Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Die „Schäfchen“haben Klettern gelernt
Abiball der Wirtschaftsoberschule in Riedlingen
(sz) - Viele gut angezogene junge Menschen vor der Stadthalle; High Heels in Hülle und Fülle, Krawatten und Fliegen und stolze, in Anzug und Abendkleid gekleidete, Eltern sind meist schon ein Hinweis auf das Ereignis: Am Samstag fand in Riedlingen der Abiball der Wirtschaftsoberschule der Beruflichen Schule Riedlingen statt. 24 Schülerinnen und Schüler, 22 mit allgemeiner Hochschulreife und zwei mit fachgebundener Hochschulreife, durften sich an diesem Abend feiern lassen.
Um 17 Uhr war Beginn mit einem Sektempfang vor der Stadthalle, anschließend durften Familien, Freunde und Lehrkräfte sich in die schön geschmückte Halle begeben. Hier wurde deutlich, mit welcher Umsicht und Ideenfülle die Abiturienten ihren Ball geplant hatten. Die Dekoration der Tische war schlicht, aber schön; die Menükarten waren handgeschrieben und durch das Programm führten zwei souveräne Redner, die Klassensprecher Florian Laub und Inessa Kessler.
Den Anfang machte Schulleiter Frank Steinhart. Er nahm als roten Faden seiner Rede die Bedeutung des Wortes Abitur. Dieses leite sich ab vom lateinischen „abire“– „davongehen“. Dass die Schüler sich nun aufmachten, die Schule zu verlassen, sei für ihn und die Lehrer mit dem Wunsch verbunden, dass sie auch etwas mitnähmen: Lernen, so Frank Steinhart, sei manchmal „leichte Kost“, dann aber auch wieder schwer verdaulich und wahre „Anstrengung, Arbeit“. Doch wie Lao Tse schon sagte: „Lernen ist wie das Rudern gegen den Strom. Hört man damit auf, treibt man zurück.“Das Rudern, das könne man in der Schule lernen. Den Kurs, den bestimmten nun die Schüler. Steinhart wünschte sich für die Schüler Kraft, Mut und den Willen, immer mehr wissen zu wollen.
Matthias Kniese, der Klassenlehrer der „davoneilenden Schüler“, hatte sich als Metapher das Erklimmen eines Berges ausgesucht. Weder Sologipfelsturm mit Lift noch bequeme Mulis seien für die Schüler vorgesehen und zur Verfügung gestellt worden. Ganz im Gegenteil, nur im Team, mit sozialer Kompetenz, hohem Maß an Fachwissen und der entschlossenen Bereitschaft zur Leistung, sei man in der Arbeitswelt einsetzbar. Die Grundlagen für all dies seien durch das Privileg der Schulbildung gelegt worden. Auch er legte den Schülern nahe, lebenslang zu lernen. Aber wichtig sei dabei die Persönlichkeit, die die Verpflichtung spürt, Einfluss zu nehmen und an Veränderungen in der Gesellschaft mitzuarbeiten. Nach dem Sturm des Gipfels seien noch längst nicht alle Berge bestiegen, so Matthias Kniese, doch einen Vorteil hätten die Schüler nun: sie hätten die Fähigkeit erlangt zu klettern.
Dass Nico Irmler in den zurückliegenden zwei Schuljahren viele Fähigkeiten vertieft und neue ausgebildet hat, wurde nach dem Essen, den Lehrerspielen und dem Dank an die Lehrkräfte dann bei der Zeugnisverleihung ersichtlich. Mit einem Notendurchschnitt von 1,4 ist er der Jahrgangsbeste und darf sich dafür über den Preis des Landrats freuen. Darüber hinaus erhielt er den Schulpreis der Beruflichen Schule Riedlingen und den Preis für besondere Leistungen im Fach Wirtschaft. Zweiter im Jahrgang wurde Patrick Zoll, der laut Klassenlehrer Matthias Kniese ebenfalls „eine bemerkenswerte
Frank Steinhart zitiert Lao Tse
Leistung“abgeliefert hatte. Weitere Belobigungen erhielten Ines Müller, Damaris Schäfer und Alexander Lorenz.
Florian Laub, der Klassensprecher der Wirtschaftsoberschule II, machte dann den rednerisch emotionalen Abschluss. Er verglich die Schüler mit einer Herde „Schäfchen“, die im ersten Schuljahr noch leicht orientierungslos, im zweiten dann aber „eingenordet“in dieselbe Richtung marschierten. Die Belohnung für den langen Weg seien nun die ersehnten Abiturzeugnisse. Sowohl Gehirn als auch Herz hätten Nahrung erhalten: Gute Freundschaften hätten sich entwickelt, die die weitere Zeit hoffentlich überdauerten. Zwar seien sie nun wie die „Kugel eines Löwenzahns“, die sich in alle Winde zerstreue, aber sich dann auch wieder zusammen finden könnte. Sein großer Dank galt den Lehrern als Richtungsweiser und Helfer auf dem Weg zum Abitur.
Kuchen- und Dessertbüffet bildete den Abschluss des offiziellen Teils des Abends und während sich manche Familienmitglieder und Lehrkräfte schon verabschiedeten, lockerten sich die Abiturienten die Krawatten, zogen die High Heels aus und flache Schuhe an und erfreuten sich an Musik, Essen, Wein und guter Gesellschaft.
„Lernen ist wie das Rudern gegen den Strom. Hört man damit auf, treibt man zurück.“