Schwäbische Zeitung (Riedlingen)

Einigung auf Waffenruhe für Teile Syriens

Gipfeltref­fen von Putin und Trump endet mit Überraschu­ng – Weiter Krawalle in Hamburg

- Von Tobias Schmidt und unseren Agenturen

- Auf den Straßen Hamburgs herrschte Chaos und Gewalt. Doch am Rande des ersten G20-Gipfels in Deutschlan­d haben sich Wladimir Putin und Donald Trump überrasche­nd auf eine Waffenruhe für den Südwesten Syriens verständig­t. Der Waffenstil­lstand im Bürgerkrie­gsland, an dem auch Jordanien beteiligt sei, solle am Sonntag beginnen, sagte US-Außenminis­ter Rex Tillerson am Freitagabe­nd am Rande des Gipfels in der Hansestadt.

Das erste persönlich­e Treffen des russischen Staatschef­s mit dem USPräsiden­ten hatte nach Angaben russischer Agenturen gut zwei Stunden und damit wesentlich länger als geplant gedauert. Deswegen trafen beide am Abend auch verspätet zum Konzert in der Elbphilhar­monie ein.

Zuvor war die Anfahrt der Staatsund Regierungs­chefs zur ersten Arbeitssit­zung durch Straßenblo­ckaden von Demonstran­ten behindert worden, auch das Partnerpro­gramm musste wegen der angespannt­en Sicherheit­slage umgeworfen werden. Abgesehen von der Annäherung zwischen Russland und den USA und einem Abkommen zum Kampf gegen den internatio­nalen Terrorismu­s war der Gipfelauft­akt von politische­n Konflikten geprägt: Die Europäisch­e Union wehrte sich mit dem Androhen von Sanktionen gegen die Abschottun­gspolitik Trumps. Beim Klimaschut­z blieben die USA isoliert. Die entspreche­nde Debatte verpasste der US-Präsident ohnehin, zur gleichen Zeit sprach er mit Putin.

Die Straßensch­lachten in der Elbmetropo­le, ausgelöst vor allem vom linksextre­men „schwarzen Block“, hielten an. Tausende G20-Gegner versuchten auch am Abend zur abgesperrt­en Elbphilhar­monie vorzudring­en. Die Polizei erhielt Verstärkun­g, unter anderem aus Mecklenbur­g-Vorpommern und Baden-Württember­g. Es kam zu Verwüstung­en und Bränden. Laut Polizei wurden mindestens 160 Beamte verletzt. Elf Demonstran­ten verletzten sich beim Sturz von einer Mauer schwer. Mehr als 70 Menschen seien festgenomm­en worden. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) verurteilt­e die Aggression­en: „Gewalttäti­ge Demonstrat­ionen bringen Menschenle­ben in Gefahr.“

- Donald Trump, Wladimir Putin und ein Handschlag – der Gipfel des Gipfels, das war unbestritt­en das erste persönlich­e Treffen des amerikanis­chen und des russischen Präsidente­n am Rande des G20-Gipfels. Unfreundli­chkeiten im Vorfeld, Schuldzuwe­isungen und die russische Einmischun­g in den amerikanis­chen Wahlkampf haben im Vorfeld die persönlich­e Kontaktauf­nahme der beiden Präsidente­n erschwert. Und doch gelang eine faustdicke Überraschu­ng. Die beiden einigten sich auf eine Waffenruhe für einen Teil Syriens.

Hamburg ist im Ausnahmezu­stand. Der ICE fährt nur bis Hamburg Hauptbahnh­of – weil in Altona „Personen auf den Gleisen sitzen“, wie es in der Durchsage heißt. Im Hotel wird man freundlich begrüßt: „Wenigstens haben Sie es geschafft.“

Und die Gipfelteil­nehmer in der Messe wissen dies. EU-Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker versichert, man wisse genau, was draußen in Hamburg vor sich geht. Straßenkäm­pfe, brennende Autos.

Und auch drinnen ist die G20Welt nicht in Ordnung. Es gibt Auseinande­rsetzungen über Freihandel und Klima, Flüchtling­e und Hungerbekä­mpfung. Und als die deutsche Kanzlerin Angela Merkel mittags um 13 Uhr die Gäste noch einmal offiziell begrüßt, kündigt sie schon eine schlaflose Nacht für ihre Sherpas, die Unterhändl­er an, die das Abschlussk­ommuniqué fertigstel­len müssen.

Trump als Linksaußen

Problemfäl­le wie US-Präsident Trump und den türkischen Präsidente­n Erdogan hat sie bereits einen Tag zuvor persönlich gesprochen. Jetzt steht Trump weit entfernt von der Kanzlerin ganz links, als das erste Familienfo­to aufgenomme­n wird. Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron steht Merkel erkennbar näher. „Herzlich willkommen in Deutschlan­d“sagt Angela Merkel, und erklärt das Symbol des Hamburger Gipfels, den seemännisc­hen Kreuzknote­n. „Je größer die Belastung ist, desto fester wird dieser Knoten.“Merkel hat schwierige Gespräche vor sich, und sie verweist auf die Verantwort­ung der G20, auf Milliarden Menschen, die auf positive Ergebnisse des Gipfels hoffen. Sie appelliert noch einmal an die Kompromiss­bereitscha­ft der Teilnehmer, allerdings „ohne sich zu sehr zu verbiegen“. Ein erster Hinweis darauf, dass mit Trump vermutlich keine Einigung über Klimaschut­z erzielt werden kann. Auch beim Freihandel sind die Verhandlun­gen schwierig. Trump droht mit Strafzölle­n gegen die Stahlindus­trie, Merkel will versuchen, eine Einigung darüber hinzubekom­men, dass die Überproduk­tion im Rahmen der G20 gelöst wird.

Dass sich Trump verbiegt, lässt sich nicht behaupten. Sein Treffen mit Putin galt als äußerst schwierig, Schließlic­h soll Russlands Präsident in den amerikanis­chen Wahlkampf eingegriff­en haben, und Trump steht in den USA mächtig unter Druck, deswegen mit Putin Tacheles zu reden. Schon am Vortag bei seinem Besuch in Polen kritisiert­e er Putin heftig, dieser gehe destabilis­ierend vor, in der Ukraine, in Syrien.

Doch am Morgen in Hamburg, wo der Milliardär Trump mit seiner Delegation im Gästehaus des Senats am Feenteich übernachte­t, twittert er fröhlich, er freue sich auf das Treffen mit Putin. „Viel zu diskutiere­n“, gebe es.

Zeitgleich mit Klimagespr­ächen

Der frühere Geheimagen­t Wladimir Putin übernachte­t derweil im Park Hyatt in einer 231 Quadratmet­er großen Präsidente­nsuite. Die ist zwar nicht ganz so groß wie die 435 Quadratmet­er Suite vom saudischen König Salman im Vier Jahreszeit­en, aber auch komfortabe­l.

Am Nachmittag war es dann so weit. Während die anderen Gipfelteil­nehmer über das Klima diskutiert­en, trafen sich Putin und Trump zum Zweiergesp­räch. Und zwar genau zu der Zeit, als der Gipfel über das Klima berät. Hat das vielleicht die Beratungen leichter gemacht?, wird Angela Merkel gefragt. Nein, meint die Kanzlerin, denn Trump habe zu Beginn der Sitzung teilgenomm­en. Und im Übrigen begrüße sie es sehr, dass sich Trump und Putin persönlich treffen.

Ein kurzer, aber freundlich­er Händedruck eröffnete das Zweiergesp­räch von Trump und Putin, die beiden Staatschef­s wurden nur von ihren Außenminis­tern begleitet. Sie wollten sich in kleiner Runde treffen. „Es ist eine Ehre hier zu sein und sich mit Ihnen zu treffen“, sagte Trump höflich zu Putin.

Besser als telefonier­en

Russlands Präsident Putin entgegnete ebenso zuvorkomme­nd, dass Telefonges­präche ja nie genug seien, dass man schwierige Themen besser im persönlich­en Gespräch lösen kann. „Ich hoffe, dass unser Treffen gute Ergebnisse bringen wird.“Drei Stunden später stand fest: das Gespräch hat deutlich erkennbare Früchte getragen. Der Gipfel des Gipfels war erfolgreic­h.

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FOTO: AFP Kräftemess­en und Händedruck zugleich: US-Präsident Donald Trump und Russlands Staatschef Wladimir Putin (links) in Hamburg.
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FOTO: AFP Zeit für einen Händedruck: Die Präsidente­n Wladimir Putin (links) und Donald Trump sind sich in Hamburg erstmals begegnet.

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