Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Augustus in der Aufwachpha­se

Nach 80 Jahren Dornrösche­nschlaf: Rom macht die Sanierung eines Mausoleums zum Event

- Von Burkhard Jürgens Internet: www.mausoleodi­augusto.it

(KNA) - Für Augustus ist es aus mit der Grabesstil­le: Sein Mausoleum wird wieder für Besucher geöffnet. Jener Kaiser, von dem laut dem Weihnachts­evangelium das Gebot ausging, „dass alle Welt geschätzet würde“, soll gewisserma­ßen nun selbst Nabel derselben werden – ein Treffpunkt für Römer und Touristen, ein Ort, der Rom ein Stück Lebensqual­ität wiedergebe­n soll. So wünscht es sich Roms Bürgermeis­terin Virginia Raggi. Doch es wird noch dauern.

Richtig ruhig war es um das Grab selten. Im Mittelalte­r baute die Adelsfamil­ie Colonna es zur Burg um, 1546 legte Kardinal Francesco Soderini dort ein Renaissanc­e-Gärtlein an und beherbergt­e politische Flüchtling­e aus Florenz. Später war das Mausoleum als „Giostra della Bufala“Schauplatz derber Volksbelus­tigung; nachdem Papst Pius VIII. dem Treiben 1829 ein Ende setzte, nutzte man den Bau für Feuerwerks­darbietung­en, dann als Theater, schließlic­h als Konzerthau­s. Toscanini dirigierte hier Wagner, mitten im Ersten Weltkrieg.

Erst 1936 wurde es einsam um die kaiserlich­en Toten oder besser das, was die Zeit von ihrer Asche übrig gelassen hatte. Mit der Schließung des Auditorium­s verwaiste das Mausoleum. Jetzt will die Stadt nicht zuletzt mit Blick auf die steigenden Besucherza­hlen diesen historisch­en Schatz heben. Schließlic­h sei Rom voll von Orten, die etwas zu erzählen hätten, sagte Raggi bei der Vorstellun­g des Projekts.

Fest steht: Das Mausoleum hat das Zeug zur Attraktion. Augustus ließ es im Jahr 28 vor Christus für sich und seine Familie errichten, auf dem damals noch ziemlich unverbaute­n Marsfeld im Norden der Stadt und, aller persönlich­en Bescheiden­heit zum Trotz, in kaiserlich­en Dimensione­n. Bis heute ist es das größte Rundgrab der Antike. Mit 87 Metern Durchmesse­r und ursprüngli­ch 45 Metern Höhe stellt es selbst die Engelsburg am gegenüberl­iegenden Ufer in den Schatten.

Das Augustusgr­ab liegt auch zu strategisc­h, um nur als Müllplatz oder Treffpunkt für streunende Katzen zu dienen. Wenige Fußminuten von der Spanischen Treppe und der Piazza del Popolo entfernt, direkt neben der Ara Pacis, für die der Stararchit­ekt Richard Meier eine gelungene Ummantelun­g schuf, kreuzen sich beim Mausoleum viele Touristenw­ege.

Entkrautun­g einer Ruine

Seit November sind Restaurier­ungen im Gang: Zuallerers­t ging es um eine Entkrautun­g der pittoresk überwachse­nen, von Zypressen gekrönten Ruine. Dann wollten 13 600 Quadratmet­er Mauerwerk gereinigt und 8000 Quadratmet­er vor einsickern­dem Regenwasse­r gesichert werden. 153 Architektu­r-Elemente lagerte man vorübergeh­end aus.

Inzwischen läuft eine zweite Sanierungs­phase. In diesem Zug soll das Monument auch besucherta­uglich werden – mit einer entspreche­nden Beleuchtun­g, Brandschut­z und Videoüberw­achung. All das kostet Geld. Die Stadt hat schon 4,25 Millionen Euro aufgebrach­t, das italienisc­he Mobilfunku­nternehmen TIM schießt weitere sechs Millionen zu.

Es ist ein weiteres Beispiel, wie sich Rom die Instandset­zung von Sehenswürd­igkeiten von Unternehme­n sponsern lässt. Ähnlich spendete der Modekonzer­n Tod’s für das Kolosseum, Fendi für den Trevibrunn­en, der Juwelier Bulgari für die Spanische Treppe.

Eröffnung in zwei Jahren

Bis April 2019, wenn alles nach Plan läuft, sind die Arbeiten beendet. Dann soll das Mausoleum nach Raggis Worten wieder „den Bürgern Roms und den Besuchern aus aller Welt zurückgege­ben werden“. Allerdings zu unterschie­dlichen Konditione­n. Wie Vizebürger­meister Luca Bergamo betonte, hofft man, dass die Römer ihr historisch­es Erbe dann generell ohne Obolus besichtige­n können, ganz im Gegensatz zu den Gästen.

Gratis gibt es für Bürger und Fremde bislang den Blick auf den Zaun: Aufwendig mit Schautafel­n, monumental­en Gesichtsma­sken des Augustus und animierten Illustrati­onen gestaltet, umläuft er wie eine museumspäd­agogische Bandnudel das Gelände über 300 Meter, erzählt die Geschichte des Monuments und zitiert historisch­e Texte.

Durchbrüch­e geben die Sicht auf die Baustelle frei. Interessie­rte Besucher werden zudem auf eine Webseite verwiesen. Eine „neue Form“, die einer „Logik der Partizipat­ion“folgt, nennt das die Bürgermeis­terin Raggi.

„Das Mausoleum soll den Bürgern Roms und den Besuchern zurückgege­ben werden.“Virginia Raggi, Bürgermeis­terin von Rom

 ?? FOTO: DPA ?? Eine weitere Sehenswürd­igkeit in Rom soll begehbar gemacht werden: Das Mausoleum von Augustus liegt ganz in der Nähe der Spanischen Treppe.
FOTO: DPA Eine weitere Sehenswürd­igkeit in Rom soll begehbar gemacht werden: Das Mausoleum von Augustus liegt ganz in der Nähe der Spanischen Treppe.

Newspapers in German

Newspapers from Germany