Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Spritzmitteleinsätze erbosen Anwohner
Die für die Öchsle-Infrastruktur Verantwortlichen verweisen auf Vorkehrungen gegen Abdrift
(mad) - Manfred Bretzel aus Barabein ist nicht gut aufs Öchsle zu sprechen. Die Museumsbahn führt direkt an seinem Garten vorbei und er beklagt, dass das entlang der Gleise versprühte Spritzmittel auf sein Gelände geweht werde. Die Öchsle Bahn AG verweist auf Vorkehrungen gegen derlei Abdrift und betont, ihr sei an guter Nachbarschaft gelegen.
Bretzels Angaben zufolge ist es nicht das erste Mal, dass Spritzmittel „fast einen Meter“auf sein Gelände gelange. Aber was vergangenen Freitag passiert sei, bringt ihn richtig auf die Palme: Beim Versprühen von einem Schienenfahrzeug aus habe der Wind so gestanden, dass das Heu auf seiner Wiese verunreinigt worden sei. Er könne es nicht mehr an Tiere verfüttern, klagt Bretzel. „Ein normaler Bauer sagt, wenn er Heu liegen sieht, heute kann ich nicht spritzen“, schimpft der Barabeiner. „Aber die spritzen einfach drauflos.“Die Verantwortlichen hätten zwei Tage warten sollen, „dann wäre das Heu gepresst und weg gewesen. Oder man lässt halt diese 70 bis 80 Meter beim Spritzen aus.“
Gängiges Herbizid eingesetzt
Peter Hirsch ist Finanzvorstand der Öchsle Bahn AG, die für die Infrastruktur der Museumsbahn verantwortlich ist und damit für die Unterhaltungsarbeiten an der Schmalspurstrecke. Er bestätigt, dass Roundup eingesetzt wird, ein zugelassenes und in der Landwirtschaft gängiges Spritzmittel. Der Gleiskörper müsse von übermäßigem Bewuchs freigehalten werden, damit die Bahn fahren könne. Unverzichtbar sei dies obendrein für den Brandschutz, da die Museumsbahn Kohle verfeuert und heißen Dampf ausstößt. Gespritzt werde nur während der Öchsle-Saison und nur nach Bedarf, sonst rücke man dem Unkraut möglichst häufig mechanisch zu Leibe.
Ausgeführt würden die Spritzeinsätze von Mitgliedern des Öchsle Schmalspurvereins im Auftrag der AG. „Die sind vom Landwirtschaftsamt geschult“, betont Hirsch. Sie wüssten um die Regeln und stellten die Düsen so ein, dass es keine Abdrift gebe – so der Fachausdruck für das Phänomen, dass Spritzmittel außerhalb des Bestimmungsorts landet. „Das dürfte daher eigentlich nicht passieren“, sagt Hirsch. Sollte es im Einzelfall doch vorkommen, etwa aufgrund einer Böe, könne dies beim Landwirtschaftsamt als Ordnungswidrigkeit angezeigt und Schadensersatz geltend gemacht werden. Es müsste an den Pflanzen jenseits der Grundstücksgrenze leicht sichtbar sein oder wäre durch Proben nachzuweisen. Einfach zwei Tage später wiederzukommen, wie Bretzel vorschlägt, hält Hirsch für nicht praktikabel: Vom Anmischen des Spritzmittels bis zum Befüllen des Tankfahrzeugs erfordere solch ein Einsatz viel Vorbereitung, „das richtet man einmal her und kann die Restmittel nicht stehen lassen“.
Werden Bienen gefährdet?
Bretzel hält zugleich Bienenvölker, und deshalb ärgert ihn überdies, dass der Spritzmitteleinsatz um circa 11 Uhr erfolgte. Anders als die ÖchsleVerantwortlichen nähmen benachbarte Landwirte Rücksicht und spritzten abends, außerhalb der Zeiten des Bienenflugs. Einen Beweis hat er nicht, aber dass schon mehrere seiner Bienenvölker eingegangen seien, könne mit dem Spritzmittel zusammenhängen, vermutet er. Dagegen kann sich der AG-Finanzvorstand Hirsch aufgrund der genannten Vorkehrungen gegen Abdrift nicht vorstellen, dass die Bienen beeinträchtigt werden. Die Verantwortlichen würden so etwas trotzdem berücksichtigen, „wenn wir das wissen“. Generell betont er, sie wüssten um die Belastung der Anwohner durch Lärm und Dampf: „Wir sind deshalb bestrebt, eine gute Nachbarschaft zu pflegen.“Er bestreitet Vorwürfe, dass die Verantwortlichen sich gegen wiederholte Beschwerden taub stellen. Allenfalls könnten diese, mutmaßt Hirsch, aufgrund der geteilten Zuständigkeiten zwischen der Betriebsgesellschaft, dem Verein und der Öchsle Bahn AG nicht zu den Verantwortlichen für die Infrastruktur durchgedrungen sein: „Ich höre das zum ersten Mal“, versichert Hirsch.