Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Trumps Entscheidung erhitzt die Welt
US-Präsident verkündet Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen und erntet viel Kritik
WASHINGTON/BRÜSSEL/BERLIN (AFP/dpa) - Nach langem Hin und Her hat Donald Trump doch getan, womit alle Beobachter ursprünglich gerechnet hatten: Der US-Präsident erklärte am Donnerstagnachmittag in Washington: „De Vereinigten Staaten steigen aus dem Klimaabkommen von Paris aus.“Trump erklärte, dass das Abkommen vom Dezember 2015 „unfair gegenüber den USA“und schlecht für die Wirtschaft der Vereinigten Staaten sei. Mit dem Ausstieg löste Trump, der den menschengemachten Klimawandel mehrfach angezweifelt hat, eines seiner vielen Wahlversprechen ein.
Mit der Entscheidung setzte sich der US-Präsident nicht nur über die Appelle zahlreicher internationaler Verbündeter sowie von Großteilen der US-Wirtschaft hinweg. Auch innerhalb seiner Regierung gab es Stimmen, die für einen Verbleib in dem Klimaschutzabkommen plädierten. Auch hieß es, dass seine Tochter und Beraterin Ivanka Trump gegen einen Ausstieg sei. Der USPräsident kündigte an, über neue Abkommen verhandeln zu wollen.
Schon bevor der US-Präsident seine Entscheidung im Rosengarten des Weißen Hauses verkündete, hatte es weltweit Kritik am Vorgehen der Vereinigten Staaten gegeben. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte in Berlin den Schulterschluss mit China auch beim Klimaschutz gesucht. Chinas Ministerpräsident Li Keqiang hat nach dem Treffen mit Merkel bekräftigt, sein Land stehe zu seiner internationalen Verantwortung. Auf die Pläne Trumps waren weder Merkel noch der chinesische Premier direkt eingegangen. „Unsere Worte zählen, und unsere Taten müssen Erfolge haben“, hatte Li in Anlehnung an ein altes Sprichwort gesagt. China habe bereits die internationalen Verträge in nationales Recht umgewandelt und den Vereinten Nationen einen landesspezifischen Maßnahmenkatalog zum Klimaschutz vorgelegt. Merkel nannte Chinas Bekenntnis zum Klimaschutzabkommen „sehr erfreulich“.
Trotzig hatten sich die Europäer bereits am Nachmittag gegenseitig versichert, das wegweisende Abkommen von 2015 wäre auch ohne die USA nicht tot. In Brüssel etwa hatte Jean-Claude Juncker, der Präsident der EU-Kommission, erklärt: „Die Amerikaner können überhaupt nicht aus diesem Klimaabkommen aussteigen. Das denkt Herr Trump, weil er sich den Dossiers nicht genug annähert, um sie vollumfänglich zu begreifen. Diese Vorstellung, ich bin Trump, ich bin Amerikaner, Amerika first, ich mache mich jetzt von der Bildfläche, das wird nicht stattfinden. Das haben wir versucht, in klaren Hauptsätzen auch Herrn Trump in Taormina zu vermitteln.“Der USAusstieg tritt nach aktuellem Stand frühestens 2020 in Kraft.
Auch Russlands Präsident Wladimir Putin hatte über seinen Sprecher Dmitri Peskow erklären lassen, Russland wolle Teil des Abkommens bleiben. Jedoch werde es schwer, das Klimaschutzabkommen umzusetzen, wenn wichtige Länder fehlten, sagte Peskow laut der Agentur Interfax. Die kanadische Umweltministerin Catherine McKenna hatte trotzig getwittert: „Die Welt schreitet voran. Die Dynamik ist unumkehrbar. Und wir haben nur einen Planeten.“
Der von 195 Staaten unterzeichnete Klimapakt von Paris sieht vor, die gefährliche Erderwärmung in einem globalen Kraftakt in den nächsten Jahrzehnten zu bremsen und so dramatische Folgen wie Dürren und einen Anstieg der Weltmeere zu mildern. Einzigartig ist der Vertrag, weil sich erstmals fast alle Länder beteiligen wollen. Die Vereinigten Staaten hatten das Abkommen noch unter Trumps Vorgänger Barack Obama mit ausgehandelt und 2016 ratifiziert.
WASHINGTON - Die USA ziehen sich aus dem historischen Klimaabkommen von Paris zurück. US-Präsident Donald Trump gab den Rückzug der größten Volkswirtschaft am Donnerstagabend bekannt. Das Abkommen sieht klare Ziele für die maximale Erderwärmung vor.
Man wolle sofort mit Verhandlungen für ein besseres Abkommen beginnen, sagte Trump. Es müsse aber klar sein, dass ein neuer Vertrag besser für die amerikanischen Arbeiter sei. Das jetzige Abkommen lade die Kosten bei den amerikanischen Bürgern ab, sagte er. Man wolle einen Deal, der fair sei, sagte Trump. Wenn das gelinge, sei es gut, wenn nicht, auch.
Der Ausstieg der Vereinigten Staaten – weltweit nach China zweitgrößter Produzent von Treibhausgasen – ist ein massiver Schlag gegen das internationale Regelwerk. Die absehbare Entscheidung hatte schon vor Trumps Auftritt rund um den Globus eine Welle des Protestes ausgelöst.
Vorausgegangen war eine kontroverse Debatte, sowohl zwischen zwei Flügeln im Kabinett Trump als auch in den Spitzenetagen der amerikanischen Wirtschaft. Nicht nur Hightech-Unternehmen aus dem Silicon Valley, allen voran Apple und Google, hatten vor einem Ausstieg gewarnt. Auch der Ölkonzern Exxon Mobil, aus Sorge um das eigene Image darauf bedacht, nicht als Dinosaurier der Klimadebatte zu gelten, hatte dem Präsidenten von Alleingängen abgeraten. Und selbst die drei größten Kohleproduzenten des Landes, Peabody, Arch Coal und Cloud Peak, ließen eine gewisse Bereitschaft zum Kompromiss erkennen. Aus Sicht des Trios, berichtet das Online-Magazin Politico, könnten sich die Bergwerksbetreiber mit den Pariser Abmachungen arrangieren, sofern der US-Kongress die Modernisierung von Kohlekraftwerken subventioniere.
Bei alledem macht die Entscheidung einmal mehr deutlich, welch tiefer Riss sich quer durch die politische Landschaft der Hauptstadt Washington zieht. Hatten 22 republikanische Senatoren einen Brief an Trump geschrieben, um den Abschied vom Klimapakt im Namen unbeschränkter nationaler Handlungsfreiheit zu unterstützen, so sind es vor allem Demokraten, die heftig widersprechen.
Michael Bennet, ein Senator aus dem Rocky-Mountains-Staat Colorado, sieht ein weiteres Beispiel dafür, dass Trump das eigene Land im Endeffekt an die letzte Stelle seiner Agenda setze, auch wenn er seine Parole „America First“gar nicht oft genug wiederholen könne. Letzter bei Innovationen, Letzter in der Wissenschaft, Letzter in Sachen internationalen Engagements, das wäre das Ergebnis seines Solo-Ritts, mahnte Bennet. Dagegen der konservative Lobbyist Grover Norquist, der seit Jahren dafür kämpft, Steuern auf ein Mindestmaß zu senken: Für ihn zählt vor allem, dass der Präsident seinen Kritikern unbeirrt die Stirn bietet und seine Wahlversprechen resolut erfüllt. „Wer Trump hasst, will, dass er im Pariser Club bleibt. Wer ihm Erfolg wünscht, will, dass er austritt“, bringt es Norquist auf eine kurze, allzu simple Formel.
Schon bevor der frühere Bauunternehmer Trump im Rosengarten an ein Pult trat, um seine Entscheidung zu verkünden, skizzierten Politiker wie Unternehmer die Konsequenzen, die sie unweigerlich ziehen würden. Der schillernde Technologiepionier Elon Musk, der sowohl Elektroautos entwickelt als auch Raumschiffe ins All schickt, kündigte an, das Weiße Haus nicht länger beraten zu wollen, sollte die Entscheidung gegen die Pariser Vereinbarung fallen. In dem Fall bleibe ihm keine andere Wahl, twitterte er.
Noch deutlicher wurde Jerry Brown, der Gouverneur Kaliforniens, des Pazifikstaats, der wirtschaftlich noch vor Frankreich der sechststärkste der Welt wäre, wäre er unabhängig. Trump erreiche das Gegenteil dessen, was er bezwecke, orakelte der altgediente Politiker in einem Zeitungsinterview mit der „Sacramento Bee“. Indem ausgerechnet Trump den Klimawandel verleugne, provoziere er Reaktionen, die internationaler Zusammenarbeit im Kampf gegen die globale Erwärmung nur neuen Schwung verliehen. „An einem zweifle ich nicht, die Welt wird nicht zu Spritschluckern zurückkehren“, sagte Brown, dessen Bundesstaat mit strengen Abgasvorschriften Standards für den amerikanischen Automarkt setzt. „Die Welt wird nicht zur Kohle zurückkehren“, sie werde sich nicht abwenden von erneuerbaren Energien.