Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Die 75-Tonnen-Brücke schwebt auf die Hindenburgstraße
Die alte Hochwasserkanalbrücke in Riedlingen ist am Dienstagmorgen abgebaut worden
- Nun ist sie weg: Die Hochwasserkanalbrücke, die 1901 an diese Stelle gesetzt wurde, ist am Dienstagmorgen abgebaut worden. Ein Spezialkran hat die 75 TonnenBrücke nach oben gehoben und auf der Hindenburgstraße abgesetzt.
Am Montag ist der Spezialkran einer Münchner Firma für diese Aufgabe vorbereitet worden. Stück für Stück wurde er aufgebaut. Gewichte wurden auf den Kran aufgesetzt, damit er mit diesem Ausleger die 75Tonnen-Brücke hochheben, schwenken und wieder auf der Hindenburgstraße absetzen konnte. Gegen 21 Uhr waren diese Vorbereitungen beendet.
Am Dienstagmorgen dann die Demontage der historischen Stahlbrücke. Vier Stahlseile wurden an der Brücke befestigt. Die Anlegepunkte müssen so sauber liegen, dass das Stahlkonstrukt im Gleichgewicht ist, erläutert der Bauleiter der Baltringer Firma Schmid, Thomas Malik. Dann, ganz vorsichtig, werden die Seile gespannt und die Brücke leicht nach oben gezogen. Es passt, die Brücke hängt. Meter um Meter wird sie vom Kran noch oben gehievt und langsam in Richtung Hochhaus geschwenkt. Etliche Bewohner schauen dort aus den Fenstern und sehen den Metallkoloss knapp am Haus vorbei schweben, ehe die Brücke längs der Hindenburgstraße zum Liegen kommt.
In der Zwischenzeit haben sich Besucher und Schaulustige eingefunden, die diesen einmaligen Augenblick nicht verpassen wollen. Denn das sieht man nur alle 100 Jahre mal. Rund 50 Leute verfolgen die Aktion, die nur rund eine halbe Stunde dauert. Dann ruht das Stahlskelett auf der Straße. Von der Brücke entblößt, liegt dagegen der Hochwasserkanal da. Dadurch bietet sich den Vorüberkommenden ein völlig neuer An- und Ausblick an dieser Stelle.
Niete an Niete
Eher zufällig ist Günther Eberhard, der neue Besitzer der Brücke, auch beim Abbau dabei. Auch er verfolgt den Rückbau interessiert. „Das wäre doch schade, so eine Brücke einfach zu verschrotten“, sagt er immer wieder. Eine Brücke, die eine lange Historie hat. Als sie in Riedlingen eröffnet wurde, gab es in Deutschland noch ein Kaiserreich. Die Technik war noch eine andere. Die Metallstreben sind nirgends verschraubt. Statt dessen wurde damals Niete an Niete gesetzt, um die Metallteile miteinander zu verbinden. Damit das Konstrukt hält. Das hat es – über 110 Jahre.
Doch noch ist die Zukunft der Brücke offen. In den kommenden Tagen werden die Querstreben von den Seitenteilen abgetrennt. Am Freitag sollen die kompletten Teile verladen und zum Anliker-Gelände transportiert werden, wo sie vorerst lagern. Günther Eberhard spukt immer noch die Idee im Kopf, direkt neben dem ehemaligen Postgelände eine Gastronomie einzurichten, die über den Radweg, das Ufer und das Wasser ragt. Denn, so ist Eberhardt überzeugt: So einen Blick auf Riedlingen hat man nirgends in der Stadt. Von hier aus sieht man auf den Kanal, das Wehr und die Riedlinger Altstadt-Silhouette.
Der Bau der neuen Brücke geht planmäßig weiter. Bereits kommende Woche werden die nächsten schweren Gerätschaften in Riedlingen erwartet. Dann müssen die Bohrpfähle, 90 Zentimeter im Durchmesser, elf Meter in den Boden gerammt werden. Der Bau des Widerlagers steht in der Folge an. Im August sollen dann die Seitenteile mit den Bögen eingebaut werden, sagt Stadtbaumeister Johann Suck. Danach die Querstreben und Längsstreben, ehe die Fahrbahn aufgebaut wird.
Derzeit hinken die Arbeiten noch rund 14 Tage hinter dem ursprünglichen Plan hinterher. Zum einen durch die verspätete Montage der neuen Fußgängerbrücke auf die Insel, die Wochen nach dem zunächst avisierten Termin montiert wurde. Und auch der Abbau der alten Kanalbrücke war eigentlich bereits vergangene Woche vorgesehen. „Wir müssen schauen, dass wir das noch kompensieren“, sagt Bauleiter Malik. Tierbauamsleiter Peter Dorn ist optimistisch: „Wir sind auf einem guten Weg.“