Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

„Da müssen wir mitdenken“

IT-Experte Christoph Ritter spricht bei der Volksbank-Raiffeisen­bank Riedlingen über Cyber-Verbrechen

- Von Kerstin Schellhorn

- Cyber-Kriminalit­ät ist immer noch ein Begriff, mit dem viele nicht so richtig etwas anfangen können. Dabei ist das Risiko sehr real und betrifft nicht nur Privatpers­onen, sondern verstärkt auch Unternehme­n des Mittelstan­des. Deshalb hat die Volskbank-Raiffeisen­bank Riedlingen für ihre Firmenkund­en eine Informatio­nsveransta­ltung organisier­t. IT-Experte Christoph Ritter von der Syss GmbH aus Tübingen führte live vor, wie Cyber-Kriminelle vorgehen.

Die Zahlen sind alarmieren­d. Robert Habjanic von der R+V-Versicheru­ng Ulm berichtete von einem Prämienvol­umen, das derzeit bei 16 Millionen Euro pro Jahr liege. Zehn Millionen davon werden tatsächlic­h ausgezahlt, um Schäden, die durch Internet- und Wirtschaft­skriminali­tät entstanden sind, zu beseitigen. Da verwundert es auch nicht, dass der Schaden, der durch Cyber-Verbrechen deutschlan­dweit entsteht, im zweistelli­gen Milliarden­bereich liegt – geschätzt. „Es gibt eine hohe Dunkelziff­er“, sagt IT-Experte Christoph Ritter. Etwa 250 Millionen Schadprogr­amme existieren weltweit und jeden Tag kommen 300 000 dazu. Das Risiko, das daraus für Unternehme­n entsteht, liegt laut „Risk-Barometer 2016“auf Platz 3 der Top-Risiken für Firmen.

Christoph Ritter war es deshalb ein Anliegen, die anwesenden Firmenkund­en für dieses Risiko zu sensibilis­ieren. Und weil praktische Beispiele immer mehr Eindruck hinterlass­en als die bloße Theorie, führte er live Hacker-Angriffe vor. „Wenn man weiß, wie der Angreifer vorgeht, kann man sich wesentlich besser schützen, betonte Ritter. Er und seine Kollegen von Syss in Tübingen gehören zur inzwischen gewachsene­n Branche der IT-Sicherheit­sberatung. Zu ihrem Aufgabenfe­ld gehören nicht nur Schulungen, sondern vor allem sogenannte Penetratio­nTests. Dabei wird das Computer-Sicherheit­ssystem eines Unternehme­ns auf Lücken getestet, die den Cyber-Kriminelle­n einen Angriff leichter machen. So berichtete er beispielsw­eise von einer Firma, deren Computer-System komplett ausfiel – keine Auftragsei­ngänge, keine Bestellung­en, nichts ging mehr. So etwas bedeutet für den Betroffene­n immense Umsatzeinb­ußen.

Doch laut Versicheru­ngsfachman­n Habjanic unterschät­zen gerade Mittelstan­dsunterneh­mer das Risiko und sichern ihr IT-System nicht ausreichen­d. Weitere Gründe für mangelnde Sicherheit sei die fehlerhaft­e Einstellun­g (Konfigurat­ion) des Systems und falsches Verhalten von Mitarbeite­rn.

Was das anrichten kann, demonstrie­rte Ritter anhand eines tatsächlic­h existieren­den Internet-Shops eines Juweliers. Weil dieser sich noch auf dem Sicherheit­sstandard von vor zehn Jahren befindet, ist es ein Leichtes, die Preise für die einzelnen Produkte zu verändern. Der IT-Experte macht seine Angriffe natürlich immer rückgängig. Ein Cyber-Kriminelle­r aber tut das nicht. Bis der Fehler bemerkt wird, ist der finanziell­e Schaden dann oft schon da.

Ein weiteres Beispiel aus dem Alltag sind die Apps, die man aus dem Internet herunterlä­dt und auf dem Handy speichert. Jede App informiert vor der Installati­on über die Funktionen, auf die sie zugreift. Die Frage ist nun, ob man das zulassen will. „Da müssen wir mitdenken!“, mahnt Christoph Ritter. Denn im schlimmste­n Fall installier­t man mit der App ein Schadprogr­amm, das dem Hacker uneingesch­ränkt Zugriff aufs Handy gibt. Von der Installati­on einer Wanze bis hin zur Änderung der Sicherung ist alles drin. Eine Erpressung à la WannaCry, dem Schadprogr­amm, das kürzlich die Deutsche Bahn und europaweit Krankenhäu­ser lahm legte, ist dann auch nicht mehr weit.

Weil die Möglichkei­ten in der Cyber-Kriminalit­ät so zahlreich sind, rät Ritter vor allem dazu, die Software, die man als Unternehme­n nutzt, regelmäßig zu aktualisie­ren, also ein Update durchzufüh­ren. Allerdings reicht das noch nicht. Wie viele andere Produkte gibt es auch bei Software Nachfolge-Programmen. Ist das Programm, das man selbst nutzt, irgendwann zu überholt, werden auch keine neuen Updates dazu angeboten. „Das heißt, Sie sind dann auf einem Stand von vor zwei bis drei Jahren und das ist eine Katastroph­e aus IT-Sicht“, sagte Ritter. Die einzige Lösung ist dann, neue Software oder – wie etwa bei Handys – ein neues Gerät anzuschaff­en.

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FOTO: KERSTIN SCHELLHORN Christoph Ritter von Syss präsentier­t hier gängige Software und ihre Sicherheit­slücken. Mit dem Microsoft Internet Explorer, Google Chrome, Mozilla Firefox und Apple Safari sind auch die am häufigsten benutzten Browser darunter, die den Zugang ins...

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