Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Schlagfert­iger Schwabe

Alois Gscheidle macht Kabarett für „Eiheimisch­e ond Reigschmec­kte“

- Von Alexander Speiser

- Der Handels- und Gewerbever­ein Riedlingen feiert dieses Jahr sein 150-jähriges Bestehen. Zu diesem Jubiläum holte er mit „Alois Gscheidle“alias Marcus Neuweiler einen richtigen Kracher auf die Bühne des Johannes-Zwick-Hauses in Riedlingen. Ein schwäbisch­er Kabarettis­t par excellence, der die Eigenheite­n des Schwaben gekonnt auf die Schippe nimmt.

Neuweiler, einst als Banker tätig, hatte seinen ersten Auftritt bei einem Abiball. Vom Kabarett-Virus befallen folgten zahlreiche Auftritte. Erstmal in Schwung, verfeinert­e er seine Kunst und kann heute als einer der wichtigste­n Vertreter schwäbisch­er Kleinkunst bezeichnet werden. Mit bis zu 150 Auftritten im Jahr und einer treuen Fangemeind­e gesegnet, begeistert er sein Publikum, indem er gekonnt und stilsicher in die verschiede­nsten Rollen schlüpft.

Zum Auftakt seiner Vorstellun­g in Riedlingen inspiziert­e er als Hausmeiste­r verantwort­ungsvoll den Saal. Er maß nach, ob die Bestuhlung den vorgeschri­ebenen Abstand hatte und monierte auf dem Boden abgestellt­e Taschen „Du nimsch dein Dreck aber au wiedr mit, gell“. Neuweiler spielte mit seinem Publikum und dieses begeistert mit ihm.

Und dann kam „Gscheidle“: mit Schiebermü­tze, knallgelbe­m Pullunder kurzärmlig­en grau-weißem Hemd; die abgetragen­e Hose hing an viel zu langen ausgeleier­ten GummiHosen­trägern an den Knien, das Publikum brüllte vor Lachen. Er bat eine Dame ihm beim Hochziehen der Hose behilflich zu, den Gummi wickelte er um den Hals, er rang nach Luft. Einige Verrenkung­en später und mit Hilfe der freundlich­en Besucherin stand Gscheidle wieder ganz manierlich da.

Gscheidle bezog das Publikum mit ein. Er fragte, wo die Leute herkommen und machte seine Späße dazu. Zu einem Mann aus Gummersbac­h, „der isch au it von do“und „Badener hem mer koine, des isch au guat, noch sen mer schneller fetig“. Rund zwei Stunden folgte eine Pointe auf die nächste, „Gscheidle“ist extrem schlagfert­ig und spielte mit der Reaktion der Besucher. Als der Gummersbac­her sagte, er komme eigentlich aus Lüneburg, nahm „Gscheidle“den Ball gekonnt auf und zwitschert in breitestem Schwäbisch:„Ach, jetzt kommt der au no aus Lüneburg“. Der Saal bebte.

Und dann gibt’s Schwäbisch „fir Oihoimisch­e ond Reigschmec­kte“. Ohren „seied Bahnwärter­stäfele“, die Nase der Zinka, Augen Glotzbebbe­l und der Mund die Gosch. Dabei gestikulie­rt Neuweiler und legt eine Mimik auf, die alle Klischees bedient.

Der dritte Akt begann hinter der Bühne, vorne klingelte das Telefon, „Gscheidle“ruft von hinten „I bin auf’m Klo“, trat auf mit herunter gelassener Hose, nahm das Telefon ab und sagte mit schwäbisch­em Akzent: „Ein Anruf aus dr Ardeche“. Gleichzeit­ig bat er die Dame aus wieder ihm beim Anziehen behilflich zu sein. Mit seinem in schwäbisch-französisc­h und unter Zuhilfenah­me eines Wörterbuch­s geführten Telefonats, löste er eine Lachsalve nach der anderen aus.

„Zoig mol deine Finger“

Nach einer kurzen Pause trat er in geblümter Kittelschü­rze, mit weißem Kopftuch, roten hochhackig­en Schuhen und transparen­ten Kniestrümp­fen auf; seine haarigen Beine vervollkom­mneten den komischen Anblick. Er machte die Putzfrau und erhielt Lacher, noch bevor er den Mund aufgemacht hatte.

Einen Besucher fragte er nach seinem Beruf – Schreiner, darauf Gscheidle: „Zoig mol deine Finger“und als dieser der Aufforderu­ng nachkam, meinte „Gscheidle“: „Send no alle dra, bisch not it lang dabei“und „wa machsch wenn’s schwierig wird – hoi gau“.

Als einer der Luftballon­s unter seiner Kittelschü­rze platzte, sprach er von einem französisc­hen Implantat, worauf ihm ein Zuschauer riet, einen Apfel „nei zom doa“. „Gscheidle“kontert schlagfert­ig „Hond ihr au Äpfel din“. So ging es Schlag auf Schlag, beim Müll verklauben mit einem hilfsberei­ten Zuschauer oder den Atemübunge­n für den Gesangsver­ein.

Seine Liebeserkl­ärungen „I mag di“und „Du hosch guat, du hosch mi“kommen ungefilter­t an. Eine Zugabe hing er gleich freiwillig an sein Programm „it, dass ihr nochher koine me wellat“. „Gscheidle“machte vor, dass der sparsame Durchschni­ttsschwabe mit seiner Frau zehn Worte am Tag spricht, „Morga, i gang, ond, feschbr mer, ond, no halt net“.

Marcus Neuweiler alias Alois Gscheidle war sein Geld wert: Er beherrscht­e die Situations­komik und darf zu Recht als einer der bedeutends­ten Vertreter schwäbisch­er Mundart-Komik bezeichnet werden. Prädikat sehen- und hörenswert.

 ?? FOTO: ALEXANDER SPEISER ?? Alois Gscheidle, alias Marcus Neuweiler, schlüpfte bei seinem Auftritt in Riedlingen in die unterschie­dlichsten Rollen.
FOTO: ALEXANDER SPEISER Alois Gscheidle, alias Marcus Neuweiler, schlüpfte bei seinem Auftritt in Riedlingen in die unterschie­dlichsten Rollen.

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