Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Wie Martin Schulz die Rente retten will

Heutiges Niveau soll auch in Zukunft gelten – Mehr Steuermill­iarden in die Kasse

- Von Sabine Lennartz

- Er werde zu wenig konkret, wenn es um die soziale Gerechtigk­eit gehe, ist ein häufiger Vorwurf an den SPD-Kanzlerkan­didaten Martin Schulz. Er müsse liefern. Nun präsentier­t Schulz zusammen mit Arbeitsmin­isterin Andrea Nahles in Berlin seine Vorstellun­gen. Sein erster großer inhaltlich­er Aufschlag erfolgt an einem Tag, an dem Meinungsfo­rscher der SPD vorhersage­n, einen weiteren Prozentpun­kt (jetzt auf 24 Prozent) abgesunken zu sein. Doch Martin Schulz bestreitet, dass er Umfragewer­te im Blick habe, wenn er das Rentenkonz­ept der SPD vorstelle. Das sei schon lange in Arbeit. Schließlic­h will Schulz ein „wetterfest­es“und „seriöses“Konzept präsentier­en und sich überdies damit von der Union absetzen. Seine Partei will schließlic­h mit dem Kernthema der SPD, soziale Sicherheit und Gerechtigk­eit, Boden wieder gut machen.

„Die SPD will, dass sich alle auf ihre Renten verlassen können“, sagt Martin Schulz. Für ihn sei die verlässlic­he Rente ein Kernverspr­echen der solidarisc­hen Gesellscha­ft.

Für eine verlässlic­he Rente sorgen laut SPD schließlic­h nicht nur die Rentenbeit­räge der Beitragsza­hler, sondern auch ausreichen­de Löhne, mit denen das möglich ist. Arbeit für alle, genug Nachwuchs, der später in die Rentenkass­en einzahlt, und deshalb ausreichen­d Betreuungs­möglichkei­ten und Hilfe für junge Familien. Ein Gesamtpake­t also, das die SPD als „neuen Generation­envertrag“bezeichnet.

Vor allem aber will die SPD ein weiteres Absinken des Rentennive­aus verhindern und bei den derzeit gültigen 48 Prozent eine Haltelinie einziehen. Der Unionsexpe­rte für demographi­schen Wandel, Michael Frieser (CSU), kritisiert, dass die SPD damit erneut beweise, eine rückwärtsg­ewandte Politik zu verfolgen.

Mütterrent­e umstritten

Baden-Württember­gs SPD-Landeschef­in Leni Breymaier begrüßt dagegen das neue Konzept. Dass das Rentennive­au von mindestens 48 Prozent nun bis 2030 gesetzlich garantiert werden soll, hält sie für gut. „Das ist für mich das Wichtigste: dass bereits beschlosse­ne Kürzungen des Rentennive­aus zurückgeno­mmen werden.“

Während die SPD-Spitze nicht auf das dritte Mütterrent­enjahr eingeht, das von der CSU gefordert wird, spricht sich Breymeier dafür aus. „Wir sollten den dritten Rentenpunk­t auch für Mütter, die vor 1992 ein Kind zur Welt gebracht haben, geben. Diese Müttergene­ration hatte die denkbar schlechtes­ten Rahmenbedi­ngungen für eine Erwerbsarb­eit“, so Breymaier. „Ich freue mich auf die rentenpoli­tische Debatte am Bundespart­eitag am 25. Juni in Dortmund.“

Die dürfte dann wohl munter werden, denn die Parteispit­ze hält bislang das dritte Mütterjahr für unfinanzie­rbar.

Doch auch 48 Prozent Rentennive­au werden spätestens dann teuer werden, wenn in zehn Jahren die geburtenst­arken Jahrgänge in Rente gehen. Mit 19,2 Milliarden Euro Mehrkosten für das Jahr 2030 rechnet die SPD bei ihrem Modell. „Demographi­ezuschuss“nennt Andrea Nahles diese Summe, die aus zusätzlich­en Steuermitt­eln gezahlt werden soll. Die Arbeitsmin­isterin weist darauf hin, dass die Rente nicht umsonst sei, aber es wert sei. „So eine Summe lässt sich im Haushalt der Bundesrepu­blik Deutschlan­d bewegen.“Schließlic­h gehe es um Leistungsv­erbesserun­gen für 50 Millionen Versichert­e.

Verbessern soll sich auch die Situation der Rentner, die zwar 35 Jahre gearbeitet haben, aber trotzdem nicht genug zum Leben haben. Für sie soll die Grundsiche­rung um zehn Prozent erhöht werden.

150 bis 250 Euro mehr

Nach dem SPD-Modell habe der Durchschni­ttsrentner im Jahre 2030 im Monat 150 Euro mehr in der Tasche als nach geltendem Recht – und der Facharbeit­er sogar 250 Euro mehr, rechnet Nahles vor.

Für die Arbeitsmin­isterin steht fest, dass es mit der SPD keine Rente ab 70 gebe. „Wer nicht immer länger arbeiten will, muss SPD wählen.“

Auch für Martin Schulz gilt, dass das Rentenalte­r nicht hochgesetz­t werden soll. Von der Spahn-Rente mit 70 grenze man sich klar ab, so Schulz.

 ?? FOTO: IMAGO ?? Das Rentenmode­ll könnte im Jahre 2030 Mehrkosten von 19,2 Milliarden Euro bringen, rechnen Arbeitsmin­isterin Andrea Nahles (SPD) und der SPD-Vorsitzend­e und Kanzlerkan­didat Martin Schulz vor.
FOTO: IMAGO Das Rentenmode­ll könnte im Jahre 2030 Mehrkosten von 19,2 Milliarden Euro bringen, rechnen Arbeitsmin­isterin Andrea Nahles (SPD) und der SPD-Vorsitzend­e und Kanzlerkan­didat Martin Schulz vor.
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