Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Wettbüro-Überfall: 21-Jähriger muss ins Gefängnis
Urteil lautet auf drei Jahre und neun Monate Haft – Junges Alter und Unreife verhindern noch härtere Strafe
- Nach nur zwei Verhandlungstagen hat die Erste Große Strafkammer des Landgerichts Ravensburg das Urteil gegen einen 21-jährigen Angeklagten aus dem Raum Biberach verkündet, der in Biberach ein Wettbüro überfallen hatte. Er muss drei Jahre und neun Monate ins Gefängnis.
Wie berichtet, hatte der Mann am 29. November 2016 gegen 22.50 Uhr ein Wettbüro überfallen. Dabei bedrohte er eine Mitarbeiterin mit einem Messer und floh mit der Beute von rund 900 Euro. Verfolger stellten ihn, nahmen ihm das Geld und das Messer ab. Der Angeklagte war vollumfänglich geständig und zeigte tiefe Reue.
Staatsanwältin Tanja Kraemer sah den Tatbestand der besonders schweren räuberischen Erpressung in vollem Umfang als gegeben. In ihrem Plädoyer bewertete sie den Überfall als „planvolles und reflektiertes Vorgehen“. Das mitgeführte Messer zeige die Gefährlichkeit der Handlung. Sie forderte eine Haftstrafe von fünf Jahren, die Mindeststrafe in einem solchen Fall.
Der Verteidiger des Angeklagten, Achim Ziegler, wies in seinem ausführlichen Plädoyer auf die besonderen Umstände des Falls hin und stellte die Frage: „Was ist hier die gerechte Strafe?“Viele einzelne Umstände, die zum Teil nicht nachvollziehbar seien, hätten zur Tat geführt. So zum Beispiel gebe es keine vernünftige Erklärung, warum dem Täter die Verhinderung eines Schufa-Eintrags wichtiger war als eine Gefängnisstrafe.
Entschuldigung unter Tränen
Ziegler verwies auf das Gutachten der psychiatrischen Sachverständigen, die dem 21-Jährigen Unreife und eine unsichere Persönlichkeit attestiert hatte. Die Besonderheit des Falls hätten auch die Aussagen zweier Polizeibeamter gezeigt, die unabhängig voneinander aussagten, noch nie einen Täter gesehen zu haben, der so viel Reue an den Tag gelegt habe. „Fast tut er mir leid“, hatte einer der Beamten gesagt. Der Verteidiger forderte vom Gericht eine besondere Behandlung und die Bewertung eines Ausnahmefalls. „Mein Mandant passt nicht in das vom Gesetz vorgegebene Schema. In diesem Fall wird man als Verteidiger wahnsinnig.“Das Gericht solle dem Angeklagten eine Lebensperspektive geben und eine Gnadenentscheidung treffen. Er beantragte eine Bewährungsstrafe. In seinem Schlusswort bat dann der Angeklagte unter Tränen um eine zweite Chance und entschuldigte sich für seine Tat.
Der Vorsitzende Richter Jürgen Hutterer sah in der Urteilsbegründung den besonders schweren Fall der räuberischen Erpressung als gegeben an. Die Tat könne in keiner Weise bagatellisiert werden. Es habe sich um einen klassischen Raubüberfall gehandelt. Die Tat sei geplant gewesen und die Todesangst der bedrohten Angestellten wiege schwer.
Die zentrale Frage war für das Gericht, ob man einen Normalstrafrahmen – dies würde eine Haftstrafe von fünf bis 15 Jahren bedeuten – oder einen Ausnahmestrafrahmen heranzieht. In diesem Fall sieht das Gesetz ein bis zehn Jahre vor. Schuldmindernde Faktoren hätten sich durchaus mit schulderhöhenden Faktoren die Waage gehalten, so der Richter.
Bei deren Abwägung und bei der Urteilsfindung hätten schließlich allein der Umstand des jungen Alters und seine Unreife zugunsten des Angeklagten gesprochen. Kurz vor der Tat ist der junge Mann 21 Jahre alt geworden. Unter 21 Jahren hätte das Jugendstrafrecht herangezogen werden können und damit wäre eine mildere Strafe wahrscheinlicher gewesen.
„Nutzen Sie die Zeit im Gefängnis“
Der Vorsitzende Richter riet dem Angeklagten, im Gefängnis eine Lehre zu beginnen und sein Leben zu ändern. „So wie Sie bisher gelebt haben, können Sie nicht mehr weiterleben. Nutzen Sie die Zeit im Gefängnis.“Mit dieser Ermahnung beendete Hutterer den Prozess. Gegen das Urteil kann innerhalb einer Woche Revision eingelegt werden.