Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Berührende Interpretationen
Solisten, Chor und Orchester beim Weinrauch-Konzert mit Beifall überschüttet
(sz) - Liturgische Werke von Pater Ernest Weinrauch gehören zum Wertvollsten, was die Kirchenmusik des 18. Jahrhunderts geprägt hat. Jörg Sommer hat mit Solisten, Chor und Orchester aufs Neue eine die Zuhörer tief berührende Interpretation teilweise neu entdeckter Kostbarkeiten geboten. Die Zuhörer dankten mit nicht enden wollendem Beifall.
- Liturgische Werke von Pater Ernest Weinrauch gehören zum Wertvollsten, was die Kirchenmusik des 18. Jahrhunderts geprägt hat. Jörg Sommer hat mit Solisten, Chor und Orchester aufs Neue eine die Zuhörer tief berührende Interpretation teilweise neu entdeckter Kostbarkeiten geboten. Die Zuhörer dankten mit nicht enden wollendem Beifall.
Seit 2005 hat der Weinrauch-Chor Zwiefalten es sich zur Aufgabe gemacht, möglichst viele der liturgischen Werke von Pater Ernest Weinrauch dem Vergessen zu entreißen und durch qualitativ hochwertige Interpretationen der Öffentlichkeit zu präsentieren. Neben der Messe in EsDur, die zu Weinrauchs großen Werken zählt, und einer Marianischen Antiphon gilt sein „Stabat mater“als Neuentdeckung des Forschers Dr. Thorsten Augenstein.
Jörg Sommer verstand es, seinen Chor aufs Neue als klangvolles, stimmlich variables Sängerensemble bestens auf das sechste Konzert dieser Reihe vorzubereiten. Stefan Hatvani als früherer Lehrer der Jugendmusikschule Riedlingen hatte die Proben mit dem sehr dezent musizierenden Orchester übernommen. Mit Jeanette Bühler (Sopran), Sabine Schilling (Alt), Thomas Ströckens (Tenor) und Heinz Vogel (Bass) rundeten versierte, international erfahrene Solisten den Kreis der Interpreten, die allesamt Weinrauchs Kompositionskunst als Herzensangelegenheit betrachteten, ab.
Mit seinem „Stabat mater“fasst Ernest Weinrauch das Mitleiden Mariens beim Tod ihres Sohnes Jesu am Kreuz in ein emotional aufwühlendes Musikerlebnis. In sattem Chorklang wiesen die Sänger der Sopranistin Jeanette Bühler, vom Orchester dezent begleitet, den Weg zur Umsetzung von Mariens klagender Seele. Nach einem warmen, von innen kommenden Alt-Solo von Sabine Schilling vereinten sich beide Künstlerinnen zum organisch ausgewiesenen Duett „Quis est homo – Wer ist der Mensch?“.
Passagen voll Trauer
Weinen und Verzweiflung im Sinne Mariens übersetzt Weinrauch in lange Passagen voll Trauer und Wehklagen. Dazu passte das gut aufeinander eingestellte Duett von Thomas Ströckens und Heinz Vogel mit vielen parallel verlaufenden Tonfolgen. Geradezu heiter lässt Weinrauch die SoloSopranistin in die Gestalt der „Virgo virginum“als strahlende Jungfrau schlüpfen und ohne Druck auch hohe Sequenzen entfalten. Würdig und überzeugt weitete der Chor zu Pizzikato-Passagen der Streicher den Blick auf die Aufnahme der Seele in des Paradieses Herrlichkeit. Mit seinem souveränen, impulsreichen Dirigat hat Jörg Sommer Solisten, Chor und Orchester zu einer beeindruckenden Aufführung dieses neu entdeckten Werks geführt.
Das „Ave Regina Coelorum“ist eine in christlich froher Überzeugung gefasste Antiphon als Gruß an die Königin des Himmels. Chor und Solisten jubelten in Freude über das aufgegangene Licht als höchster Zier bei Christus.
Klangvoll und doch in vielerlei Ausformung bittend begann der Chor das Kyrie der Messe in Es-Dur. Besonders eindrücklich waren die nach oben weisenden Phasen der Solo-Sopranistin beim Christe eleison, nicht weniger aufsteigend und chorisch sich ausweitend das Gloria der Sängerschar. Dem „Et in terra pax – dem Frieden auf Erden“wird von Weinrauch besonderer Wert beigemessen. Nicht nur hier ist auffallend, dass den beiden Solisten am Horn mit ihrem warmen, stets gut abgerundeten Ton spezielle Einsätze an wichtigen Stellen während der gesamten Messe zugewiesen werden. Die stets nahtlose Verbindung von Solisten und Chor mit dem souverän agierenden Orchester sorgte für einen nachhaltig jubilierenden Gesamtklang.
Das textlich umfangreiche Credo meisterte der Chor mit anerkennenswertem, spannungsreichem Durchhaltevermögen. In dem bewusst eingefügten Duett für Solo und Alt legte Weinrauch Wert auf eine möglichst intime Deutung des zentralen Punkts „et incarnatus est“, was den beiden Solistinnen in uneingeschränkter Gemeinsamkeit beeindruckend gut gelang. Majestätisch stimmte der Chor das „Sanctus“an, als klar ausgewiesene Chorfuge das „Pleni sunt coeli“bis zum freudvollen „Osanna in excelsis“.
Das Agnus Dei war zunächst als voluminöses Solo dem Bassisten vorbehalten, um dann vom Chor zum „Dona nobis pacem“fortgeführt zu werden. Mit dieser intensiven Segensbitte, in die auch die Solisten eingeschlossen waren, endete die tief empfundene Wiedergabe eines der großen Kunstwerke Weinrauchs, von den Besuchern im fast vollbesetzten Münster mit lang anhaltendem Beifall gewürdigt.