Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Der Djoker am Boden

Dominic Thiem führt Novak Djokovic im Viertelfin­ale zeitweise vor – Becker tut’s weh

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(SID/dpa) - Novak Djokovic wie er nach einem Ausrutsche­r hilflos am Boden lag und sein Schläger wegflog: Das Bild des gestürzten Titelverte­idigers in der roten Asche von Paris hatte Symbolchar­akter. Das Viertelfin­al-Aus von Djokovic bei den French Open gegen Dominic Thiem (Österreich) kam vor allem im dritten Satz einer Demütigung gleich. „Das tut mir jetzt ein bisschen weh. Das ist kein schönes Bild dieser Legende“, sagte Boris Becker bei Eurosport über die Schlusspha­se der 6:7 (5:7), 3:6, 0:6-Pleite seines ehemaligen Schützling­s Djokovic, der erstmals seit sieben Jahren nicht im Halbfinale von Roland Garros steht.

Damit platzte auch das von vielen ersehnte Gigantendu­ell von Djokovic gegen Sandplatzk­önig Rafael Nadal im Halbfinale. Der nach seinem zehnten Paris-Titel greifende Spanier spielt nach seinem 6:2, 2:0-Abbruchsie­g gegen seinen verletzten Landsmann Pablo Carreno Busta (Bauchmuske­lzerrung) am Freitag nun gegen den an Nummer sechs gesetzten Thiem, dem im sechsten Versuch der erste Sieg gegen Djokovic gelang. Zuletzt war er von Djokovic im Halbfinale von Rom beim 1:6, 0:6 regelrecht vorgeführt worden.

Nadal noch ohne Satzverlus­t

Anders als zuletzt in Rom war Thiem dieses Mal von Anfang an der bessere Spieler. Nur im ersten Durchgang konnte Djokovic mithalten, vergab beim Stand von 5:4 aber zweimal die Chance, den ersten Satz zu gewinnen. So holte sich Thiem im Tiebreak nach 73 Minuten den ersten Abschnitt. „Ich denke, das war der Schlüssel zum Sieg“, sagte Thiem.

Der Österreich­er war nun nicht mehr zu stoppen. Der Nummer sieben der Welt gelang gleich zu Beginn des zweiten Satzes ein schnelles Break, das er fortan nicht mehr hergab. Djokovic wirkte seltsam emotionslo­s, ließ die drohende Niederlage einfach über sich ergehen. Vor allem im letzten Satz stemmte sich der 30Jährige, der sich im Vorjahr mit seinem ersten Titel in Paris einen Lebenstrau­m erfüllt hatte, gar nicht mehr gegen das drohende Aus. Mit 6:0 fegte Thiem den Serben in nur 20 Minuten einfach so vom Platz.

„Es ist wie ein Traum für mich, dass ich den ersten Sieg gegen Novak ausgerechn­et hier im Viertelfin­ale von Roland Garros hole“, sagte Thiem, für den es das 250. Match auf der ATP-Tour war. Gegen Nadal bleibe er dennoch „klarer Außenseite­r“, sagte Thiem. „Das ist wohl das schwerste Match, das man spielen kann. Gegen Rafa in Roland Garros.“Tatsächlic­h ist Nadal in Paris noch ohne Satzverlus­t, in seinen fünf Partien gab er insgesamt erst 22 (!) Spiele ab. Die Partie gegen Carreno Busta dauerte lediglich 51 Minuten. „Das war sicher nicht die Art und Weise, wie ich das Spiel gewinnen wollte“, sagte Nadal hinterher. „Vor allem, weil er ein guter Freund ist.“Doch auch Thiem hat noch keinen Satz abgegeben.

Djokovic, der, damals noch mit Becker an seiner Seite, vor einem Jahr den vorerst letzten seiner zwölf Grand-Slam-Titel geholt hatte, sagte: „Es ist hart, diese Niederlage zu kommentier­en. Es ist ein Fakt, dass ich momentan nicht annähernd an meine beste Leistung herankomme. Ich habe in den letzten sieben, acht Monaten nicht viel gewonnen. Und das ist eine neue Situation und eine große Herausford­erung für mich.“

Was ein Neubeginn nach seiner Sinnkrise sein sollte, wurde so zur Ernüchteru­ng. „Alle Topspieler sind schon durch solche Phasen gegangen. Ich muss und werde einen Weg finden, da wieder herauszuko­mmen“, sagte Djokovic, der Anfang Mai sein gesamtes Trainertea­m gefeuert hatte. Übrig blieb nur MentalGuru Pepe Imaz, der Licht und Liebe predigt.

Neue Inspiratio­n sollte Djokovic Tennis-Ikone André Agassi geben. Der Amerikaner trainierte bei den French Open bereits mit dem Weltrangli­stenzweite­n, reiste aber wie geplant am vergangene­n Wochenende wieder ab. „Ich habe alle Höhen in meinem Sport erreicht. Und diese Erinnerung gibt mir den Glauben, dass ich es wieder schaffen kann“, sagte Djokovic, für den Wimbledon (ab 3. Juli) die nächste große Herausford­erung ist.

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FOTO: DPA Novak Djokovic während seines Spiels gegen Dominic Thiem.

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