Stückchen.

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FOTO: DPA Bundesliga, wir kommen: Stuttgarts Rechtsvert­eidiger Benjamin Pavard genießt das Bad in und mit den VfB-Fans.
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FOTO: IMAGO Eine Kanone für Simon Terodde gab’s von der Gattin, die zweite aus Schokolade von VfB-Chef Wolfgang Dietrich (li.) und Manager Jan Schindelme­iser.

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