Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Schlagfertiger Schwabe
Alois Gscheidle macht Kabarett für „Eiheimische ond Reigschmeckte“
- Der Handels- und Gewerbeverein Riedlingen feiert dieses Jahr sein 150-jähriges Bestehen. Zu diesem Jubiläum holte er mit „Alois Gscheidle“alias Marcus Neuweiler einen richtigen Kracher auf die Bühne des Johannes-Zwick-Hauses in Riedlingen. Ein schwäbischer Kabarettist par excellence, der die Eigenheiten des Schwaben gekonnt auf die Schippe nimmt.
Neuweiler, einst als Banker tätig, hatte seinen ersten Auftritt bei einem Abiball. Vom Kabarett-Virus befallen folgten zahlreiche Auftritte. Erstmal in Schwung, verfeinerte er seine Kunst und kann heute als einer der wichtigsten Vertreter schwäbischer Kleinkunst bezeichnet werden. Mit bis zu 150 Auftritten im Jahr und einer treuen Fangemeinde gesegnet, begeistert er sein Publikum, indem er gekonnt und stilsicher in die verschiedensten Rollen schlüpft.
Zum Auftakt seiner Vorstellung in Riedlingen inspizierte er als Hausmeister verantwortungsvoll den Saal. Er maß nach, ob die Bestuhlung den vorgeschriebenen Abstand hatte und monierte auf dem Boden abgestellte Taschen „Du nimsch dein Dreck aber au wiedr mit, gell“. Neuweiler spielte mit seinem Publikum und dieses begeistert mit ihm.
Und dann kam „Gscheidle“: mit Schiebermütze, knallgelbem Pullunder kurzärmligen grau-weißem Hemd; die abgetragene Hose hing an viel zu langen ausgeleierten GummiHosenträgern an den Knien, das Publikum brüllte vor Lachen. Er bat eine Dame ihm beim Hochziehen der Hose behilflich zu, den Gummi wickelte er um den Hals, er rang nach Luft. Einige Verrenkungen später und mit Hilfe der freundlichen Besucherin stand Gscheidle wieder ganz manierlich da.
Gscheidle bezog das Publikum mit ein. Er fragte, wo die Leute herkommen und machte seine Späße dazu. Zu einem Mann aus Gummersbach, „der isch au it von do“und „Badener hem mer koine, des isch au guat, noch sen mer schneller fetig“. Rund zwei Stunden folgte eine Pointe auf die nächste, „Gscheidle“ist extrem schlagfertig und spielte mit der Reaktion der Besucher. Als der Gummersbacher sagte, er komme eigentlich aus Lüneburg, nahm „Gscheidle“den Ball gekonnt auf und zwitschert in breitestem Schwäbisch:„Ach, jetzt kommt der au no aus Lüneburg“. Der Saal bebte.
Und dann gibt’s Schwäbisch „fir Oihoimische ond Reigschmeckte“. Ohren „seied Bahnwärterstäfele“, die Nase der Zinka, Augen Glotzbebbel und der Mund die Gosch. Dabei gestikuliert Neuweiler und legt eine Mimik auf, die alle Klischees bedient.
Der dritte Akt begann hinter der Bühne, vorne klingelte das Telefon, „Gscheidle“ruft von hinten „I bin auf’m Klo“, trat auf mit herunter gelassener Hose, nahm das Telefon ab und sagte mit schwäbischem Akzent: „Ein Anruf aus dr Ardeche“. Gleichzeitig bat er die Dame aus wieder ihm beim Anziehen behilflich zu sein. Mit seinem in schwäbisch-französisch und unter Zuhilfenahme eines Wörterbuchs geführten Telefonats, löste er eine Lachsalve nach der anderen aus.
„Zoig mol deine Finger“
Nach einer kurzen Pause trat er in geblümter Kittelschürze, mit weißem Kopftuch, roten hochhackigen Schuhen und transparenten Kniestrümpfen auf; seine haarigen Beine vervollkommneten den komischen Anblick. Er machte die Putzfrau und erhielt Lacher, noch bevor er den Mund aufgemacht hatte.
Einen Besucher fragte er nach seinem Beruf – Schreiner, darauf Gscheidle: „Zoig mol deine Finger“und als dieser der Aufforderung nachkam, meinte „Gscheidle“: „Send no alle dra, bisch not it lang dabei“und „wa machsch wenn’s schwierig wird – hoi gau“.
Als einer der Luftballons unter seiner Kittelschürze platzte, sprach er von einem französischen Implantat, worauf ihm ein Zuschauer riet, einen Apfel „nei zom doa“. „Gscheidle“kontert schlagfertig „Hond ihr au Äpfel din“. So ging es Schlag auf Schlag, beim Müll verklauben mit einem hilfsbereiten Zuschauer oder den Atemübungen für den Gesangsverein.
Seine Liebeserklärungen „I mag di“und „Du hosch guat, du hosch mi“kommen ungefiltert an. Eine Zugabe hing er gleich freiwillig an sein Programm „it, dass ihr nochher koine me wellat“. „Gscheidle“machte vor, dass der sparsame Durchschnittsschwabe mit seiner Frau zehn Worte am Tag spricht, „Morga, i gang, ond, feschbr mer, ond, no halt net“.
Marcus Neuweiler alias Alois Gscheidle war sein Geld wert: Er beherrschte die Situationskomik und darf zu Recht als einer der bedeutendsten Vertreter schwäbischer Mundart-Komik bezeichnet werden. Prädikat sehen- und hörenswert.