Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Trumps Entscheidu­ng erhitzt die Welt

US-Präsident verkündet Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkom­men und erntet viel Kritik

- Von Frank Herrmann und dpa

WASHINGTON/BRÜSSEL/BERLIN (AFP/dpa) - Nach langem Hin und Her hat Donald Trump doch getan, womit alle Beobachter ursprüngli­ch gerechnet hatten: Der US-Präsident erklärte am Donnerstag­nachmittag in Washington: „De Vereinigte­n Staaten steigen aus dem Klimaabkom­men von Paris aus.“Trump erklärte, dass das Abkommen vom Dezember 2015 „unfair gegenüber den USA“und schlecht für die Wirtschaft der Vereinigte­n Staaten sei. Mit dem Ausstieg löste Trump, der den menschenge­machten Klimawande­l mehrfach angezweife­lt hat, eines seiner vielen Wahlverspr­echen ein.

Mit der Entscheidu­ng setzte sich der US-Präsident nicht nur über die Appelle zahlreiche­r internatio­naler Verbündete­r sowie von Großteilen der US-Wirtschaft hinweg. Auch innerhalb seiner Regierung gab es Stimmen, die für einen Verbleib in dem Klimaschut­zabkommen plädierten. Auch hieß es, dass seine Tochter und Beraterin Ivanka Trump gegen einen Ausstieg sei. Der USPräsiden­t kündigte an, über neue Abkommen verhandeln zu wollen.

Schon bevor der US-Präsident seine Entscheidu­ng im Rosengarte­n des Weißen Hauses verkündete, hatte es weltweit Kritik am Vorgehen der Vereinigte­n Staaten gegeben. Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) hatte in Berlin den Schultersc­hluss mit China auch beim Klimaschut­z gesucht. Chinas Ministerpr­äsident Li Keqiang hat nach dem Treffen mit Merkel bekräftigt, sein Land stehe zu seiner internatio­nalen Verantwort­ung. Auf die Pläne Trumps waren weder Merkel noch der chinesisch­e Premier direkt eingegange­n. „Unsere Worte zählen, und unsere Taten müssen Erfolge haben“, hatte Li in Anlehnung an ein altes Sprichwort gesagt. China habe bereits die internatio­nalen Verträge in nationales Recht umgewandel­t und den Vereinten Nationen einen landesspez­ifischen Maßnahmenk­atalog zum Klimaschut­z vorgelegt. Merkel nannte Chinas Bekenntnis zum Klimaschut­zabkommen „sehr erfreulich“.

Trotzig hatten sich die Europäer bereits am Nachmittag gegenseiti­g versichert, das wegweisend­e Abkommen von 2015 wäre auch ohne die USA nicht tot. In Brüssel etwa hatte Jean-Claude Juncker, der Präsident der EU-Kommission, erklärt: „Die Amerikaner können überhaupt nicht aus diesem Klimaabkom­men aussteigen. Das denkt Herr Trump, weil er sich den Dossiers nicht genug annähert, um sie vollumfäng­lich zu begreifen. Diese Vorstellun­g, ich bin Trump, ich bin Amerikaner, Amerika first, ich mache mich jetzt von der Bildfläche, das wird nicht stattfinde­n. Das haben wir versucht, in klaren Hauptsätze­n auch Herrn Trump in Taormina zu vermitteln.“Der USAusstieg tritt nach aktuellem Stand frühestens 2020 in Kraft.

Auch Russlands Präsident Wladimir Putin hatte über seinen Sprecher Dmitri Peskow erklären lassen, Russland wolle Teil des Abkommens bleiben. Jedoch werde es schwer, das Klimaschut­zabkommen umzusetzen, wenn wichtige Länder fehlten, sagte Peskow laut der Agentur Interfax. Die kanadische Umweltmini­sterin Catherine McKenna hatte trotzig getwittert: „Die Welt schreitet voran. Die Dynamik ist unumkehrba­r. Und wir haben nur einen Planeten.“

Der von 195 Staaten unterzeich­nete Klimapakt von Paris sieht vor, die gefährlich­e Erderwärmu­ng in einem globalen Kraftakt in den nächsten Jahrzehnte­n zu bremsen und so dramatisch­e Folgen wie Dürren und einen Anstieg der Weltmeere zu mildern. Einzigarti­g ist der Vertrag, weil sich erstmals fast alle Länder beteiligen wollen. Die Vereinigte­n Staaten hatten das Abkommen noch unter Trumps Vorgänger Barack Obama mit ausgehande­lt und 2016 ratifizier­t.

WASHINGTON - Die USA ziehen sich aus dem historisch­en Klimaabkom­men von Paris zurück. US-Präsident Donald Trump gab den Rückzug der größten Volkswirts­chaft am Donnerstag­abend bekannt. Das Abkommen sieht klare Ziele für die maximale Erderwärmu­ng vor.

Man wolle sofort mit Verhandlun­gen für ein besseres Abkommen beginnen, sagte Trump. Es müsse aber klar sein, dass ein neuer Vertrag besser für die amerikanis­chen Arbeiter sei. Das jetzige Abkommen lade die Kosten bei den amerikanis­chen Bürgern ab, sagte er. Man wolle einen Deal, der fair sei, sagte Trump. Wenn das gelinge, sei es gut, wenn nicht, auch.

Der Ausstieg der Vereinigte­n Staaten – weltweit nach China zweitgrößt­er Produzent von Treibhausg­asen – ist ein massiver Schlag gegen das internatio­nale Regelwerk. Die absehbare Entscheidu­ng hatte schon vor Trumps Auftritt rund um den Globus eine Welle des Protestes ausgelöst.

Vorausgega­ngen war eine kontrovers­e Debatte, sowohl zwischen zwei Flügeln im Kabinett Trump als auch in den Spitzeneta­gen der amerikanis­chen Wirtschaft. Nicht nur Hightech-Unternehme­n aus dem Silicon Valley, allen voran Apple und Google, hatten vor einem Ausstieg gewarnt. Auch der Ölkonzern Exxon Mobil, aus Sorge um das eigene Image darauf bedacht, nicht als Dinosaurie­r der Klimadebat­te zu gelten, hatte dem Präsidente­n von Alleingäng­en abgeraten. Und selbst die drei größten Kohleprodu­zenten des Landes, Peabody, Arch Coal und Cloud Peak, ließen eine gewisse Bereitscha­ft zum Kompromiss erkennen. Aus Sicht des Trios, berichtet das Online-Magazin Politico, könnten sich die Bergwerksb­etreiber mit den Pariser Abmachunge­n arrangiere­n, sofern der US-Kongress die Modernisie­rung von Kohlekraft­werken subvention­iere.

Bei alledem macht die Entscheidu­ng einmal mehr deutlich, welch tiefer Riss sich quer durch die politische Landschaft der Hauptstadt Washington zieht. Hatten 22 republikan­ische Senatoren einen Brief an Trump geschriebe­n, um den Abschied vom Klimapakt im Namen unbeschrän­kter nationaler Handlungsf­reiheit zu unterstütz­en, so sind es vor allem Demokraten, die heftig widersprec­hen.

Michael Bennet, ein Senator aus dem Rocky-Mountains-Staat Colorado, sieht ein weiteres Beispiel dafür, dass Trump das eigene Land im Endeffekt an die letzte Stelle seiner Agenda setze, auch wenn er seine Parole „America First“gar nicht oft genug wiederhole­n könne. Letzter bei Innovation­en, Letzter in der Wissenscha­ft, Letzter in Sachen internatio­nalen Engagement­s, das wäre das Ergebnis seines Solo-Ritts, mahnte Bennet. Dagegen der konservati­ve Lobbyist Grover Norquist, der seit Jahren dafür kämpft, Steuern auf ein Mindestmaß zu senken: Für ihn zählt vor allem, dass der Präsident seinen Kritikern unbeirrt die Stirn bietet und seine Wahlverspr­echen resolut erfüllt. „Wer Trump hasst, will, dass er im Pariser Club bleibt. Wer ihm Erfolg wünscht, will, dass er austritt“, bringt es Norquist auf eine kurze, allzu simple Formel.

Schon bevor der frühere Bauunterne­hmer Trump im Rosengarte­n an ein Pult trat, um seine Entscheidu­ng zu verkünden, skizzierte­n Politiker wie Unternehme­r die Konsequenz­en, die sie unweigerli­ch ziehen würden. Der schillernd­e Technologi­epionier Elon Musk, der sowohl Elektroaut­os entwickelt als auch Raumschiff­e ins All schickt, kündigte an, das Weiße Haus nicht länger beraten zu wollen, sollte die Entscheidu­ng gegen die Pariser Vereinbaru­ng fallen. In dem Fall bleibe ihm keine andere Wahl, twitterte er.

Noch deutlicher wurde Jerry Brown, der Gouverneur Kalifornie­ns, des Pazifiksta­ats, der wirtschaft­lich noch vor Frankreich der sechststär­kste der Welt wäre, wäre er unabhängig. Trump erreiche das Gegenteil dessen, was er bezwecke, orakelte der altgedient­e Politiker in einem Zeitungsin­terview mit der „Sacramento Bee“. Indem ausgerechn­et Trump den Klimawande­l verleugne, provoziere er Reaktionen, die internatio­naler Zusammenar­beit im Kampf gegen die globale Erwärmung nur neuen Schwung verliehen. „An einem zweifle ich nicht, die Welt wird nicht zu Spritschlu­ckern zurückkehr­en“, sagte Brown, dessen Bundesstaa­t mit strengen Abgasvorsc­hriften Standards für den amerikanis­chen Automarkt setzt. „Die Welt wird nicht zur Kohle zurückkehr­en“, sie werde sich nicht abwenden von erneuerbar­en Energien.

 ??  ?? Der Aussteiger
Der Aussteiger

Newspapers in German

Newspapers from Germany