Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Gigantisch­e Verschmutz­ung

UN-Konferenz befasst sich erstmals mit dem Schutz der Ozeane

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(AFP/KNA) - Mit einem eindringli­chen Appell hat der Generalsek­retär der Vereinten Nationen, Antonio Guterres, die erste UN-Konferenz eröffnet, die sich mit dem Schutz der Ozeane befasst. Guterres rief die Staatengem­einschaft dazu auf, „kurzfristi­ge nationale Gewinne“zurückzust­ellen, um eine „langfristi­ge globale Katastroph­e zu verhindern“. „Unsere Ozeane zu schützen und nachhaltig zu nutzen, bedeutet den Schutz des Lebens selbst“.

Die fünftägige Konferenz steht unter dem Eindruck der Ankündigun­g von US-Präsident Donald Trump, das Pariser Klimaschut­zabkommen zu kündigen. Der bolivianis­che Staatschef Evo Morales sagte in New York, der geplante Ausstieg der USA bedeute, „die Wissenscha­ft zu leugnen, dem Multilater­alismus den Rücken zuzukehren und zu versuchen, kommenden Generation­en eine Zukunft zu verwehren“. Ein solches Verhalten sei „die Hauptbedro­hung für Mutter Erde und dem Leben an sich“.

In Anspielung auf Trumps Entscheidu­ng sagte Guterres, es sei an der Zeit, „den künstliche­n Gegensatz zwischen ökonomisch­en Erforderni­ssen und dem gesunden Zustand unserer Meere“aufzuheben. „Schutz und nachhaltig­e Nutzung der Ressourcen unserer Meere sind zwei Seiten derselben Medaille.“

Bis Freitag werden Regierungs­vertreter aus aller Welt, Meeresschü­tzer und einige Staatschef­s über Wege aus der gigantisch­en Verschmutz­ung der Ozeane beraten. Zu den größten Problemen zählen der Plastikmül­l, die Korallenbl­eiche, die Übersäueru­ng der Meere sowie ihre Überfischu­ng – aber auch der aufgrund des Klimawande­ls steigende Meeresspie­gel. Er bedroht vor allem kleine Inselstaat­en.

Mehr Mikroplast­ik als Plankton

Schwedens Vizeregier­ungschefin Isabella Lövin, die der Konferenz gemeinsam mit den Fidschi-Inseln vorsitzt, erklärte, sie hoffe auf eine für die „Ozeane so dringend benötigte Wende“. Sie warnte, in einigen Gebieten gebe es inzwischen „mehr Mikroplast­ikteilchen als Plankton“.

Ziel der Konferenz ist ein „Aufruf zum Handeln“an Regierunge­n, Wirtschaft und Zivilgesel­lschaft, um dem 2015 von den Vereinten Nationen verabschie­deten Nachhaltig­keitsziel Nummer 14 zum Schutz der Ozeane mit konkreten Schritten näherzukom­men. Diskutiert wird unter anderem, bis 2020 mindestens zehn Prozent der Küsten- und Meeresgebi­ete unter Schutz zu stellen. Außerdem sollen die Verschmutz­ung der Meere verringert und illegaler Fischfang stärker bekämpft werden.

Gabuns Präsident Ali Bongo Ondimba kündigte die Schaffung von Afrikas größtem Meeresschu­tzgebiet an, einem Netzwerk aus neun Meerespark­s und -reservaten.

In einer gerade veröffentl­ichten Studie kommen Forscher unter Leitung von Callum Roberts von der Universitä­t von York zu dem Ergebnis, dass ausgewiese­ne Schutzgebi­ete die Übersäueru­ng der Ozeane – ein wichtiger Grund für das Korallenst­erben – abmildern und bedrohten Arten Schutz bieten könnten. Zudem könnten sie, vor allem in den Küstenfeuc­htgebieten, klimaschäd­liches CO2 binden und damit helfen, „das Tempo des Klimawande­ls zu reduzieren“.

Nur 3,5 Prozent der Ozeane sind derzeit als Schutzgebi­ete ausgewiese­n, und nur in 1,6 Prozent sind Fischfang und andere Formen der Ausbeutung komplett verboten.

Unesco: Höchste Zeit für Regeln

Auch die Unesco fordert zum heutigen neunten Welttag der Ozeane ein entschiede­neres Vorgehen beim Schutz der Weltmeere. „Den Ozeanen geht es schlecht“, sagte Ulla Burchardt, Vorstandsm­itglied der Deutschen Unesco-Kommission, am Mittwoch in Bonn. „Sie werden vermüllt, überfischt, und politische Konsequenz­en sind nicht in Sicht.“Deshalb sei es höchste Zeit für klare Regeln, die auch durchgeset­zt werden müssten. Die Verschmutz­ung der Ozeane mit Plastikmül­l sei von zunehmende­r Relevanz, hieß es. Das zeige sich auch in einer aktuellen Studie zur Südpazifik-Insel Henderson. Dort fanden Wissenscha­ftler rund 38 Millionen Plastiktei­le, obwohl die Insel unbewohnt ist.

„Für die Rettung der biologisch­en Vielfalt auf Hoher See müssen endlich angemessen­e Schutzgebi­ete eingericht­et werden“, forderte Burchardt. Dabei müssten illegale Fischerei und zerstöreri­sche Methoden des Tiefseeber­gbaus mit wirksamen Regeln beendet werden. „Die Wissenscha­ft warnt schon lange vor den Gefahren – es ist nun an der Zeit, zu handeln.“

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