Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Wunderkind schlägt zu
Tomokazu Harimoto, 13, steht im WM-Achtelfinale
(SID/dpa) - Sogar der „alte Hase“Timo Boll war perplex. „Das ist schon ein bisschen krank“, sagte der ehemalige Weltranglistenerste mit Blick auf das TischtennisWunderkind, das da gerade die WM in Düsseldorf aufmischt. 13 Jahre ist Tomokazu Harimoto jung, 23 Jahre jünger als Boll, gerade hatte er sensationell seinen japanischen Landsmann Jun Mizutani mit 4:1 aus dem Turnier geworfen. Mizutani, der OlympiaDritte, Weltranglistensechste und nicht nur für Boll „beste Spieler außerhalb Chinas“, war chancenlos.
„Vor allem köperlich hätte ich gedacht, es wäre unmöglich, in dem Alter auf absolutem Weltniveau zu spielen“, sagte Boll, der wie Dimitrij Ovtcharov ebenfalls im Achtelfinale steht. Aber die Chinesen und Japaner zeigten „eine andere Wahrheit“. Vor allem Harimoto, der bereits mit 13 U21Weltmeister wurde und ein Finale auf der World Tour erreichte. Der Japaner, derzeit Nr. 69 der Welt, gilt als Tischtennis-Wunderkind und steht für eine Generation, die die chinesische Phalanx zu Fall bringen will. Er sehe ihn „wirklich nur in der Trainingshalle“, sagte Boll: „Ich habe schon zum Spaß gesagt, der hat wahrscheinlich jetzt schon mehr Einheiten gemacht als ich in meinem ganzen Leben.“Harimoto dagegen nahm den Trubel gelassen: „Im Tischtennis hat das Alter nichts zu sagen. Ich will einfach nur mein Spiel spielen und von Beginn an angreifen. Und im nächsten Spiel mache ich dann wieder genau dasselbe.“Tat er. Am Freitag besiegte Harimoto Cheng-Ting Liao aus Taiwan mit 4:0, er steht jetzt als jüngster Spieler aller Zeiten im Achtelfinale. Sein Gegner dort ist Lubomir Pistej, die Nr. 156 der Welt. Und nach allem, was man bei dieser WM gesehen hat, wäre es nicht allzu verwegen, zu sagen: Der Slowene kann für Sonntag schonmal seinen Rückflug buchen. Der 13-jährige Harimoto ist klarer Favorit.
Längst hat Japan Deutschland den Rang als zweitbeste Nation abgelaufen, das neue Gigantenduell im Tischtennis heißt China gegen Nippon. Bei Olympia 2020 in Tokio will der Gastgeber Gold holen, dafür nimmt Japan viel Geld in die Hand. Ovtcharov, Deutschlands Nr. 1, traut den Japanern alles zu: „Wenn man sich ihren Altersschnitt anguckt, bin ich sicher, dass sie noch drauflegen werden in den nächsten Jahren. Die machen wahnsinnig gute Nachwuchsarbeit.“Harimoto allerdings sei speziell – „ein Jahrhunderttalent“, sagt Ovtcharov.