Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Drum prüfe, wer sich bindet
Die Hochkonjunktur am Bau macht es nicht einfach: Wie die Suche nach dem richtigen Handwerker dennoch gelingt
- Arbeiten am Haus oder im Garten, ein neues Bad, eine neue Garage – wer derzeit ein solches Projekt vorhat, sollte früh mit der Planung beginnen. Denn die Auftragsbücher der Handwerker sind so voll wie seit Jahren nicht mehr. Viele Hausbesitzer und Hausbauer investieren lieber in die eigenen vier Wände, anstatt ihr Kapital zu Nullzinsen bei den Banken und Sparkassen zu parken. Das sorgt für gute Stimmung in den Betrieben – und für lange Wartezeiten bei den Kunden. Wie finde ich einen Handwerker, und vor allem wie finde ich einen guten Handwerker ist eine Frage, die aktuell viele Bauherren umtreibt.
Nach Informationen des Zentralverbands des Deutschen Handwerks müssen Verbraucher in den Bau- und Ausbaugewerken wie etwa im Bereich Sanitär, Heizung und Klima, bei den Fensterbauern und bei den Elektrikern derzeit bis zu zehn Wochen auf einen Termin warten. Neben der hohen Nachfrage leiden genau diese Gewerke auch stark unter dem Fachkräfteund Nachwuchsmangel. Sie können offene Stellen nicht besetzen und so auch nur weniger Aufträge abarbeiten, als es die Kunden gerne hätten. Auch wenn die Verfügbarkeit regional unterschiedlich ausfallen kann: Bauherren sollten frühzeitig, mindestens drei Monate vor dem geplanten Termin beginnen, entsprechende Betriebe zu kontaktieren.
Nähe ist wichtig
Doch damit fängt das eigentliche Problem für viele Bauherren erst an. An wen wende ich mich mit meinem Bauvorhaben? Über das Internet, wird einem vielfach suggeriert, sei die Suche nach einem passenden Handwerker heutzutage ein Kinderchen spiel. Portale wie myhammer.de vermitteln Kontakte: Einen Auftrag mit der Beschreibung der Arbeiten in eine Maske eingeben, kostenlos und unverbindlich Angebote verschiedener Firmen einsammeln und das mit dem besten Preis-Leistungsverhältnis auswählen.
Doch was sich theoretisch so einfach anhört, ist es in der Praxis nicht. Zum einen ist das billigste Angebot nicht automatisch auch das Beste. Zum anderen erschwert das Internet in gewisser Weise sogar die Suche nach dem passenden Handwerker. Während sich die Kunden früher durch die Gelben Seiten wühlten oder zum Dienstleister um die Ecke gingen, haben sie im Netzt einen viel größeren Aktionsradius. Damit steigt zwangsläufig auch die Gefahr, an den Falschen zu geraten oder am Ende zu viel zu bezahlen.
Um die Anfahrtskosten in Grenzen zu halten ist es ratsam, eine Firma in der Nähe zu beauftragen. „Nähe ist für Privatkunden ganz wichtig“, sagt Artur Strobel, Chef der gleichnamigen Holzbaufirma aus Ebenweiler (Landkreis Ravensburg). Zum einen wegen der Anfahrtskosten, die sich bei großen und langen Bauvorhaben schnell auf substantielle Beträge summieren können. Zum anderen wegen des Zugriffs. Denn mit der Entfernung zur Baustelle steigen in der Regel auch die Schwierigkeiten, bei Problemen schnell und unkompliziert Abhilfe schaffen zu können. Bauherren, so Strobel, sollten im Zweifel lieber ein paar Wo- Handwerker finden länger warten und auf ortsansässige Firmen zurückgreifen.
Blick zu den Profis
Um einen ersten Eindruck von einer Firma zu bekommen kann eine Stippvisite vor Ort nicht schaden. Wie sieht es auf dem Betriebsgelände aus? Wie werden Material und Arbeitsmittel gelagert? Herrscht Tohuwabohu oder hat alles seinen Platz? Auch wenn sich anhand solcher Kriterien nicht unmittelbar auf die Qualität der Arbeit schließen lässt, geben sie doch Hinweise auf die Arbeitsweise und darauf, wie es mit dieser Firma später einmal auf der eigenen Baustelle aussehen könnte. Viele potentielle Bauherren, bestätigt Strobel, würden sonntags auf solchen „Betriebsbesichtigungen“unterwegs sein.
Ebenfalls hilfreich: Ein Blick zu den Profis. Etwa zu Generalunternehmern, die schlüsselfertige Einfamilienhäuser bauen, und mit allen wichtigen Gewerken zusammenarbeiten. In der Regel greifen diese auf Fremdfirmen zurück – seien es beim Rohbau Maurer und Dachdecker oder beim Innenausbau die Spezialisten für Heizung, Sanitär und Elektro. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass die Vertreter dieser Gewerke in Sachen Qualität und Zuverlässigkeit zu den besten am Markt gehören – vor allem dann, je länger der Generalunternehmer mit diesen schon arbeitet.
Zu guter Letzt können Referenzen und Mundpropaganda bei der Auswahl helfen, Kriterien, die auch Strobel für enorm wichtig hält: „Mundpropaganda ist wichtiger als Firmenschilder, und kein guter Handwerker wird bei der Frage nach Referenzobjekten abwinken.“
So gerüstet empfiehlt es sich, Angebote einzuholen. Besonders bei umfangreicheren Arbeiten erleichtern Kostenvoranschläge mehrerer Firmen die Entscheidung. Als Daumenregel gilt: Zwei bis fünf sollten Bauherren anfordern, wenn ein größeres Projekt ansteht. Allerdings sind Kostenvoranschläge nicht immer gratis. „Kunden sollten unbedingt vorher fragen, ob und wie viel sie kosten“, rät Josina Starke, Rechtsexpertin bei der Verbraucherzentrale Niedersachsen. Außerdem gilt es darauf zu achten, dass alle notwendigen Parameter wie Leistungsbeschreibung, Arbeitszeit, Materialkosten, Preis und eventuelle Fahrtkosten enthalten sind.
Wichtig zu wissen: Kostenvoranschläge sind nicht verbindlich. Der Handwerker darf bis etwa 15 Prozent von seiner Kalkulation abweichen, ohne den Kunden vorab zu informieren. Der Auftraggeber kann selbst viel dazu beitragen, dass realistische Kostenvoranschläge erstellt werden. Indem er möglichst genau formuliert, was gemacht werden soll, und das vorab mit dem Handwerker bespricht, erleichtert er die Kalkulation. Denn häufig wird ein Auftrag teurer, weil während der Arbeiten noch zusätzliche Wünsche berücksichtigt werden und die Kosten dafür nicht fixiert worden sind.
Viele Kunden machen die Auftragsvergabe oft ausschließlich vom Angebotspreis abhängig. Mindestens genauso wichtig ist jedoch die Leistungsbeschreibung, in der etwa steht, welche Tätigkeiten mit welchem Material ausgeführt werden. „Die Leistungsbeschreibung wird oft gar nicht genau gelesen, in der Annahme, dass das Angebot alle erforderlichen Leistungen beinhaltet“, weiß Michael Sattler, Fachanwalt für Bau- und Architekturrecht im Verband Wohneigentum in Bonn. Diese Erwartungshaltung werde in der Praxis jedoch nicht selten enttäuscht. Vorsicht, so Sattler, sei bei Stundenlöhnen geboten. Diese werden oft angestrebt, wenn der Aufwand schwer vorherzusehen ist und ein Einheitsoder Pauschalpreis nicht zuverlässig kalkulierbar ist. „Es besteht die Gefahr, dass der Handwerker die Arbeiten bewusst verzögert oder unproduktive Zeiten mit berechnet“, erklärt der Anwalt. „Deshalb muss der Auftraggeber den Fortschritt der Arbeit genau überwachen und dokumentieren.“
Partnerschaftliches Miteinander
Kunden, die bereits früher Handwerkerleistungen in Anspruch genommen haben, tun gut daran, bei Folgeaufträgen auf die gleichen Dienstleister zurückzugreifen – sofern man mit deren Arbeit zufrieden war. Der Auftraggeber kennt die Firma und weiß, worauf er sich einlässt. Die Handwerker kennen die Örtlichkeiten und wissen, wo etwa Leitungen für die Elektrik, Wasser oder Heizung liegen. Solche langfristigen Geschäftsbeziehungen sparen Zeit und Geld, denn die Betriebe werden auch bei hoher Auslastung versuchen, gute Kunden kurzfristig zu bedienen.
In dieser Partnerschaft ist ein Punkt ganz wichtig: die korrekte und pünktliche Bezahlung der Dienstleister, wenn diese ihre Arbeit gemäß Leistungsbeschreibung ausgeführt haben. Offiziell mag das keiner zugeben: Doch auf Baustellen wird nicht selten nach dem sprichwörtlichen Haar in der Suppe gesucht, um die Rechnung zu drücken. Mitunter, das bestätigen betroffene Handwerker, wird das bereits bei der Projektfinanzierung einkalkuliert. Die fehlenden 10 000 Euro zieht man dem Handwerker ab – eine Summe, die bei großen Aufträgen ohne weiteres „realisierbar sei“. Das mag einmal klappen, Basis für einen Folgeauftrag ist es aber definitv nicht.