Schwäbische Zeitung (Riedlingen)
Mücken in Neapel
ie Ferienzeit steht an. Wer nicht auf Trekkingtour in den Himalaya aufbricht oder zum Dschungeltrip nach Brasilien, für den bleibt die alljährliche Hotelsuche das letzte Abenteuer des redlich verdienten Jahresurlaubs. David Wagner ist Schriftsteller und reist als solcher viel. In seinem Buch „Ein Zimmer im Hotel“schreibt er über seine persönlichen Erlebnisse. Insgesamt in 111 Hotels ist er abgestiegen. Verstreut rund um die Welt.
Im Fly Boutique Hotel in Neapel muss der Autor nachts auf Mückenjagd gehen und hinterlässt auf der Wandbespannung aus Stoff tiefrote Blutflecken, die sich noch vergrößern, als er sie auswaschen will. Im Gästezimmer des Goethe-Institutes in Paris freut er sich über einen massiven Kleiderbügel aus Buchenholz auf dem der Schriftzug „VEB Bekleidungswerk Zwickau“prangt. Und im Leonardo Hotel in Budapest rückt er, um seine Bettlektüre abzulegen, das Zimmertelefon zur Seite und findet darunter die aufgerissene, leere Verpackung eines Kondoms.
Mit seinem preisgekrönten Roman „Leben“(2013), in dem er seine Lebertransplantation verarbeitete, hat David Wagner gezeigt, dass er ein guter Beobachter ist. Auch in seinem Hotelbuch sind es kleine, ganz unspektakuläre Entdeckungen, aus denen eine Menge spricht.
In ebenso kurzen wie kurzweiligen Miniaturen schreibt der 46-jährige Wagner über seine Hotelzimmer und liefert eine Kulturgeschichte der ganz eigenen Art gleich mit. Im Best Western Plus Hotel am Bahnhof in Schaffhausen muss er etwa an der Rezeption beim Einchecken unterschreiben, dass er auf dem Zimmer nicht raucht. „Zuwiderhandlungen sollen fünfhundert Franken kosten.“ Rowohlt, 128 Seiten, 18,95 Euro.