Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Musikalisch pulsierende Leidenschaft
Werther-Quartett brilliert für die Musikfestwochen im Goldenen Saal Bad Buchau
BAD BUCHAU - Als „Young Artists“hat das Werther-Quartett mit seinem Gastspiel im Goldenen Saal Bad Buchau die erfreulich vielen Besucher von Anfang an in seinen Bann gezogen. Geniale Technik, verbunden mit variabler Körperspannung als Zeichen gelebter Musizierfreude, ließen Werke von Joseph Haydn und Johann Wenzel Kalliwoda in hellstem Licht erstrahlen.
Bereits bei den ersten Takten von Haydns Quartett Nr. 2 versprühte das „Cantabile Allegro“einen angenehm beschwingten Charme. Er entsprach der heiteren Grundstimmung, mit der die vier Solisten des Werther-Quartetts ihr Spiel mit Leben erfüllten. Zartes Piano wechselte mit klangvollen Passagen, die in virtuosem Tempo ihren besonderen Stellenwert erhielten. Auch aus einem spannungsreichen vierstimmigen Akkord, bewusst als Fermate ausgebaut, erwuchs eine zarte Melodie. Diese musikalische Heiterkeit prägte auch das nachfolgende Scherzo Allegro. Über Einzeltönen von Viola und Cello jubilierten die beiden Violinen bemerkenswert beschwingt und dennoch klar strukturiert in der Wiedergabe des 1781 entstandenen Werks. Voll innerer Ruhe, ohne ins Depressive abzugleiten, das Largo sustenuto. Melodiöse Partien der beiden Violinen mit Alexey Fokin und Alexander Pilchen im Duett erfuhren ihre inhaltliche Aufwertung durch die Mitgestaltung der beiden tiefen Instrumente mit langen Bogeneinheiten durch Sara Gomez Yunta (Viola) und Candela Gomez Bonet (Violoncello). Voll musikalischer Brillanz das abschließende Finale Presto der vier Musiker, die an der Staatlichen Hochschule für Musik in Trossingen studierten und 2013 ihr Werther-Quartett gründeten. Genussvoll inszenierten sie den schalkhaften Schluss voll Esprit, denn nicht ohne Grund hatte Haydn dieses Werk als „Der Witz“bezeichnet.
Obwohl auch von Haydn, wies sein Quartett Nr. 3 als Opus 20 und damit in der Frühzeit entstanden, in eine andere Welt seines Schaffens. Nach wie vor musizierten die vier Solisten voll Energie und Leidenschaft, dennoch war bei aller kontrastreicher Musizierkunst die Heiterkeit nicht zu spüren, die spätere Werke Haydns kennzeichnet. Der Aufbau des Werks hielt sich an klassische Vorgaben: ein schwungvolles Allegro con spirito als Einstieg, danach allerdings unvermittelt ein Menuetto allegretto. Melodiöse Thematik beherrschte diesen Satz, wobei die Violinen immer wieder für aufsteigende Klänge sorgten, sodass lichtvolle Einheiten den Gesamteindruck prägten. Weich und anschmiegsam mit makellosen CelloSoli voll musikalischer Virtuosität das Adagio, spritzig in blendender Spiellaune das abschließende Finale.
Auch das Zusehen ist eine Freude
Johann Wenzel Kalliwoda aus Prag ist ein böhmischer Komponist, der von 1822 bis 1866 in Donaueschingen als Kapellmeister tätig war. Das Allegro moderato seines Quartetts Nr. 1 beginnt mit Pizzicato-Passagen im Cello zu einem melodiösen Thema der ersten Violine. Doch bald nimmt die musikalische Dramatik zu, woraus sich angeregte Korrespondenz der beiden Violinen gegenüber Viola und Cello entwickelt. Auch hier genügten Blicke zwischen den vier Solisten, um die stete Harmonik ihres konzertanten Musizieren zu gewährleisten. Auf dieses Beispiel musikalischer Leidenschaft folgte ein sanft – delicates Adagio, in dessen Mitte man sich trotz mancher klangintensiver Passagen genussvoll fallen lassen konnte. Transparent-farbiges Musizieren wurde fortgeführt in ein fast burschikos anmutendes Scherzo mit einem amüsanten PizzicatoQuartett aller vier Instrumente, das weiten Teilen des Satzes ein ganz spezielles Timbre verlieh. Mit einem rasanten Vivace endete dieses Konzert beifallsumrauscht, bei dem neben dem Hören auch das Zusehen eine Freude war, wie die vier jungen Künstler ihre Musik sichtbar und spürbar energiegeladen, leidenschaftlich und kontrastreich lebten.