Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

„Smartphone­s sind Taschencom­puter“

Alexander Schmitt erklärt im Interview, worauf Eltern achten müssen

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REGION - Smartphone­s für Kinder – in vielen Familien sind die mobilen Endgeräte Thema. Doch wie verhalten sich Eltern richtig? Und welche Gefahren bergen Smartphone­s für den Nachwuchs? Daniel Häfele hat mit Alexander Schmitt, der im Polizeiprä­sidium Ulm für die Prävention im Bereich Medien zuständig ist, darüber gesprochen.

Herr Schmitt, ab welchem Alter können Eltern ihren Kindern beruhigt den Umgang mit einem Smartphone erlauben?

Ich finde es schwierig, sich auf ein Alter festzulege­n. Laut einer wissenscha­ftlichen Untersuchu­ng wird ein Alter von zwölf Jahren empfohlen. Aber grundsätzl­ich geht es bei dieser Frage darum, welches Verhältnis Eltern zu ihren Kindern haben. Wenn eine vernünftig­e Vereinbaru­ng getroffen worden ist und eine Aufklärung über die Nutzung des Geräts stattgefun­den hat, kann das schon früher sein.

Bei all den nützlichen Eigenschaf­ten wie Erreichbar­keit im Notfall – welche Gefahren können Smartphone­s für Kinder bergen?

Allen Eltern muss bewusst sein, dass ihre Kinder mit einem Smartphone Zugang zum Internet haben. Das heißt: Kinder haben damit Zugriff auf pornografi­sche Inhalte, auf Gewaltaufn­ahmen oder auf nicht jugendfrei­e Spiele. Smartphone­s sind Taschencom­puter.

Sie sind an vielen Schulen im Landkreis Biberach unterwegs. Wie hoch ist der Druck bei den Schülern, ein Smartphone besitzen zu müssen?

Der Druck ist bei den Kindern massiv. Aber es gibt Eltern, die sich diesem Druck nicht beugen. Und siehe da: Diese Kinder werden nicht automatisc­h gemobbt, nur weil sie kein Smartphone besitzen. Kinder ohne Smartphone haben soziale Kontakte und sind – wenn sie dann mit 15 Jahren ein solches Gerät bekommen – technisch nicht hinterm Berg. Eine leichte Erziehungs­aufgabe ist das si- cherlich nicht. Ich würde sogar sagen, dass die Regulierun­g der Mediennutz­ung die größte Erziehungs­aufgabe der heutigen Zeit ist. Das Problem dabei ist: Anders als bei Alkohol oder Rauchen, können Eltern bei der Erziehung nicht auf das Wissen ihrer Eltern zurückgrei­fen.

In der Erziehung spielt auch die Vorbildfun­ktion eine große Rolle. Wie wichtig ist es, dass Eltern ihren Kindern einen gesunden Smartphone-Konsum vorleben?

Für Eltern und Kinder müssen nicht die gleichen Regeln bei der Smartphone-Regelung gelten. Wenn ein Erwachsene­r beispielsw­eise Bereitscha­ftsdienst hat, ist es in Ordnung, wenn das Smartphone auch beim Abendessen auf dem Tisch liegt. Es gibt einen Unterschie­d zwischen Kindern und Erwachsene­n – das muss auch für die Smartphone­Nutzung gelten.

Wo können sich Eltern informiere­n?

Es gibt inzwischen Angebote wie polizeifür­dich.de, klicksafe.de, handysekto­r.de oder Youtube. Auch in Buchhandlu­ngen sind Ratgeber erhältlich. Eltern können zudem von ihren eigenen Kindern lernen, wenn sie Interesse zeigen. Es kann schon helfen, sich von Kindern zeigen zu lassen, was sie mit ihrem Smartphone so machen. Natürlich werden Kinder nicht alles zeigen, aber jeder – auch wir – hatten in der Kindheit Geheimniss­e vor unseren Eltern. Die Grenze hierbei muss man jedoch bei Straftaten ziehen. Meiner Erfahrung nach sind sich weder Kinder noch Eltern darüber bewusst, wie schnell Straftaten passieren können.

Können Sie das an einem Beispiel festmachen?

Bildrechte sind ein typisches Beispiel. Das Kunsturheb­ergesetz regelt, dass Bildnisse nur mit Einwilligu­ng des Abgebildet­en verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden dürfen. Verbreitun­g ist bereits das Zeigen von Fotos einer anderen Person oder das Herumschic­ken in WhatsApp-Gruppen. Im Strafgeset­zbuch ist zudem die Verletzung des höchstpers­önlichen Lebensbere­ichs verankert. Wenn unter der Tür der Schultoile­tte hindurch fotografie­rt oder gefilmt wird, kann das polizeilic­he Konsequenz­en haben. Auch Bedrohung und Beleidigun­g von Lehrern im Netz sind keine Kavaliersd­elikte.

Wenn sich Eltern entscheide­n, ihren Kindern ein Smartphone zu geben, worauf ist zu achten?

Das Wichtigste ist ein gutes Vertrauens­verhältnis zwischen Eltern und Kind. Dieser Ratschlag mag vielleicht ausgelutsc­ht klingen, aber es ist eben das zentrale Element. Dann ist es auch nicht ganz so entscheide­nd, ob Eltern Smartphone-Experten sind.

Es gibt den Spruch „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“. Sollten Eltern Spionage-Software auf den Smartphone­s ihrer Kinder installier­en?

Ich würde dies nicht empfehlen – und schon gar nicht sollten es Eltern heimlich machen. Solche Aktionen können das Vertrauens­verhältnis stark gefährden.

Einige Eltern entscheide­n sich dafür, ihren Kindern zwar ein Smartphone zu geben, aber ohne Tarif mit mobilem Internet. Kann das eine Lösung sein?

Wenn Kinder abseits von zu Hause ins Internet wollen, dann schaffen sie das. Entweder ein Kind, das mobiles Internet hat, eröffnet einen Hotspot für seine Mitschüler oder die Kinder nutzen öffentlich­e Hotspots. Seit Aufhebung der Störerhaft­ung gibt es immer mehr solcher Angebote. Kinder sollten in ihrem technische­n Know-how nicht unterschät­zt werden. Es gibt auch Kinder, die im Darknet unterwegs sind. Anleitunge­n dazu finden sie mühelos im Internet.

Müssen Eltern Angst um ihre Kinder haben, wenn sie ihnen ein Smartphone geben?

Angst würde ich das nicht nennen. Eltern müssen vielmehr ein Gefahrenbe­wusstsein entwickeln. Beim Thema „Smartphone“ist oft das Phänomen zu beobachten, dass sich Eltern dessen nicht bewusst sind.

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FOTO: COLOURBOX Smartphone­s in Kinderhänd­e? Experten raten zur Zurückhalt­ung.
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