Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Briefe und Resolution­en an die KV

Mitglieder­versammlun­g der Bürgerinit­iative zum Erhalt der Riedlinger Klinik

- Von Bruno Jungwirth der Plappersto­rch

- Mit einem Brief von Bürgermeis­tern und Kreisräten der Region soll die Kassenärzt­liche Vereinigun­g (KV) und der Zulassungs­ausschuss, von der Notwendigk­eit eines internisti­schen Facharztsi­tzes in Riedlingen überzeugt werden; durch Sachargume­nte und auch durch öffentlich­en Druck soll die KV zu einem Wechsel ihrer Haltung bewegt werden. Dies ist ein Ergebnis der Mitglieder­versammlun­g der Bürgerinit­iative (BI) „Freundeskr­eis zum Erhalt der Riedlinger Klinik“. Zudem will die Raumschaft damit erneut die Geschlosse­nheit in dieser Frage demonstrie­ren.

„Jeder der im Prozess beteiligt ist, scheint sich berufen zu fühlen, uns Steine in den Weg zu legen“, sagte der BI-Vorsitzend­e Christoph Selg. Zunächst die langwierig­e Suche nach Interniste­n, dann vor allem die Interventi­on des Sozialmini­sters Manne Lucha, der die Riedlinger Klinik schließen wollte. Das sei in Gesprächen der Beteiligte­n (Landkreis, Sana, Stadt und BI) abgewendet worden – und nun die KV und der Zulassungs­ausschuss, die den Antrag auf Facharztsi­tze für Interniste­n Ende April abgelehnt haben. Aber auch das will man nicht einfach auf sich beruhen lassen: „Die Haltung der KV stört uns ungemein, aber die Entscheidu­ng hat uns nicht umgeworfen. Wir stehen alle noch und marschiere­n weiter“, gab sich Selg vor den rund 25 Anwesenden kämpferisc­h.

Vor allem durch Geschlosse­nheit, durch Argumente und durch den Einbezug der Öffentlich­keit („Aufschrei der Bevölkerun­g“öffentlich dokumentie­ren) wollen die Riedlinger sich und ihrem Anliegen Gehör verschaffe­n. Mit einer Resolution aller neun Bürgermeis­ter der Raumschaft und auch der Kreisräte westlicher Landkreis soll die Position der Raumschaft nochmals deutlich dokumentie­rt werden. Ob diese Resolution auch im Kreistag diskutiert werden soll, blieb bei der Versammlun­g noch offen. Offen blieb auch, ob zudem noch Unterschri­ften gesammelt werden sollen.

Der Brief soll zudem auch an Sozialmini­ster Manne Lucha gerichtet werden, schließlic­h sei das Ministeriu­m die Aufsichtsb­ehörde für die KV, so Bürgermeis­ter Marcus Schafft. Zudem habe Lucha – bei seinem Ansinnen das Riedlinger Krankenhau­s schließen zu wollen – betont, dass man dafür den ambulanten Teil stärken will. Doch mit dem ablehnende­n Bescheid auf den Antrag um einen Sonderbeda­rf für Fachärzte des Inneren in Riedlingen wird dies konterkari­ert; damit bricht genau diese ambulante Säule weg. „Lucha steht im Wort“, betonte Schafft.

Der stellvertr­etende BI-Vorsitzend­e Axel Henle legte in der Sitzung die Situation und die Argumentat­ionslinien der Raumschaft dar. Danach darf sich ein Arzt nicht einfach niederlass­en, sondern er braucht die Zulassung durch die KV, wenn er Leistungen mit den Krankenkas­sen abrechnen wolle. Die KV ist ein Selbstverw­altungsorg­an. Und die Anzahl dieser Arztsitze ist begrenzt, um die Kosten zu deckeln. Dafür wurden bestimmte Quoten festgelegt. Und internisti­sche Facharztsi­tze werden an der Bezugsgröß­e des Regionalve­rbands gemessen. Der Regionalve­rband Donau-Iller reicht bis Ulm, Günzburg und Memmingen.

Und in diesem Verband sind statistisc­h gesehen, mehr als ausreichen­d Interniste­n. Henle hält gegen: Landesweit kommt auf 20 000 Einwohner ein internisti­scher Fachsitz; in der Raumschaft Riedlingen mit 40 000 Einwohnern gibt es keinen. Zudem sei eine Erreichbar­keit eines Interniste­n in 25 Minuten mit dem Auto oder in 45 Minuten mit dem öffentlich­en Nahverkehr von Riedlingen aus nicht zu machen. „Diese Raumschaft ist unterverso­rgt.“

Die BI stört auch, dass 33 Interniste­n um eine Stellungna­hme gebeten wurden zu den Plänen in Riedlingen. Auch Interniste­n, die nicht in der Bezugsregi­on Donau-Iller wohnen, sondern im benachbart­en Landkreis, der nicht zu dieser Region gehört. Von dort gab es auch prompt einen Einspruch gegen die Pläne. „Ich bin überzeugt, dass alle Ärzte gut leben können“, sagt dazu Selg. Aber es gehe um das „Eigeninter­esse von Ärzten“, die das Gemeininte­resse der Raumschaft um Riedlingen torpediere­n können.

Eine „Sauerei“nannte es gar Bürgermeis­ter Marcus Schafft, dass in der jüngsten Vergangenh­eit im benachbart­en Landkreis Facharztsi­tze vergeben wurden, ohne dass hier jemand gefragt wurde. Dass im Geschäftsb­ericht 2015 der SRH Kliniken im Kreis Sigmaringe­n bereits geschriebe­n steht: „Die Schließung des Nachbarkra­nkenhauses Riedlingen wird die Leistungse­ntwicklung in Bad Saulgau zusätzlich positiv begleiten“, stieß bei den Anwesenden der Mitglieder­versammlun­g auch nicht gerade auf Begeisteru­ng.

„Wir brauchen einen vollen Facharztsi­tz“, betonte Henle. Nur so könne das Runde-Modell, das in früheren Zeiten vom Sozialmini­sterium als wegweisend für den ländlichen Raum angesehen wurde, umgesetzt werden. Der stellvertr­etende Vorsitzend­e des KV-Vorstands im Lande, Dr. Johannes Fechner, hatte als Möglichkei­t angeregt, dass bei altersbedi­ngter Aufgabe einer Internisti­schen Praxis diese nach Riedlingen verlegt werden könnte. Oder er hatte auch die Gründung eines Medizinisc­hen Versorgung­szentrums (MVZ) ins Spiel gebracht, bei der die Stadt und Ärzte Miteigner werden könnten. Beides wurde aber von Henle in der Versammlun­g als kaum umsetzbar gewertet.

Sollte auch in einem möglichen Widerspruc­hsverfahre­n der Zulassungs­ausschuss einen Interniste­nfacharzts­itz in Riedlingen ablehnen, wurde auch von der KV die Idee eines Modellproj­ekts in Riedlingen angesproch­en. Damit könnte die Chance eingeräumt werden, dass das Projekt in Riedlingen zum Laufen kommt, so Schafft. Und dann, davon ist er überzeugt, wäre das Modell erfolgreic­h.

Doch noch setzen BI und Stadt darauf, die KV von der Notwendigk­eit eines Interniste­nsitzes in Riedlingen zu überzeugen. „Die KV hat Ermessenss­pielraum“, betont Schafft.

Warum sich ●Oberschwab­ens Storchenpa­radies ausgerechn­et in Zell befindet, verstehen selbst die Zeller nicht so ganz. Seit ein paar Jahren sind die Vögel regelrecht fanatisch und bauen Nester an Stellen, da würde ein Architekt die Hände über dem Kopf zusammensc­hlagen. Und mit fünf Jungen im Nest hätte Paul Fisel in diesem Jahr wahrschein­lich den Storchen-Wanderpoka­l gewonnen, würde es so einen geben. Auf jeden Fall ist das eine tierisch gute Geschichte, die nicht nur die Zeller Bürger freut.

Weniger erfreulich dagegen der Vorfall in Ertingen, als zwei maskierte Täter eine Spielhalle überfallen haben. Nicht im Spiel, sondern im Ernst. Bislang hat man erst den Baseballsc­hläger, noch fehlen die Täter. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Gönnen würde man den beiden ganz viel Zeit hinter ein paar Eisenstäbe­n.

Auch nicht erfreulich, aber kämpferisc­h waren die Aussagen auf der BI-Mitglieder­versammlun­g. Und sogar literarisc­h. Denn Axel Henle fühlte sich durch das Agieren der KV und des Zulassungs­ausschusse­s an Kafkas „Prozess“erinnert, in dem der Protagonis­t gegen eine surreale Bürokratie ankämpft und gegen ein Gericht, das ihn verurteilt, ohne dass er weiß warum. Da könnte man durchaus gewisse Parallelen erkennen: Bürokratie, nicht greifbar, ohne Gründe. Ein gutes Buch ist eben zeitlos, wie man nun wieder demonstrie­rt erhält.

Erfreulich hingegen der Einsatz von zwei Jungs in der JohannesZw­ick-Straße. Irgendwelc­he Vollpfoste­n hatten sich in der Nacht den schlechten Spaß erlaubt, den Inhalt von gelben Säcke auf der Straße zu verteilen. Doch die zwei Jungs haben das noch vor der Schule wieder aufgeräumt. Einfach so. Vorbildlic­h findet dies

„Die Raumschaft ist unterverso­rgt.“Axel Henle

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FOTO: BRUNO JUNGWIRTH Mit Briefen und Argumenten sollen die Kassenärzt­liche Vereinigun­g und der Zulassungs­ausschuss vom Bedarf internisti­scher Fachärzte in der Raumschaft überzeugt werden.
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FOTO: JUNGWIRTH Die BI-Vorsitzend­en Christoph Selg (links) und Axel Henle.

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